Der Freitag ist in dieser Woche ein denkwürdiger Tag. 658 Tage liegt die Ankündigung von ZDF-Intendant Thomas Bellut zurück, den Spartensender ZDFkultur einstellen zu wollen. 658 Tage - eine belanglose Zahl und keineswegs denkwürdig, werden Sie nun einwenden. Tatsächlich dauert der Sterbeprozess von ZDFkultur damit jetzt schon einen Tag länger als die Zeit zwischen Sendestart und Belluts Vorstoß, das Programm im Zuge der notwendigen Sparmaßnahmen opfern zu wollen. Dass ZDFkultur noch immer auf Sendung ist, liegt allerdings nicht am ZDF, das den Kanal lieber heute als morgen loswerden würde. Kein Wunder: Auch als TV-Zombie verschlingt der Sender Geld.
Zwar gibt das ZDF inzwischen längst nicht mehr die knapp 18 Millionen Euro aus, die ursprünglich mal als Etat des Digitalsenders vorgesehen waren, doch selbst das nun schon seit geraumer Zeit verbreitete Schleifenprogramm hat seinen Preis - auch wenn man es angesichts jahrzehntealter "Hitparaden"-Folgen und einem Wiedersehen mit "Schlosshotel Orth" oder den "Wicherts von nebenan" kaum glauben mag. Immerhin zwei Millionen Euro muss das ZDF jährlich dafür springen lassen - und das, obwohl nicht eine Neuproduktion für ZDFkultur erstellt wird. "Darin enthalten sind Personalkosten, Kosten für den laufenden Betrieb sowie die Abgeltung von Wiederholungsrechten an Autoren und Mitwirkende", erklärt ZDF-Sprecher Jörg Berendsmeier auf DWDL.de-Nachfrage.
Zwei Millionen Euro für einen Sender, den das ZDF nun schon seit knapp zwei Jahren gar nicht mehr betreiben möchte, auch wenn er mit einem Marktanteil von 0,3 Prozent aktuell sogar erfolgreicher ist als je zuvor. Ein schnelles Ende ist dennoch nicht in Sicht. "Das ZDF wurde mit dem 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag von den Bundesländern beauftragt, den Kanal ZDFkultur zu veranstalten, der 2011 auf Sendung ging", stellt Berendsmeier klar und fügt hinzu: "Das ZDF wird diesen Auftrag erfüllen, bis die Beauftragung durch die Länderparlamente über einen neuen Staatsvertrag zurückgenommen wird." Und das kann dauern. Gegenüber dem Kollegen Peer Schader ließ die rheinland-pfälzische Staatssekretärin Jacqueline Kraege, die die Rundfunkkommission der Länder leitet, zu Jahresbeginn ausrichten, dass eine entsprechende Änderung "frühestens zum 1.1.2015 in Kraft treten" könne.
Inzwischen, wenige Wochen vor dem Jahreswechsel, ist klar, dass ZDFkultur auch im neuen Jahr noch immer senden und damit Geld verschwenden wird. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich die Regierungschefs der Bundesländer im Oktober darauf verständigten, ZDFkultur zusammen mit dem ARD-Digitalsender EinsPlus zugunsten eines neuen Jugendangebots einstellen zu wollen - eine Entscheidung, die "das Ergebnis einer längeren, überaus kontrovers geführten medienpolitischen Diskussion im Länderkreis" gewesen sei, wie Staatssekretärin Kraege am Freitag auf Anfrage des Medienmagazins DWDL.de betonte. Nun sei es erforderlich, "die Beauftragung des neuen Angebotes sowie den Wegfall der beiden Spartenprogramme, der unter anderem der Finanzierung des Jugend-Onlineangebotes dient, staatsvertraglich zu regeln".
Bis das geschieht, wird voraussichtlich mindestens noch ein Jahr ins Land ziehen. Und so macht Kraege inzwischen keinerlei Hoffnung mehr auf ein unmittelbar bevorstehendes Ende von ZDFkultur. "Die bei Staatsverträgen üblichen Abstimmungsprozesse und formalen Verfahren werden das Jahr 2015 in Anspruch nehmen", sagt die SPD-Politikerin. "Wir gehen jedoch davon aus, dass die notwendigen Staatsvertragsänderungen derart umgesetzt werden können, dass ARD und ZDF zum Jahresbeginn 2016 mit dem onlinebasierten Jugendangebot starten können und ZDFkultur dann entfällt." Auf die Frage, ob es nicht absurd sei, dass das ZDF Geld für einen Kanal ausgeben muss, den es nach eigenem Bekunden gar nicht mehr möchte, ging Kraege übrigens nicht ein. Die Mühlen der Politik mahlen eben langsam. Koste es, was es wolle.