Aus Quotensicht war Das Erste in der vergangenen TV-Saison wieder nur das Zweite. Nachdem das ZDF im Jahr zuvor vorbei gezogen war, gelang es in der Saison 2013/14 in keinem Monat, vor den Mainzern zu liegen. Der Marktanteil pendelt um die 12-Prozent-Marke. Doch warum hätte sich an der Situation auch etwas ändern sollen? Das Programm sieht heute schließlich noch immer fast genauso aus wie ein Jahr zuvor. Neue Formate gab es allenfalls sporadisch.
Am meisten Neuerungen hielt noch der Show-Bereich bereit. Dort hat man mit "Die Deutschen Meister" erfolgreich ein neues Format etabliert. Die "Dalli Dalli"-Neuauflage wurde aus dem NDR unter dem neuen Titel "Das ist Spitze!" ins Erste geholt. Auch wenn man sich Anfang des Jahres gegen den "Bergdoktor" schwerer tat, ist es doch solide, nette Familienunterhaltung. Die Neuauflage von "Einer wird gewinnen" war ein voller Erfolg, soll allerdings nicht fortgesetzt werden. Lediglich mit der "Show der unglaublichen Helden" griff Das Erste ziemlich daneben.
Und dann gab es natürlich noch das "Quizduell" am Vorabend. Hier zeigte sich die ARD wirklich mal erstaunlich schnell, entschluss- und risikofreudig. Mit vergleichsweise kurzem Vorlauf versuchte man sich an einer Verbindung aus App und TV-Show, ohne dafür auf internationale Erfahrungen zurückgreifen zu können. Das ging prompt schief - doch Jörg Pilawa und die ARD ernteten mit ihrem sympathischen und offenen Umgang mit den Problemen sogar eher Anerkennung als Häme, was eine der schöneren Erfahrungen dieser Saison war.
Weniger schön aber eigentlich zu erwarten waren die Erfahrungen, dass auch weitere neue "Heiter-bis-tödlich"-Serien eben immer nur die bekannt mageren "Heiter-bis-tödlich"-Quoten holen. Weder "Koslowski & Haferkamp" noch "Monaco 110" konnten daran etwas grundlegendes ändern. Immerhin gab es am Vorabend aber noch Neues, in der Primetime wurden nur bekannte Serien fortgeschrieben. Immerhin: Als Sommer-Füller zeigt man mit "Paul Kemp - Alles kein Problem" eine für ARD-Zuschauer neue Serie, die man im ORF allerdings schon acht Monate zuvor zu sehen bekam.
Hat sich also wirklich so wenig getan bei der ARD in den zurückliegenden Monaten, dass das mit großer Verzögerung eingeführte neue "Tagesschau"-Studio die auffälligste Veränderung ist? Nein - zumindest nicht, wenn man hinter die Kulissen blickt. Denn dort wurden etliche Weichen gestellt, die sich nun erst in den kommenden Monaten auswirken werden. Donnerstags möchte man gleich zwei Probleme der letzten Jahre lösen: Die Programmverstopfung am Serien-Dienstag und das Fehlen eines festen Sendeplatzes für Comedy und Satire.
Letzteres wird möglich, weil Reinhold Beckmann mit seinem Talk die Segel streicht und damit wohl auch die unendliche Debatte über die Talkschwemme beendet. "Satire-Gipfel", "Extra 3", "Ladies Night" und "Krömer - Late Night Show" finden sich dort ab Herbst - alles keine neuen Formate, aber auf einem verlässlichen Sendeplatz sollten sie nun zumindest besser auffallen. 2015 sollen dann auch Neuentwicklungen folgen. Ebenfalls am Donnerstag wird Das Erste zudem einen weiteren Platz für Serien schaffen. Die sind derzeit am Dienstagabend beheimatet - doch weil dort einer der beiden Sendeplätze dauerhaft von "In aller Freundschaft" belegt wird und sich auf dem anderen ja "Um Himmels Willen", "Familie Dr. Kleist" und "Tierärztin Dr. Mertens" tummeln, bleibt für jüngere oder anspruchsvollere Experimente bislang kaum Platz.
Zwischen den ersten beiden Staffeln der hervorragenden Serie "Weissensee" lagen ganze drei Jahre, "Mord mit Aussicht" muss ebenfalls jeweils zwei Jahre warten, bis wieder Platz für neue Folgen ist. Ein neuer Serienplatz könnte dieses Verstopfungsproblem nun endlich lösen. Und tatsächlich arbeitet die ARD bereits an Serien, die nicht ins klassische Dienstags-Muster passen. "Charité" ist eine historische Krankenhausserie, "Babylon Berlin" spielt ebenfalls weit in der Vergangenheit in den 20ern. Qualitativ kann das dem ARD-Programm nur gut tun. Größere Diskussionen dürfte es hingegen noch darüber geben, die Naturfilme aus der Primetime zu verbannen und sich montags ganz dem "Check"-durchsetzten Verbraucherformaten zu widmen.
Die größten Auswirkungen auf die Quoten hätte es aber, wenn die ARD endlich den Vorabend in den Griff bekommen würde. Dort hat sich nun die Erkenntnis durchgesetzt, dass "Heiter bis tödlich" nicht das passende Konzept ist, zumindest nicht an jedem Abend. Also versucht man es freitags nun mit Comedy, donnerstags hatte man mal "Anwalts- und Familienserien" angekündigt, wird dort ab kommendem Jahr aber wohl durchgehend einen Ableger von "In aller Freundschaft" zeigen.
Und dann hat die ARD nun auch noch angekündigt, "Verbotene Liebe" nach rund 20 Jahren Anfang 2015 aus dem Programm zu nehmen. Stattdessen soll das "Quizduell" dann komplett deren Platz einnehmen. Spannend wird allerdings noch, ob Jörg Pilawa tatsächlich fünf Tage die Woche live am Vorabend vor die Kamera treten will - oder ob man die Sendung so überarbeitet, dass sie nicht mehr live ausgestrahlt werden muss. Dann ist das spannende Experiment der Verbindung TV-Show/App allerdings auch nicht mehr wie bislang möglich. Pilawa hat schon vorgebaut und angekündigt, dass er sich die Show auch ohne App vorstellen kann. Vom einst so mutigen Ansatz wäre dann aber nicht mehr allzu viel übrig.