Der Fall Bundesliga

Ebenfalls in der vorvergangenen Woche teilte das Kartellamt mit, dass eine Prüfung des neuen TV-Vermarktungskonzepts der Deutschen Fußball Liga (DFL) begonnen habe. Man untersuche, ob gegen den Zuschnitt der geplanten Pakete und die Ausgestaltung des Vergabeverfahrens kartellrechtliche Bedenken bestehen, so Kartellamtssprecher Kay Weidner gegenüber dem epd. Die Prüfung befinde sich noch in einem frühen Stadium. Das Amt werde TV-Sender und andere Marktteilnehmer zu dem Konzept befragen.

Die Bundesliga-Rechte gelten schon länger als kartellrechtlich heißes Pflaster. Da es um riesige Summen geht und eine nachträgliche juristische Anfechtung der Ausschreibung einem GAU gleichkäme, liegt die Vorabprüfung auch im Interesse der DFL. Das Kartellamt betrachtet die zentrale Vermarktung der TV-Rechte grundsätzlich als wettbewerbshemmenden Faktor, da ja eigentlich Einzelrechte eines jeden Bundesligavereins zu vergeben sind. Wenn trotzdem die Dachorganisation DFL alles zentral vermarkte, so die jahrelange Rechtsauffassung der Kartellis, dann müsse zumindest gewährleistet sein, dass die TV-Zuschauer von einer solchen Zentralvermarktung angemessen profitieren.



Für die Spielzeiten ab 2017/18 will die DFL die Fernsehrechte im Frühjahr 2016 neu vergeben. Wie immer geht es dabei um das Ziel, mehr zu erlösen als bisher. Aktuell kassiert die Liga rund 628 Millionen Euro pro Saison für die Inlands-Medienrechte – davon zahlt Sky Deutschland mit 486 Millionen den Löwenanteil, weitere 110 Millionen kommen von der ARD. Für die zeitversetzte Berichterstattung im frei empfangbaren Fernsehen – derzeit samstags von 18.30 bis 20 Uhr in der "Sportschau" – will die DFL künftig zwei alternative Szenarien anbieten.

TV-Sender bzw. andere Medienunternehmen könnten demnach auch auf ein neues Szenario bieten, in dem das Zeitfenster für die Free-TV-Berichterstattung auf 45 Minuten reduziert würde und nur noch von 19.15 bis 20 Uhr möglich wäre. Aus Sicht der ARD-"Sportschau" eine Katastrophe, aus Sicht von Sky aber womöglich eine Chance auf mehr Exklusivität, die dem Pay-TV-Anbieter mehr Geld wert sein könnte. Und – auch das müssen die Kartellwächter unter Wettbewerbsaspekten bedenken – möglicherweise ein willkommenes Szenario für einen privaten Free-TV-Sender, der für ein Rechtepaket nicht ganz so viel auf den Tisch legen will wie die ARD.

Was immer die Behörde am Ende ihrer Prüfung entscheidet, kann den TV-Markt ab 2017 also nachhaltig beeinflussen. "Aus unserer Marktforschung wissen wir, dass ein kompakteres Format [als die bisherige "Sportschau", Anm. d. Red.] beim Zuschauer gut ankäme", sagte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert kürzlich der "Welt". "Wir spielen ja nicht Topfschlagen, sondern bereiten eine Ausschreibung unter Zuhilfenahme aller erforderlichen Instrumente vor."

Der Fall ProSiebenSat.1/Springer

Noch ist es gar kein Fall – könnte aber bald schon einer werden. Nach DWDL.de-Informationen rechnet man im Kartellamt bereits ziemlich fest damit, das Fusionsvorhaben von ProSiebenSat.1 und Springer zeitnah auf den Tisch zu bekommen. Das deutet darauf hin, dass es zumindest schon inoffizielle Vorgespräche mit der Behörde gegeben hat. Anfang Juli war bekannt geworden, dass die beiden Medienhäuser offenbar im frühen Stadium von Fusionsgesprächen sind. Offiziell haben die Konzerne, die auf eine gemeinsame Marktkapitalisierung von 14,4 Milliarden Euro kämen, die Meldungen zurückhaltend bis gar nicht kommentiert.

Als gebrannte Kinder haben ProSiebenSat.1 und Springer zweifellos aus ihrer Erfahrung von 2005 gelernt. Damals wollte der Berliner Verlag die Münchner Sendergruppe für drei Milliarden Euro übernehmen – und scheiterte sowohl an der Kontrollkommission für Medienkonzentration (KEK) als auch am Kartellamt. Eine neuerliche Anmeldung in Bonn – egal ob als Zusammenschluss oder Übernahme – würden die beiden also nicht riskieren, wenn sie sich ihrer Sache aufgrund einschlägiger Vorgespräche nicht äußerst sicher sein könnten.

Darüber hinaus agieren die Kartellwächter heute auch unter anderen Rahmenbedingungen als vor zehn Jahren. "Seit dem ersten Versuch Springers, ProSiebenSat.1 zu übernehmen, hat sich die rechtliche Lage entscheidend verändert", so Kartellrechtsexperte Rupprecht Podszun. "Damals stellte das Gesetz noch auf die Frage ab, ob eine marktbeherrschende Stellung durch den Zusammenschluss verstärkt würde. Heute muss eine 'erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs' vorliegen, damit das Kartellamt nein sagen könnte. Das ist viel schwerer vorherzusehen und erfordert weitaus mehr ökonomische Detailanalysen als die alte Regelung."

Die Tür für einen großen deutschen Player ProSiebenSat.1Springer könnte damit zumindest unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten etwas weiter aufstehen als beim ersten Anlauf. Zumal auch Kartellamtspräsident Mundt die wachsende Marktmacht von US-Digitalkonzernen wie Google oder Facebook im Blick hat, die Springer-Chef Mathias Döpfner und ProSiebenSat.1-Boss Thomas Ebeling mit schöner Regelmäßigkeit beklagen. "Es ist kaum vorherzusagen, wie ein digitaler Markt in drei Jahren aussehen wird", so Mundts Fazit im "WamS"-Interview. 

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