"Meine Arbeit fängt da an, wo andere sich vor Entsetzen übergeben." So klingt es, wenn Heiko Schotte, genannt Schotty, über seinen Alltag spricht. Von Beruf ist Schotty nämlich Tatortreiniger - und als solcher räumt er auf, was andere am liebsten liegen lassen würden. Sein Job ist Schotty heilig. Dass ihn längst nicht jeder ausüben könnte, lässt er dabei nicht unerwähnt, denn wenn er eines definitiv nicht ist, dann Putzmann. "Das wäre ja so, wie wenn man sagen würde, ein Pilot ist einfach nur ein fliegender Busfahrer."
Wer Bernd Stromberg mag, wird sehr wahrscheinlich auch Schotty mögen. Nicht, weil sich beide Figuren so ähnlich wären, sondern viel mehr weil man schnell merkt, dass sich beide Serien nahestehen. Regisseur Arne Feldhusen arbeitete nämlich auch schon bei "Stromberg" mit Bjarne Mädel zusammen, der dem "Tatortreiniger" ein Gesicht gibt. Auch bei der früheren ProSieben-Serie "Der kleine Mann" und im Ende August zurückkehrenden ARD-Erfolg "Mord mit Aussicht" arbeiteten Feldhusen und Mädel zusammen.
Mädel ist als "Tatorteiniger" die Idealbesetzung, die Rolle, so scheint es, wurde ihm komplett auf den Leib geschnitten. Obwohl Schotty seiner Arbeit meist bierernst nachgeht, besticht die Serie durch einen herrlichen Humor, der weit entfernt ist von der üblichen Schenkelklopf-Brechstange. Hinzu kommen sagenhafte Dialoge, die einerseits tiefgründig, aber schon im nächsten Moment einfach nur wahnsinnig komisch sind. All das ergibt sich schon allein durch Schottys verschiedene Arbeitsplätze - so trifft er im ersten Fall auf eine Prostituierte, die anstelle ihres Kunden plötzlich den skurillen Tatortreiniger im Badezimmer vorfindet.
Es ist also weniger die Arbeit des Tatortreinigers, die im Mittelpunkt steht, sondern das stets überraschende Aufeinandertreffen zweier Menschen, die auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu tun haben. Es kommt zu einem herrlich unspektakulär inszenierten Kammerspiel, an dessen Entstehung man als Zuschauer von Anfang an teilhaben kann. Ganz neu ist die Comedyserie aber freilich nicht: Im NDR Fernsehen waren in diesem Jahr bereits vier Folgen zu sehen - allerdings gab sich der Sender allerlei Mühe, die Zuschauer im Unklaren darüber zu halten, was sie beim "Tatortreiniger" überhaupt erwartet. Geschweige denn, wann die Serie überhaupt läuft.
Den Grimme-Preis erhielt sie trotzdem und noch dazu völlig zu Recht. Umso schöner, dass es Bjarne Mädel nun sogar ins Erste schafft. Zwar läuft am Donnerstagabend zunächst nur die erste Folge des halbstündigen Kammerspiels, dafür gibt es sie allerdings auf einem höchst prominenten Sendeplatz zu sehen. Um 21:45 Uhr wird der Serien-Auftakt ausgestrahlt und damit direkt im Anschluss an eine neue Folge der mindestens ebenso sehenswerten britischen Krimireihe "Sherlock" mit Benedict Cumberbatch und Martin Freeman in den Hauptrollen. Das Erste gibt sich an Christi Himmelfahrt somit überraschend innovativ. Hoffentlich wird es vom Publikum honoriert. Sherlock und Schotty hätten es jedenfalls verdient.
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