Am schwierigsten war es, überhaupt einen geeigneten Platz für das Projekt zu finden, berichtet Wolf. Weil der einerseits weit genug draußen, auf dem Land, sein sollte – und trotzdem nah genug an einer großen Stadt, damit die 120 Mitarbeiter, die "Newtopia" hinter den Kulissen im Schichtbetrieb am Laufen halten, problemlos anreisen können. Seit einem Jahr laufen die Vorbereitungen. Zahlreiche Baungenehmigungen wurden eingeholt, der Bürgermeister des Orts hat seine Zustimmung gegeben, der Landrat weiß Bescheid, die Feuerwehr war schon da, und die Naturschutzbehörde hat zur Auflage gemacht, dass während der Bauphase die dort heimische gemeine Waldeidechse umgesiedelt wird.
Woran man ganz gut erkennen kann, wie sehr Sat.1 an den Erfolg seines durchaus gewagten Vorhabens glaubt.
Dass die Wahl des Produktionsorts diesmal nicht auf Köln gefallen ist, lag auch an der besseren Glasfaseranbindung im Berliner Umland. Die ist nötig, um das Geschehen ins Fernsehen und mit vier parallel laufenden Livestreams ununterbrochen ins Netz zu bringen. Wenn das Experiment gelingt, wird das Waldstück deshalb nicht nur für die TV-Kandidaten eine zeitlang zum Zuhause. (Das Experiment ist vorerst auf ein Jahr angelegt.) Sondern auch für die Leute vom Fernsehen, die in den Containern dafür sorgen, dass die Außenwelt erfährt, was in "Newtopia" los ist.
Die 138 Produktionscontainer verfügen über ein eigenes Verpflegungszelt, Ausruhmöglichkeiten in den Schlafräumen 1 bis 3 und eine mit Monitoren vollgestopfte Regie, in der Storyline Producer bestimmen, welche Geschichten es auf den Schirm schaffen. An einer Wand hängt ein laminierter Zettel, auf dem täglich notiert wird, wieviele Facebook-Fans und Twitter-Follower die Show aktuell hat: 19.157, 1609. Da geht noch was. Zwischen der Waldtechnikzentrale und der Scheune liegen nur wenige Meter Luftlinie. Damit die "Pioniere" nicht zuviel vom Fernsehbetrieb mitbekommen, schirmt ein schwarz verhängtes Gerüst die beiden Seiten voneinander ab, das vor allem als Lichtblockade dient.
Sobald "Newtopia" tatsächlich startet, wird aus dem bis ins Detail vorbereiteten Projekt aber wieder ein unberechenbares – weil die Macher täglich darauf vertrauen müssen, dass sich genügend Erzählenswertes ergibt, um damit werktäglich eine einstündige Sendung zu füllen. Anfangs dürfte das noch kein Problem sein, weil die Bewohner sich noch kennenlernen und zurechtfinden müssen. Ab einem gewissen Punkt wird aber alleine der begrenzte Aktionsradius zu Einschränkungen führen. Allerdings ist "Newtopia" nicht komplett von der Außenwelt abgeschirmt, im Gegenteil: Der Kontakt ist sogar erwünscht, Telefon und sogar Internetanschluss sind erlaubt – wenn die Kandidaten das denn organisiert kriegen und bezahlen können.
In den Niederlanden haben die "Pioniere" auf ihrem Gelände einen Wochenmarkt veranstaltet, um mit selbst hergestellten Produkten Geld zu verdienen und ihren Hof weiter ausbauen zu können. Unerwünschte Besucher sollen derweil mit hohen Zäunen und Wachposten ferngehalten. Ob es die überhaupt geben wird, stellt sich heraus, wenn "Newtopia" übernächste Woche auf Sendung geht.