Ende Januar gestartet, nun bereits wieder Geschichte: Die letzte Folge von "Gottschalk Live" ist gelaufen - sogar einen Tag früher als ursprünglich gedacht. "Sie werden noch von mir hören", sagte Gottschalk zum Abschied und fügte lachend hinzu: "Ich bin ja nicht aus der Welt." Er sei einer der wenigen Fernsehmoderatoren, die es geschafft hätten, "sich zweimal in einem halben Jahr von ihrem Publikum zu verabschieden", scherzte der Moderator - ähnlich hatte es vor wenigen Wochen bereits Harald Schmidt getan.
Mit drei Konzepten innerhalb von gerade mal viereinhalb Monaten bewegte sich das Vorabend-Experiment von Thomas Gottschalk zumindest diesbezüglich auf Rekord-Niveau. Für die Einschaltquoten galt das freilich nicht: Sie stürzten nach gutem Start mit mehr als vier Millionen Zuschauern massiv ab, zuletzt waren teilsweise nur noch eine halbe Million Zuschauer dabei. Was als innovatives Format mit Einbindung des Publikums via Twitter und Facebook beginnen sollte, wandelte sich zwischenzeitlich zum klassischen Promi-Talk und endete in einer sich ewig ziehenden Charity-Aktion, die zwar gut gemeint war, letztlich jedoch auch noch die letzten hartgesottenen Fans verscheuchte. Wie konnte es also zu diesem beispiellosen Absturz in der sogenannten Todeszone am ARD-Vorabend kommen? DWDL.de mit einem Erklärungsversuch...
1. Zu wenig Vorlaufzeit
Der Zeitplan war ambitioniert. Anfang Dezember ließ Thomas Gottschalk seine Wett-Couch hinter sich, um sich nicht mal zwei Monate später mit einem neuen Format zurückzumelden. Dass der Abstand dazwischen nicht mal halb so lang war wie die übliche Dauer einer Sommerpause bei "Wetten, dass..?", führte letztlich wohl dazu, dass kaum Zeit blieb, um sich darüber Gedanken zu machen, was man mit "Gottschalk Live" eigentlich erreichen möchte. Von einer "Wohlfühl-Halbestunde" war im Vorfeld die Rede - doch wenn sich die Zuschauer schon bei "Rosenheim-Cops" und "GZSZ" wohlfühlen, hätte es wahrscheinlich mehr gebraucht als ein solches Schlagwort.
Ein echtes Konzept wäre womöglich nicht verkehrt gewesen. Doch das zu finden, bedarf Zeit. Doch genau daran mangelte es: Was am 23. Januar am Vorabend über die Bildschirme flimmerte, erinnerte wohl die meisten der vier Millionen Zuschauer eher an einen Probetermin denn an eine professionelle Auftakt-Show. Dass es Gottschalk nicht schafft, drei Werbepausen sekundengenau anzukündigen, hätte man bereits im Vorfeld bemerken können - zwar wurde schnell reagiert, doch da war es eigentlich schon längst zu spät. Viele Zuschauer wunderten sich und kehrten nach der Premiere nie wieder zurück.
2. Zu wenig Gottschalk
Die anfängliche Idee, die Redaktion mit einzubinden, war lobenswert - und doch wollten die Zuschauer eigentlich viel lieber Thomas Gottschalk sehen. Der stand zwar im Mittelpunkt, klebte jedoch an seinen Moderationskarten wie eine Ameise am Honigglas. Dabei wäre es doch so einfach gewesen, hätte man Gottschalk einfach mal machen lassen. Auf der Pressekonferenz Anfang Dezember, bei der er für seine neue Sendung trommelte, zeigte er, wie es geht: Gottschalk ist am besten, wenn er spontan ist. Das war schon bei "Wetten, dass..?" oder dem Deutschen Fernsehpreis so und wäre exakt das Pfund gewesen, mit dem "Gottschalk Live" hätte punkten können.
Stattdessen musste Gottschalk Tag für Tag Promis interviewen und sich ausgerechnet auf das konzentrieren, was schon bei "Wetten, dass..?" als seine größte Schwäche galt. Dabei hatte Thomas Gottschalk selbst ganz andere Vorstellungen von seinem Format: Stars sollte es zwar geben, allerdings war es Gottschalks Wunsch, die Zuschauer in die Sendung einzubinden. Die Antworten von Zuschauern sollten durchs Bild laufen, damit er direkt darauf Bezug nehmen kann, erklärte Gottschalk im Dezember. Doch mehr als ein paar halbherzige Facebook-Aktionen gab es nicht. Warum sich die Sendung gleich mehrere Social-Media-Redakteure leistete, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben.
3. Zu wenig Sendezeit
Letztlich verwundert es nicht, wenn Gottschalk sagt: "Wir haben nicht das gemacht, was ich vorhatte." Doch selbst beim durchdachtesten Konzept wäre "Gottschalk Live" vermutlich an eine Grenze gestoßen: Die Länge der Sendung. Wenn abzüglich von Werbung und Wetter gerade mal 20 Minuten Sendezeit übrig bleiben, kann womöglich ein banales Quiz mit Jörg Pilawa funktionieren, aber keine interaktive Show, die alleine von der Spontaneität ihres Moderators leben möchte. Vermutlich wäre die doppelte Länge nötig gewesen, um Gottschalk ein Gefühl von Sicherheit zu geben.
So aber musste er förmlich durch seine Show hetzen - immer mit Blick auf die Uhr, damit die Werbung bloß nicht eine Millisekunde zu spät über den Sender geht. Dass der aus Soap und Krimi bestehende Vorlauf zudem in keiner Weise zur Gottschalk-Show passte, machte das Unterfangen beinahe schon zum Himmelfahrtskommando. Womöglich hätte "Gottschalk Live" im Zusammenspiel mit dem ebenfalls boulevardlastigen "Brisant" viel besser funktioniert. Doch um das durchsetzen zu können, hätte es vermutlich 28 Gremien-Konferenzen benötigt. Doch so viel Entscheidungsfreude darf man von der ARD nun wirklich nicht erwarten.