Aus Quotensicht war die zurückliegende Saison von kabel eins ähnlich unspektakulär wie weite Strecken des Programms. Nachdem der Sender zu Jahresbeginn zwischenzeitlich auf nur noch fünf Prozent Marktanteil abstürzte, sah es zuletzt mit 5,5 Prozent in der Zielgruppe wieder etwas besser aus – doch damit lag man trotzdem ein Stück weit unter den Werten der Vorsaison. Auch der vergleichsweise erfolgreiche Juni kann nicht darüber hinwegtäuschen: Es fehlt kabel eins schlicht an Leuchttürmen im Programm. Vor gut einem Jahr bezeichnete Senderchefin Katja Hofem mal "Toto & Harry" als solche. Das Problem: Gesehen hat man das Polizisten-Duo seither ebenso wenig im Programm wie den "Knochenbrecher" Tamme Hanken, mit dem kabel eins im vorigen Jahr tatsächlich mal einen Überraschungserfolg im Bereich der Eigenproduktionen landete.
Ansonsten kann kabel eins vor allem Frank Rosin sein Eigen nennen, der nach wie vor mit sehr ordentlichem Erfolg verzweifelte Restaurantbesitzer vor der Pleite zu bewahren versucht. Als Ausweis besonderer Innovationsfähigkeit geht das Format fast sechs Jahre nach dem Start aber nicht mehr durch. Doch damit ist der Sternekoch gewissermaßen in guter Gesellschaft, denn an viel Neues wagte sich kabel eins in den vergangenen Monaten nicht. Stattdessen erhielt man "Die strengsten Eltern der Welt" von Sat.1 zurück, nachdem die Dokusoap bei der großen Schwester nicht mehr so recht funktionieren wollte. Bei kabel eins reichte es zumindest noch für solide Quoten. Auf Abenteurer Richard Gress, der noch einmal "Die Wildnis und ich" erobern durfte, traf das schon nicht mehr zu.
Und so bleibt "Restaurant Startup" der einzige nennenswerte Neustart der Saison. In Erinnerung ist er trotzdem kaum geblieben – weil man letztlich bloß versuchte, auf den von Vox mit Erfolg besetzten Zug der "Höhle der Löwen" aufzuspringen. Beim Publikum kam das Format jedenfalls nicht an, sodass es nach wenigen Wochen den Weg ins Nachtprogramm antreten musste. Nicht von Dauer war auch der erneute Versuch, den Sonntagabend mit Reportagen zu bespielen. Nachdem diese über Wochen hinweg miese Quoten verzeichneten, setzte kabel eins dem Treiben mit der Zeit heimlich, still und leise ein Ende und setzt seither – wie an den meisten anderen Tagen auch – auf Wiederholungen. Manchmal wirkt es, als befinde sich der Sender in einer tiefen Sinnkrise.
Auch im Serien-Bereich trat kabel eins zuletzt auf der Stelle. Mit "Castle" hat der Sender sein Krimi-Aushängeschild bereits zum zweiten Mal an Sat.1 verloren – und im Gegenzug die wenig erfolgreiche US-Serie "Unforgettable" geerbt, die zwischenzeitlich nur knapp mehr als drei Prozent Marktanteil beim jungen Publikum erzielte. Ob „Homeland“ oder "Shameless" in den Sommermonaten das Zeug zum Erfolg haben, steht zudem noch in den Sternen - zumindest sind es aber Serien, die aus dem Krimi-Einerlei herausstechen. Was ansonsten bleibt, ist vor allem Füllmaterial, das nicht weiter auffällt. "Franklin & Bash" gehört ebenso dazu wie die in den USA längst schon wieder eingestellten Serien "Played" und "Backstrom". Immerhin: Auf seine Serien-Wiederholungen in der Daytime kann sich kabel eins mit teils zweistelligen Marktanteilen verlassen.
Mit seinen Eigenproduktionen tut sich der Sender aber auch hier häufig schwer. Zwar ist es gelungen, "Mein Lokal, Dein Lokal" mit ordentlichem Erfolg zu etablieren, doch das ausgegebene Ziel, mehr Eigenes an den Start bringen, hat man bislang nicht erreicht. Die Dokusoap "handeln, bieten, kaufen" erwies sich mit nur vier Prozent Marktanteil jedenfalls ein Flop. Dabei ist frischer Wind gefragter denn je, zumal "Achtung Kontrolle" am Vorabend immer häufiger deutlich unter dem Senderschnitt liegt. Und dann ist da noch die Europa League, die kabel eins zumindest bei Spielen mit deutscher Beteiligung regelmäßig half, in die erste Sender-Liga vorzustoßen. Weil die Rechte ab der kommenden Saison bei Sport1 liegen, braucht es dringend eine gute Idee, wie man den fehlenden Fußball kompensieren kann.
Letztlich verhält es sich bei kabel eins im Sport wie in allen anderen Bereichen auch: Es fehlt an Zugpferden, die dem Sender das notwendige Profil verschaffen. Immerhin: Geld sollte durch den Wegfall der Europa League in der kommenden Saison vorhanden sein.