Es ist ohne Zweifel eine Sensation: Nur wenige Wochen nach dem Aus von "Gottschalk Live" steht fest, dass Thomas Gottschalk als Juror beim RTL-"Supertalent" anheuert - ein echter Paukenschlag, der zugleich reichlich Verwunderung auslöst. Gottschalk macht im Herbst ausgerechnet mit jenem Mann gemeinsame Sache, der ihn in seinen letzten "Wetten, dass..?"-Jahren zunehmend Zuschauer streitig machte: Dieter Bohlen. Doch hat das "Supertalent"-Publikum tatsächlich Lust auf Gottschalk? Viele von ihnen dürften sich schließlich zuletzt ganz bewusst gegen Gottschalk am Samstagabend entschieden haben - doch genau die einstige ZDF-Supernase ist es, die RTL seinen Zuschauern nun vorsetzen wird.
Allerdings verwundert noch etwas anderes: In all den Jahren wurde Gottschalk nie müde, gegen Bohlen und die Castingshows von RTL zu wettern. Zwar hat RTL bereits versprochen, seine "Supertalent"-Suche "konzeptionell und dramaturgisch komplett neu aufstellen" zu wollen. Was genau das bedeutet, bleibt bislang jedoch noch im Unklaren. In jedem Fall ist es reichlich interessant, sich im Hinblick auf Gottschalks Einstieg bei "Das Supertalent" noch einmal einige seiner früheren Äußerungen vor Augen zu führen. Gut drei Jahre ist es her, dass Gottschalk in Richtung seines baldigen Jury-Partners stichelte: "Am Ende meiner Show steht ein Wettkönig, den keiner braucht, und der weiß das. Aber bei dir wird ein Superstar geboren, der keiner ist, und es wissen alle außer ihm."
Zugleich kritisierte Gottschalk Bohlens Umgang mit seinen Kandidaten: "Die müssen alles schlucken, was du ihnen an die Birne knallst, und stumm die Zähne zusammenbeißen, während du sofort losröhrst wie King Kong, wenn du dich angegriffen fühlst." Ihn nerve "die Tatsache, dass dort Leute vorgeführt werden, die man eigentlich vor sich selbst in Schutz nehmen sollte." Solche Zurschaustellungen würde es bei mir nicht geben, versicherte Gottschalk im Jahr 2008. Ein Casting sei ja schließlich "keine Folterveranstaltung". Man müsse kein "großes Theater veranstalten, um mit ziemlichem Kollateralschaden einen 'Superstar' zu finden, den hinterher niemand braucht".
Nun kann sich Gottschalk das große RTL-Theater aus nächster Nähe ansehen - und unter Beweis stellen, wie ernst es ihm in der Vergangenheit mit all seinen Aussagen tatsächlich war. Spannend wird auch sein Umgang mit der werberelevanten Zielgruppe werden. "Ich werde nie mein Publikum in ein 'werberelevantes' und in ein überflüssiges aufteilen", sagte Gottschalk einmal in einem DWDL.de-Interview. Es mache ihn wütend, wenn Shows wie "DSDS" in den Quotencharts vor "Wetten, dass..?" liege, obwohl er mit seiner Show drei Millionen Zuschauer mehr habe.
Gottschalk damals: "Weiter hinten folgt dann meistens relativ verschämt unter dem Stichwort 'Gesamtpublikum' die gültige Abrechnung. Mir kommt dann immer dieser furchtbare Begriff 'unwertes Leben' in den Sinn, aber für Medien und Werber ist es wohl so, dass jeder Zuschauer ab 49 eigentlich nutzloser Ballast ist." Am Freitag ließ sich Gottschalk nun jedoch schon mal mit dem Satz zitieren, dass "Das Supertalent" derzeit "die erfolgreichste Showreihe im deutschen Fernsehen" sei - vermutlich meinte er damit die von ihm bislang ungeliebte Zielgruppe, in der die RTL-Show trotz Verlusten vorne lag. Und doch war "Wetten, dass..?" mit Blick auf die Gesamtzahlen deutlich erfolgreicher, wie eigentlich auch Gottschalk nur allzu gut wissen müsste.
Eines ist in jedem Fall sicher: Thomas Gottschalk wird sich nicht zuletzt an seinen Aussagen über Castingshows und Dieter Bohlen messen lassen müssen. In einem Punkt hat er allerdings schon mal nicht Wort gehalten. Vor dem Start der wenig erfolgreichen ZDF-Castingshow "Musical Showstar", bei der er vor einigen Jahren die Moderation übernahm, sagte Gottschalk: "Ich hätte mich nie im Leben in eine Jury quatschen lassen." Heute möchte man ihm zurufen: Sag niemals nie.