Die Schönheit Mittweidas erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Es ist hier ungefähr so hübsch wie in Marl. Aber es geht ja um Inhalte beim Medienforum Mittweida, nicht um die Verpackung (obwohl die des Kongresses selbst durchaus gefäll). In der kleinen Stadt in Sachsen veranstalten die Studenten der Hochschule Mittweida in Eigenregie jährlich einen Medienkongress der, trotz der komplizierten Anreise aufgrund geografisch suboptimaler Lage, erstaunlich prominente Referenten anzieht. Anders als bei den großen Medienkongressen kommt hier niemand für Networking und aus Eitelkeit. Die ist hier völlig fehl am Platz. Hier sitzt nicht die Branche im Publikum, sondern der Mediennachwuchs. Und das macht den Unterschied.
Unter dem Motto "Eintauchen statt mitschwimmen" geht es beim Medienforum Mittweida zwar zunächst einmal auch nur um die gleichen Themen, die bei den großen Branchengipfeln ebenso auf dem Programm stehen. Doch wenn schon nicht der Moderator des Panels reguliert, dann tut es spätestens das Publikum: Schweigt das gelangweilt bis gequälte Fachpublikum bei Medienforum NRW oder Medientagen München bei der Frage vom Podium in die Zuschauermenge meist, so kommt hier ein Dialog zustande - mit teilweise erstaunlichen Erkenntnisgewinnen. Und die lassen sich auch für alle, die nicht vor Ort sind, im Live-Stream der wichtigten Diskussionrunden mitverfolgen.
Den Anfang machen am Montag zwei Diskussionsrunden zu neuen Bewegtbild-Inhalten auf neuen Bildschirmen ("Vom Computer ins Wohnzimmer - Fernsehen abseits der Sender") sowie verändertem Fernsehverhalten ("Sparte gegen Hybrid – Wie schaut der Deutsche in Zukunft Fernsehen?"). Dabei sind u.a. WebTV-Macher Christoph Krachten (am Dienstagabend auch zu Gast bei den Talking Heads in Köln), Spiegel TV Infotainment-Chef Frank-Thomas Sippel sowie u.a. Vertreter von SevenOne Media, Deutschlandfunk, Das Ding, ARD und Tele Columbus. Ein eher ungewöhnliches, aber höchstspannendes Thema dann am Mittag: "Von Halbgöttern in Weiß und anderen Helden – Falsche Berufsbilder in den Medien".
Am Dienstagmorgen geht bei "Fast wie im richtigen Leben – Scripted Reality auf dem Prüfstand" um das derzeit wohl am meisten diskutierte Genre im deutschen Fernsehen. Mit dabei u.a. Filmpool-Geschäftsführer Stefan Cordes, RTL-Referentin Anne Pietrzak und Journalist und Medienkritiker David Harnasch. Zum Thema "Frauen im Chefsessel" kommt u.a. MDR-Intendantin Prof. Dr. Karola Wille. Am Mittag diskutieren u.a. ZDF-Social Media Manager Michael Umlandt, MDR-Moderator Andreas Rook und meine Wenigkeit über das Thema "Infos aus der Tüte – Ist Snackjournalismus die Zukunft?". Auch diese Veranstaltung soll als Live-Stream auf www.medienforum-mittweida.de übertragen werden.
Natürlich ist das Medienforum Mittweida nicht der einzige von Studenten organisierte Medienkongress in Deutschland. Aber ähnlich wie die Hochschule selbst hat sich das Medienforum erfolgreich einen Namen gemacht, weil alles höchst professionell abläuft - nur eben ein oder zwei Nummern kleiner. Besonders im Kontrast zu den gerade beendeten Medientagen München zeigt Mittweida, worum es eigentlich geht bzw. gehen sollte. Werden woanders Visitenkarten ausgetauscht, sind es hier Meinungen und Ideen. Das ist schön. Auf in die Höhle der Löwen, liebe Referenten. Und genießt es, mal wieder herausgefordert zu werden.