Nr. 4
Bernhard Gleim, 62, Leiter der NDR-Redaktion Serie

Bernhard Gleim© NDR
Jawohl, Hoffnungsträger fürs öffentlich-rechtliche System kann man auch noch in den letzten Jahren vor der unvermeidlichen Pensionierung sein. Im Kopf war der allseits geschätzte Fiction-Ermöglicher ohnehin stets jünger als das Gros der Anstaltshierarchen. Es kann kein Zufall sein, dass Gleim einst "Berlin Berlin" und "Türkisch für Anfänger" verantwortete - jene ARD-Vorabendserien, die nicht nur zahlreiche Preise holten, sondern auch heute noch in jeder Diskussion darüber auftauchen, wieso die Öffentlich-Rechtlichen irgendwann den Anschluss ans moderne, mitreißende serielle Erzählen verloren haben. Das war zu einer Zeit, als der ARD "der Spagat zwischen kommerzieller Hingabe und öffentlich-rechtlicher Contenance" noch gelang, um Gleims stets überlegte Wortwahl zu zitieren. Mit beispielhafter Beharrlichkeit arbeitet er daran, diesem Idealzustand immer wieder so nah wie möglich zu kommen. Mit dem "Tatortreiniger" zum Beispiel (siehe Nr. 7), für dessen abstruse Programmierung er freilich nicht verantwortlich ist.



Nr. 3
Stephan Denzer, ZDF-Teamleiter Kabarett & Comedy
Stephan Denzer© ZDF
Was die ARD noch vor sich hat, ist dem ZDF in den vergangenen fünf Jahren bemerkenswert gut gelungen: die Erneuerung und Ausweitung der öffentlich-rechtlichen Paradedisziplin Satire. An vorderster Front steuert Stephan Denzer, selbst leidenschaftlicher Stand-up-Comedian, die Mainzelmänner durch das Minenfeld zwischen (altbackenem) Kabarett und (oberflächlicher) Comedy und findet fast immer den richtigen Weg. So konnten die "heute-show" und "Pelzig hält sich" gedeihen, mit der neuen "Anstalt" steht nun ein viel versprechender Relaunch der Kabarettshow "Neues aus der Anstalt" vor der Tür. Es sind nicht nur die zündenden Ideen am Anfang eines solchen Projekts, von denen Denzer etliche beizusteuern hat, sondern - vielleicht noch wichtiger - das kontinuierliche Rücken freihalten, das die Kreativen unabhängig von Querschlägen aus Politik oder Gremien ihr Bestes geben lässt. Nie war das wertvoller als in Zeiten der GroKo.

Nr. 2
Tom Buhrow, 55, WDR-Intendant
Tom Buhrow© WDR/Herby Sachs
Sein Lächeln hat schon manchen zu Fehlschlüssen verleitet. Wer den neuen Boss der größten ARD-Anstalt von Anfang an in eine Schublade stecken wollte - vorzugsweise die des naiven, harmlosen Kommunikators -, der kam schon wenige Monate nach seinem Amtsantritt in Schwierigkeiten. Schonungslos wie kein zweiter amtierender Intendant legte Buhrow die finanzielle Misere offen, in die sich der WDR über Jahrzehnte qua überbordender Struktur hineinmanövriert hat. Und dann setzte der Ex-Anchorman, der die Liebe mitbringen wollte, auch noch Privatradio-Managerin Valerie Weber gegen erhebliche Widerstände als neue Hörfunkdirektorin durch. Warum das alles? Weil er den WDR offenbar wirklich liebt und ihn daher retten will. Macht Buhrow seine Ankündigungen und Einschnitte wahr, lässt sich in Köln womöglich prototypisch beobachten, wie eine zukunftsfähige öffentlich-rechtliche Sendeanstalt entsteht. Laute Aufschreie sind angesichts schmerzhafter Kürzungen vorprogrammiert. Der vermeintliche Strahlemann wird sich als kluger, kommunikativer und knallharter Manager beweisen müssen.

Nr. 1
Jan Böhmermann, 32, Moderator und Produzent
Jan Böhmermann© MDR/Tom Wagner
Was das Medium kann, wenn es nur will, führt keiner so kompromisslos vor wie der Gastgeber des "Neo Magazins". Irgendwo zwischen Satire, Dadaismus und Unterhaltung mit Haltung weist Jan Böhmermann der digitalen Generation den Weg ins Zweite Deutsche Internet - und einer kleinen, aber feinen Minderheit auch ins lineare ZDFneo. Dort erlebt der geneigte Viewser etwa die ultimative popkulturelle Replik auf die NSA-Affäre: In seiner Rubrik "Prism is a Dancer" durchleuchtet Böhmermann die Social-Media-Profile seines Studiopublikums. Mit der schelmischen Überinszenierung der zwischenzeitlichen Böhmermann-vs.-Böhmermann-Kampfprogrammierung auf EinsPlus ("LateLine") und ZDFneo entblößte er die Abgründe der öffentlich-rechtlichen Spartenstrategie. Als Produzent steht Böhmermann mit seinem Team der Firma super btf für eine selten gewordene Einstellung dem Fernsehen gegenüber: Gemacht wird nur das, woran die Macher glauben, und zwar aus tiefstem Herzen. ARD und ZDF wären gut beraten, Programm aus diesem Nukleus nachzulegen.