George R. R. Martin© DWDL.de
Auch George R. R. Martin, Autor der Fantasy-Saga „Das Lied von Eis und Feuer“ und damit geistiger Vater von „Game of Thrones“ bewertet die Entwicklung als positiv - und betrachtet es dabei aus eigener Erfahrung. „Ich mach das selber ganz gern“, erzählt er uns. „Besonders wenn ich erst etwas später bei einer neuen Serie einsteige, finde ich es großartig gleich mehrere Folgen schauen zu können. Das ist vergleichbar mit einem Buch, das man nicht aufhören kann zu lesen.“ Doch gerade seine Serie aber auch „Breaking Bad“ beweisen seiner Meinung nach sehr gut, wie Binge-Watching und lineares Fernsehen sich gegenseitig ergänzen. Das Aufholen früherer Staffeln gehe mit dem Entgegenfiebern neuer Folgen gut zusammen. „Bei den neuen Folgen von ,Game Of Thrones‘ oder ,Breaking Bad‘ hat man nach einer neuen Folge eine Woche Zeit, darüber nachzudenken, mit Freunden im Büro oder der Schule zu diskutieren und sich mit anderen Fans auch in Online-Foren auszutauschen, was als nächstes passieren wird. Das gehört doch auch zum Spaß dazu.“

Freddie Highmore© DWDL.de
Bei unserer Umfrage am roten Teppich der Primetime Emmys in Los Angeles gab es auch so manchen interessanten Vergleich. „Binge-Watching erinnert mich immer so ein bisschen daran an Weihnachten, wenn man vor lauter Neugier einfach schon früher seine Geschenke auspacken will. Man schaut eine Folge und will unbedingt wissen, wie es weitergeht. Mit Binge-Watching haben die Zuschauer mehr Kontrolle, aber lineares Fernsehen hat auch einen Vorteil: Es unterstützt die öffentliche Wahrnehmung und Diskussion über eine Serie durch die gesetzten Ausstrahlungstermine“, sagt Freddie Highmore. Er spielt Norman Bates in „Bates Motel“, eine der wenigen neuen Serien, die in diesem Jahr Chancen auf einen Emmy hatten. Privat ist das Thema für ihn aber nicht so relevant: „Ehrlich gesagt schau ich gar nicht so viel Fernsehen. Meistens nur Football und Fußball.“

Betsy Brandt© DWDL.de
Und dann gibt es auch die, die linearem Fernsehen etwas Schönes abgewinnen können: Die Vorfreude auf die nächste Folge. „Ich schaue noch ganz klassisch vom Sofa aus Fernsehen und nicht gerne am Computer. Aber ich bin da vielleicht etwas old-fashioned “, bekennt Emmy-Gewinnerin Betsy Brandt lachend. Bevor Sie später am Abend mit ihren Kollegen auf der Bühne den Sieg von „Breaking Bad“ in der Königskategorie „Beste Serie“ feierte, verriet sie am roten Teppich: „Ich persönlich habe ehrlich gesagt mehr Spaß daran, wenn ich mich auf die nächste Folge einer Serie freuen kann. Dieses Gefühl der Vorfreude. Das erleben gerade diese Woche doch auch Millionen Fans von ,Breaking Bad‘ so kurz vor dem Finale. Allerdings gebe ich zu, dass ich Binge-Watching manchmal klasse finde. Zuletzt habe ich daheim einen Serienmarathon mit Showtimes‘ ,Episodes‘ gemacht.“

Was Kevin Spacey in seiner vielbeachteten Rede beim Edinburgh International Television Festival ansprach, verfestigt sich als Eindruck: Von den Kreativen der Fernsehbranche haben die linearen TV-Sender keine Rückendeckung mehr zu erwarten. Gebt dem Publikum was es will, wann es es will. Was aus mancher alten Denke heraus wie eine Herausforderung klingt, ist doch eigentlich die schöne Erkenntnis: Gutes Fernsehen wird gewollt. Sehr sogar. Und es kann ein effektives Zusammenspiel von On-Demand-Viewing und linearem Fernsehen geben, wie gerade „Breaking Bad“ beweist. Natürlich ist das in erster Linie eine Erkenntnis für den amerikanischen Markt, der sich durch die weitaus stärkere Prägung durch fiktionale Formate anders darstellt als der deutsche.

Doch auch in Deutschland zeigt sich bei Kultserien wie „Stromberg“ oder „Pastewka“ ja längst, dass das lineare Fernsehen für TV-Fans nicht mehr zwingend erste Wahl ist, wenn noch vor TV-Ausstrahlung die DVD- oder Bluray-Box im Handel bzw. die Staffel zum Download verfügbar ist. Das muss eine stolze Branche wie das Fernsehen nicht erschüttern. Tut es in den USA auch nicht. Es ist nur ein Weckruf für einzelne Marktteilnehmer, die sich auf das verändernde Konsumverhalten einstellen müssen. Bitter sind vor diesem Hintergrund nur die völlig unverständlichen Entscheidungen des Bundeskartellamts gegen die geplanten VoD-Plattformen Amazonas und Germanys Gold. Sie werfen den deutschen Fernsehmarkt unnötig weit zurück - und machen neidisch auf die USA.