Was wurde eigentlich aus der Frank-Elstner-Masterclass?

Heute ist Rolf Eden zu Gast. Eine viertel Stunde lang wird der polarisierende Playboy von der Seminaristin Nina Meise interviewt. Dabei lässt er keine Gelegenheit aus, seiner Gesprächspartnerin eine echte Herausforderung zu sein. Statt, wie erbeten, über seine Zeit in einer israelischen Spezialeinheit zu sprechen, setzt der blondierte Mittachtziger ganz eigene Schwerpunkte: Damen, Sex und Erbsummen. "300.000 Euro soll die Frau bekommen, auf der ich sterbe" ist einer der Sätze, die Frank Elstner später in der Manöverkritik als "schwierig" bezeichnet. Dementsprechend erleichtert ist die Nachwuchsmoderatorin, als das Gespräch die Ziellinie erreicht.

Die Szene beschreibt eine Aufgabenstellung der ehemaligen Frank-Elstner-Masterclass, einer speziellen Moderatorenschule der Axel Springer Akademie, die 2013 mit dem Ziel startete, facettenreich-moderne Präsentatoren, auch für den Web-Bereich, auszubilden. Teil des sechsmonatigen Lehrgangs waren Einheiten mit prominenten Dozenten wie Frank Elstner selbst, Markus Lanz, Christian Ulmen, Tom Burow oder Jan Hofer. Der TV-Kopf damals zur Idee und Kompetenzen-Aufteilung: "Wir suchen keine '15 kleinen Elstnerleins'. Doch unabhängig vom Medium gibt es ein paar feste Kriterien für Moderatoren. Etwa Sympathie, Glaubwürdigkeit - und ob der Mensch da vor der Kamera wirklich etwas zu sagen hat. Sicher bin ich kein Webexperte, mein Sohn Thomas aber umso mehr. Ich liefere dafür die Moderationserfahrung.“ Anders als früher müsse man in Zeiten des Internet-Fernsehens viel technisches Verständnis und Flexibilität mitbringen. Während des Lehrgangs musste jeder Teilnehmer ein neuartiges TV-Konzept entwickeln, produzieren und schneiden.

1.600 Interessenten bewarben sich um die 15 freien Plätze. Voraussetzungen gab es keine, bis auf ein Mindestalter von 18 Jahren sowie Talent und Leidenschaft. Eingereicht werden mussten drei Kurzvideos mit verschiedenen Aufgabenstellungen. Die besten Kandidaten kamen zu Probeaufnahmen in ein Fernsehstudio. Claus Strunz, Geschäftsführer TV- und Videoproduktionen Axel Springer, äußerte sich beeindruckt: "Die Bandbreite der Bewerbungsvideos ist so bunt wie das Fernsehen und das Internet, von erstklassig bis schrill ist alles dabei." Ausgewählt wurden die fünfzehn Talente Simon Bus, Karlotta Arnold, Julia Meise, Nina Meise, Romina Langenhan, Muriel Marondel, Florentin Will, Aurel Mertz, Lisa Ruhfus, Stefanie Schmidts, Lars Paulsen, Aaron Troschke, Evelyn Weigert, Kristin Warnke und Alexander Wipprecht.

Einer der Ex-Schüler, Florentin Will, der inzwischen zum Ensemble von Jan Böhmermanns "Neo Magazin Royale" gehört, über seine Erfahrungen im Unterricht: "Es war sehr lehrreich, meine Spaßvorbilder Christian Ulmen, Harald Schmidt, Niels Ruf und natürlich Jan Böhmermann kennenzulernen. Aber was letztlich am meisten geholfen hat war, dass uns die Möglichkeit gegeben wurde, unabhängig vom Lehrplan eigene Ideen und Videos umzusetzen und ich mit anderen begeisterten jungen Ulkbuben wie Lars Paulsen und Aurel Mertz experimentieren, lachen und scheitern durfte. So hatten wir die Gelegenheit, einen eigenen Stil zu entwickeln und uns die ganzen schlechten Ideen auf einem Kanal von der Seele zu produzieren, den eh niemand ernst genommen hat." Er sei dankbar, mittlerweile bei der Bild- und Tonfabrik untergekommen zu sein und dort an Projekten mitarbeiten zu dürfen. Evelyn Weigert äußert sich ähnlich, indem sie die Masterclass als "Eintrittskarte in die Medienwelt" bezeichnet. Sie habe wahnsinnig viel gelernt und besonders geschätzt, dass „wir so viele Freiheiten bekommen haben". Die studierte Jazz- und Popularmusikerin wirkte inzwischen etwa bei der wenig erfolgreichen ProSieben-Quizsendung "Himmel oder Hölle" mit. In die Zukunft blickt sie positiv: "Ich schreibe derzeit an einem eigenen TV-Format, in dem es viel um Musik geht. Außerdem bin ich im Tonstudio, um die Aufnahmen an meinem ersten Album voranzutreiben."

Aufgegangen ist die Frank-Elstner-Masterclass im Frühjahr 2014 in einem Formatentwicklungsprojekt namens Zuio. Auf der von Thomas Elstner geführten Web-Spielwiese konnten die zwölf Absolventen Unterhaltungs- und Informationsformate präsentieren – dabei ihren Gedanken freien Lauf lassen. Florentin Will etwa führte durch die Wissensshow „Plonquez“, Alexander Wipprecht löcherte in "Letzte Runde" angetrunkene Gäste mit Fragen, mit "Bettgeschichten" gab's einen Talk aus der Koje mit Nina und Julia Meise.

Anfang dieses Jahres stand abermals eine Veränderung ins Haus. Die Marke und das Geschäft von Zuio wurden vollständig an die von Thomas Elstner geführte Format Punkt E GmbH verkauft - mit dem Ziel, Zuio in eine Web-Werbeagentur umzuwandeln und damit für bekannte Firmen kreative Bewegtbildformate umsetzen. Axel Springer bleibt über einen Kooperationsvertrag weiterhin mit Zuio verbunden: "Auf uns sind immer mehr Marken aufmerksam geworden, die unsere Handschrift bei der Umsetzung von Bewegtbild im Internet schätzen", sagt Thomas Elstner. "Wir sind in der Lage, schnell und qualitativ hochwertigen Content im Rahmen von Marketingkonzepten zu attraktiven Preisen zu produzieren."

Resümierend äußert sich Vater Frank zum Masterclass-Projekt: "Über die Hälfte unserer Moderatoren sind heute mit eigenen Shows erfolgreich im Internet und Fernsehen unterwegs. Dazu gehören etwa Aurel Mertz von Tele 5, Florentin Will vom ZDF oder Alexander Wipprecht vom WDR. Simon Bus, Lisa Ruhfus und Lars Paulsen sind mit ihren YouTube-Kanälen 'Turnschuh.TV', 'Die Klugscheisserin' und 'SRSLY News' fest im Netz etabliert. Das zeigt, dass unser Konzept aufgegangen ist und macht mich sehr stolz." Spannend bleibt zu beobachten, welche Karriere die einzelnen Schüler weiterhin nehmen werden und inwieweit ihr "Ziehvater" seine Mission, junge Kreativschaffende zu fördern, fortsetzt.