Die Internetverbindungen werden schneller, die mobile Nutzung nimmt zu und seit Jahren versuchen Fernsehsender, ihre Zuschauer von HbbTV zu überzeugen - doch ungeachtet des technischen Fortschritts haben die Klötzchen noch immer Hochkonjunktur. Gemeint ist der Teletext, der an diesem Monat 35 Jahre alt wird. Es war der 1. Juni 1980, an dem ARD und ZDF den Vorläufer ihrer heutigen Teletexte in einem gemeinsamen Testbetrieb auf Sendung schickten. Damals war das noch ein Ding für Nerds: Als der damalige SFB-Intendant Wolfgang Haus den roten Knopf drückte, waren gerade mal 70.000 Haushalte waren mit teletextfähigen Fernsehgeräten ausgestattet.
Heute hat fast jeder Zugriff auf das Medium, das vermutlich nicht gerade durch seine Optik zum Renner in den Wohnzimmern der Republik wurde. Wer kurz und knapp erfahren will, was auf der Welt so passiert oder wie die Bundesliga-Blitztabelle aussieht, bekommt in den Teletexten schnell und vor allem verlässlich eine Antwort. Hörgeschädigte stehen zudem häufig Untertitel zur Verfügung. In den 35 Jahren förderte der Teletext aber auch allerhand Kurioses ans Tageslicht. Beim "Teletwittern" dient der Teletext quasi als Second Screen zum Mitdiskutieren, was etwa beim "Tatort" eifrig genutzt wird. Und im vorigen Jahr fand bereits zum dritten Mal das Internationale Teletextkunstfestival statt. Erstaunlich, welche Bildchen auf 25 Zeilen mit je 40 Zeichen entstehen können.
Der Regelbetrieb des gemeinsamen ARD/ZDF-Videotextes begann übrigens 1990, also zehn Jahre nach Beginn der Testphase. Damals brachten auch die privaten Fernsehsender eigene Teletext-Angebote auf den Markt. Seit dem Jahr 2000 gehen ARD und ZDF mit eigenen Teletexten getrennte Wege - und die kommen nach wie vor gut an. Auf einen Marktanteil von 21,1 Prozent brachte es der ARD-Text in den ersten vier Monaten des Jahres, der ZDF-Text lag mit 19,3 Prozent knapp dahinter. Rechnet man die Angebote von Dritten, Digitalsendern und Gemeinschaftsprogrammen wie 3sat oder Kika hinzu, kommen ARD und ZDF sogar auf einen Marktanteil von 62,3 Prozent.
Dass wir uns seit nunmehr drei Jahrzehnten an diesem Service erfreuen können, haben wir der berühmt-berüchtigten "Austastlücke" zu verdanken - einer Lücke, die entsteht, wenn beim Aufbau des Fernsehbildes die obere Zeile beziehungsweise das seitliche Ende der Zeile erreicht ist und der Lichtstrahl zurückspringt, um ein neues Bild aufzubauen. Doch selbst in Zeiten der digitalen Übertragung ist der Teletext nicht verschwunden, anders als etwa in den USA, wo schon seit vielen Jahren praktisch kein Teletext mehr ausgestrahlt wird. Die Vorschrift, spezielle Untertitel-Decoder für Hörgeschädigte in jedem neuen Fernsehgerät einzubauen, führte bereits Anfang der 90er Jahre dazu, dass die Hersteller darauf verzichteten, einen allgemeinen Teletext-Decoder einzubauen.
Aber auch in Großbritannien ist der Teletext längst ein Relikt vergangener Tage. Über die digitalen Kanäle wird er nicht mehr übertragen - stattdessen führte die BBC Ende der 90er Jahre einen Dienst ein, der heute Red Button heißt und sich nicht nur großer Popularität erfreut, sondern auch deutlich moderner daherkommt als die bermüht-berüchtigte Lego-Optik der Teletexte. Wie lange der Videotext hierzulande Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. 11,68 Millionen Zuschauer riefen ihn im vergangenen Jahr im Schnitt Tag für Tag. Ganz spurlos gehen Internet und mobile Endgeräte jedoch auch am Teletext nicht vorbei: Noch vor fünf Jahren nutzten mehr als 16 Millionen Menschen am Tag die oft kunterbunten Angebote der Fernsehsender.
Doch der Teletext wäre nicht der Teletext, würde er nicht auch mit der Zeit gehen: Das ZDF hat für dieses Jahr bereits ein responsives Internetangebot in Aussicht gestellt - und die ARD plant sogar eine eigene Teletext-App. Die nächsten 35 Jahre können also kommen.
Anlässlich des 30. Geburtstags des Angebots veröffentlichte unser Kollege Jochen Voß vor fünf Jahren eine Liebeserklärung an den Videotext - hier nachzulesen.