Das ZDF war einer der Gewinner der letzten Saison. In acht von neun Monaten zwischen September 2012 und Mai 2013 lag das ZDF über dem Vergleichswert des Vormonats, in acht von neun Monaten lag das ZDF zudem auch vor dem Ersten und war in sieben der Monate auch Gesamt-Marktführer. In der Saison lag der durchschnittliche Marktanteil mit 12,7 Prozent so hoch wie seit vier Jahren nicht mehr. Nachdem die Marktanteile der öffentlich-rechtlichen Sender über Jahre nur den Weg nach unten kannten, hat man also offensichtlich zuletzt manches richtig gemacht in Mainz.
Tatsächlich war es das ZDF, das die Highlights im fiktionalen Bereich setzte, die von der letzten Saison in Erinnerung blieben. "Unsere Mütter, Unsere Väter", "Das Adlon" oder auch die Verfilmung von Schirachs "Verbrechen". Dazu kommt ein Klassiker wie "Aktenzeichen XY... ungelöst", der von Jahr zu Jahr erfolgreicher wird, gerade auch beim jüngeren Publikum. Das "heute-journal" gehört nicht selten zu den meistgesehenen Sendungen des Tages und ist für viele offenbar ein Impuls, zum ZDF zu schalten. Und am Vorabend ist das ZDF mit seinen Krimis sowieso in einer sehr komfortablen Position. Und dann sollte man auch "Wetten, dass..?" nicht verschweigen, das mit seinen sieben Ausgaben im Schnitt über neun Millionen Zuschauern, in der Spitze sogar fast 14 Millionen Zuschauer erreichte.
Doch ist man bei "Wetten, dass..?", ist man auch gleich bei den Problemen. Obwohl sich die Suche nach einem Nachfolger für Thomas Gottschalk quälend lange hinzog und ungezählte angebliche Kandidaten - ob sie nun tatsächlich gefragt wurden oder nicht - eine Absage erteilten, hielt das ZDF daran fest, die gemessen an der absoluten Zuschauerzahl noch immer erfolgreichste Showreihe des Deutschen Fernsehens auch ohne Gottschalk fortzusetzen. Damit haben sich das ZDF und Markus Lanz eine andauernde Diskussion über die Qualität der Sendung und die fallenden Zuschauerzahlen eingebrockt - und sie noch dadurch befeuert, dass sich der Sender auch selbst nicht wirklich zufrieden zeigte, und über die Sommerpause schon wieder eine Überarbeitung angekündigt, nur ein Jahr nach dem Neustart unter Markus Lanz.
Statt viele Kräfte auf "Wetten, dass..?" zu bündeln, hätte es dem ZDF vielleicht gut getan, etwas mehr wirklich Neues auszuprobieren. Jörg Pilawa sorgte vor allem dafür, dass die einstige Quiz-Schwemme des Ersten ins ZDF rübergeschwappt ist. In dieser Quiz-Suppe ging fast unter, dass man mit "Deutschlands Superhirn" auch ein anderes Format im Angebot hatte. Doch für die Zukunft wäre mehr Abwechslung schön. Mit dem Pitch-Wettbewerb "Show Up!" fahndet man immerhin schonmal nach innovativen Ideen.
Um überhaupt Platz für neue Produktionen zu schaffen, ging das ZDF im Serien-Bereich ungewöhnliche Wege: Mit Serien wie "Der Landarzt", "Forsthaus Falkenau" oder "Kommissar Stolberg" wurde das Aus für Formate beschlossen, die noch immer ein Millionenpublikum erreichen - ein mutiger Schritt. Jetzt kann man nur hoffen, dass auf Dauer nicht lauter Krimiserien nachkommen. Die Krimi-Farbe hat im Programm des ZDF nämlich ein bedenkliches Übergewicht bekommen. Ob am Freitagabend, am Samstagabend oder werktäglich außer freitags am Vorabend: Ständig laufen Krimis. Die Filme am Montag sind zu allem Überfluss auch noch meist Krimis. Das ist in erster Linie bequem: Krimis sind meist Garanten für gute Quoten. Doch man kann ARD-Programmdirektor Volker Herres auch nicht verdenken, dass ihm kürzlich in einem Interview der Kragen platzte, als er darauf verwies, dass - zumindest nach seiner Rechnung - jede zweite Fiction-Minute im ZDF ein Krimi sei und der Sender nur "auf maximale Einschaltquoten" achte.
Immerhin: Das ZDF hat auch neue Familienserien angekündigt und steigt sogar in die Entwicklung von Sitcoms ein. Zu sehen sein werden die voraussichtlich am Freitagabend im Umfeld der "heute-show", das Aushängeschild wenn es darum geht, dass das ZDF junges Publikum erreichen kann. Man kann nur hoffen, dass dem erneuten Versuch diesmal mehr Erfolg beschieden ist als der Sitcom "Lerchenberg", die dort völlig erfolglos blieb. Ohnehin war der späte Freitagabend schon einmal zur "Innovationsstrecke" auserkoren worden - die aber nach dem Wegfall von "Roche & Böhmermann" nur halbherzig gestartet und angesichts mieser Quoten plötzlich mit "Lafer! Lichter! Lecker" bespielt wurde - wenig innovativ.
Nun ist das, was das ZDF für Innovationen hält, am Sonntagnachmittag zu sehen. Als erfolgreich hat sich auch da bislang nur ein Format mit Horst Lichter namens "Bares für Rares" erwiesen. Ob es besonders innovativ ist, sei aber dahingestellt. Und für jüngere Zuschauer hat es auch nicht unbedingt gesorgt. Beim Versuch, das werktägliche Nachmittagsprogramm aufzupeppen, ist kürzlich bereits "Der Star auf meiner Couch" gescheitert. Nun hofft man, dass "Inka!" mehr Glück beschieden ist. So oder so bleibt zu hoffen, dass dem ZDF in den nächsten Monaten noch ein paar weitere wirklich innovative Dinge einfallen.