Die böse Fragmentierung - das war allgemein die Entschuldigung, mit der die großen Sender die auf breiter Front sinkenden Reichweiten in der vergangenen Saison erklärten. Doch es gibt zahlreiche Gegenbeispiele. So wurden gerade die großen Erfolge noch erfolgreicher. Der "Blut-Sonntag", wie der Sonntagabend mit "Tatort" und "Polizeiruf 110" intern bei der ARD genannt wird, ist ohnehin schon der verlässlichste Quotenlieferant im deutschen Fernsehen und konnte sogar noch weiter zulegen. 9,3 Millionen Zuschauer waren es im Schnitt in der vergangnen Saison, ein Zuwachs um über 8 Prozent. Die Quoten-Highlights kamen dabei aus Münster und Hamburg mit dem neuen Schweiger-"Tatort" - beide erreichten über 12,5 Millionen Zuschauer.
Und auch RTL bewies, dass man eben Events schaffen muss, über die die Leute reden, wenn man gegen sinkende Quoten angehen will. Das Dschungelcamp bescherte RTL Anfang des Jahres im Schnitt 7,3 Millionen Zuschauer, fast 800.000 mehr als ein Jahr zuvor. RTL zeigte unterdessen auch, wie sehr der Erfolg einer Serie vom Geschick der Programmplaner abhängt. "CSI" wechselte unter dem geänderten Namen "CSI: Vegas" gemeinsam mit "Bones" auf den Dienstagabend. Während die Serien am Donnerstag zuletzt nur sehr enttäuschende Werte holten, sind sie am Dienstag nun plötzlich ein voller Erfolg. Im Gegenzug enttäuscht dafür das vorher auch in Wiederholungen so stabile "CSI: Miami" am Donnerstag völlig.
Ebenfalls mehr Zuschauer dank prominenterer Sendeplätze erreichten bei ProSieben "The Big Bang Theory" und "How I Met Your Mother" - einst eher im Schlepptau anderer Formate um 22:15 Uhr zum Erfolg gereift, sind sie nun die Stützen am Montag und Mittwochabend. "TBBT" erreicht dort über 20 Prozent Zuschauer mehr als ein Jahr zuvor, "How I Met Your Mother" konnte die Reichweite um 11 Prozent steigern. Einen tollen Erfolg im Serienbereich kann auch Vox verzeichnen - und zwar ganz ohne Sendeplatz-Wechsel: "Rizzoli & Isles" hat sich vom unscheinbaren Neustart Anfang 2012 inzwischen zu einem echten Hit gemausert mit im Schnitt 10,4 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe 14-49. Das ZDF hat es geschafft, "Die Bergretter" zu einer der erfolgreichsten Reihen im deutschen Fernsehen zu machen. Die Reichweite stieg im Vergleich zur Vorsaison um 9 Prozent, bei den Jüngeren sogar um über 16 Prozent.
Wenn man aufs Tagesprogramm blickt, dann fällt unter anderem der Aufschwung von Vox ins Auge - und der ist unter anderem von der "Shopping Queen" getragen. Das Format hat es schon zu einem gewissen Kultstatus gebracht und funktioniert selbst in der Primetime. Und dieser Erfolg kam gerade recht, dämmte er doch die weitere Ausbreitung von Scripted Reality auch bei Vox ein und zeigte, dass man auch mit echten Menschen tagsüber punkten kann. Trotzdem war "Berlin - Tag & Nacht" fraglos eine der größten Erfolgsgeschichten - der einstige Flop schafft es immer wieder, RTL mit "Alles was zählt" in Bedrängnis zu bringen.
Denkt man an ProSieben, dann fallen einem natürlich vor allem die Sitcoms ein - die den Sender nachmittags inzwischen immer wieder sogar zum Marktführer machen. Doch das ist nicht der einzige Erfolg: In diesem Umfeld entwickelte sich auch das Magazin "taff" richtig gut. In den letzten Monaten lag der Marktanteil stets bei über 14 Prozent in der Zielgruppe. Noch in der Saison davor pendelte man mit um die 11 Prozent lange Zeit im tiefen Mittelmaß.
Ein erfreulicher Aufsteiger der letzten Saison ist auch die "heute-show" im ZDF, die so erfolgreich war wie noch nie. Bei den 14- bis 49-Jährigen lag der durchschnittliche Marktanteil nun schon bei 9 Prozent - für das ZDF zahlt es sich mehr und mehr aus, trotz anfänglich eher mäßiger Quoten an der Sendung festgehalten zu haben. Auch beim Gesamtpublikum sind die Quoten, die lange Zeit meist einstellig waren, im Schnitt bei über 11 Prozent angekommen. Doch nicht nur mit Satire, auch mit dem "heute-journal" konnte das ZDF Zuschauer hinzugewinnen, ebenso übrigens wie Das Erste mit den "Tagesthemen". Die Reichweite der "Tagesthemen" lag um über 11 Prozent über dem Vorjahres-Wert, das "heute-journal" legte immerhin um über 6 Prozent zu. Und auch das "Auslandsjournal" gehört mit einem Zuschauer-Zuwachs um 15,6 Prozent zu den Aufsteigern der Saison.
Im Bereich der Dokusoaps, wo RTL auf breiter Front Quoten-Rückgänge zu verkraften hatte, konnten sich andere steigern. Sat.1 gelang es, "The Biggest Loser" nicht nur am Vorabend erfolgreicher zu machen, sondern mit Auftakt- und Finalshow sogar erfoglreich in die Primetime zu befördern. Künftig wird die Sendung somit komplett im Abendprogramm zu sehen sein. Bei kabel eins hat "Rosins Restaurants" von der Ausweitung der Sendezeit auf zwei Stunden profitiert und konnte einmal sogar die 10-Prozent-Marke in der Zielgruppe knacken. Und bei Vox legte ein echter Klassiker massiv zu: "Ab ins Beet" erreichte 300.000 Zuschauer mehr als in der Vorsaison, der Marktanteil zog um über zwei Prozentpunkte auf hervorragende 10,7 Prozent an. Im Show-Bereich ließ der Wechsel von Normalos auf Promis und vom Donnerstag auf den Samstagabend "Opdenhövels Countdown" doch noch zum Erfolg werden.
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