"Fußball ist Männersache." Diese steile These kann schon längst nicht mehr aufrechterhalten werden - zu oft haben die deutschen Fußball-Frauen in den vergangenen Jahren ihre Klasse unter Beweis gestellt. Ab Sonntag können sie sich dafür selbst belohnen: Dann nämlich beginnt die Frauenfußball-WM in Deutschland. Und nicht wenige hoffen auf ein ähnliches Sommermärchen wie vor fünf Jahren, als die Welt schon einmal zu Gast bei Freunden war.
Große Hoffnungen verbinden auch ARD und ZDF mit dem Großereignis, denn was viele gar nicht wissen: Erstmals werden die Öffentlich-Rechtlichen alle 32 Spiele des Wettbewerbs übertragen - zudem wird auch Eurosport ab Sonntag täglich an Bord sein. Zum Vergleich: Vor vier Jahren, als Deutschland den WM-Titel gewann, zeigten ARD und ZDF zusammen gerade mal acht Spiele; wären die deutschen Frauen damals nicht ins Finale gekommen, wären es sogar deutlich weniger gewesen.
Das Risiko, das die Öffentlich-Rechtlichen bei der nun anstehenden WM eingehen, ist aus Quotensicht beachtlich, denn abseits der deutschen Nationalmannschaft ist der Frauen-Fußball bislang nicht als Quotenbringer in Erscheinung getreten. Begegnungen wie jene zwischen Norwegen und Äquatorialguinea oder Nordkorea und Schweden, die in den kommenden drei Wochen auf dem Spielplan stehen werden, klingen auf dem Papier wenig vielversprechend, zumal wohl nur die härtesten Fans die Namen der Spielerinnen nennen können - auch für so manchen Reporter dürften diese Partien eine beachtliche Herausforderung darstellen.
Erstmals wird übrigens eine Frau am Mikrofon sitzen: Claudia Neumann, die für das ZDF in den vergangenen Jahren bereits von unzähligen Bundesliga-Spielen die Zusammenfassungen lieferte, kommt diese Ehre zuteil. Angst, unter besonderer Beobachtung zu stehen, hat sie allerdings nicht. "Aber natürlich kann es sein, dass ein blöder Versprecher oder eine nicht ganz so glückliche Bewertung einer Spielsituation von den Kollegen kritischer gesehen wird", sagte Neumann kürzlich in einem Interview mit dem Magazin "journalist". "Vielleicht lauert mancher sogar auf ein 'Schalke 05' von mir."
Dass sie selbst nun Frauen-Fußballspiele kommentiert, hätte sich Neumann früher nie vorstellen können. "Am Anfang fand ich Frauenfußball furchtbar." Erst später habe sie sich intensiver damit beschäftigt und sei dabei auf viele Vorurteile gestoßen. "Der Frauenfußball hat seit 2003 mit dem ersten WM-Titel für Deutschland eine tolle Entwicklung genommen. Dennoch bleiben Frauen- und Männerfußball zwei verschiedene, kaum zu vergleichende Sportarten." Umso spannender dürfte die Beantwortung der Frage werden, wie viele Fans sich bis zum Finale am 17. Juli für die Weltmeisterschaft begeistern können.
Sollte es nur im Ansatz gelingen, eine ähnliche Euphorie wie vor fünf Jahren bei den Männern zu entfachen, stehen die Chancen auf Erfolg allerdings gar nicht schlecht. Um 14:00 Uhr und 18:00 Uhr werden die meisten Partie angestoßen, die deutsche Nationalmannschaft spielt in der Regel zur besten Sendezeit um 20:45 Uhr, sieht man mal vom Eröffnungsspiel ab, das am Sonntag bereits um 18:00 Uhr angepfiffen wird. Schon das zeigt, wie groß das Vertrauen in Birgit Prinz & Co. ist. Das letzte Testspiel gegen Norwegen, das vor gut einer Woche im ZDF zu sehen war, macht jedenfalls Mut: Knapp sechs Millionen Zuschauer fieberten mit - ein durchaus beachtlicher Wert.
Als sich die Fußball-Frauen vor vier Jahren gegen Brasilien den Titel sicherten, waren übrigens mehr als neun vor dem Fernseher dabei - an einem Sonntagnachmittag. Beim Finalspiel der DFB-Elf gegen Schweden vor acht Jahren konnte gar die Marke von zehn Millionen Zuschauern geknackt werden. Gut möglich, dass dieser Rekord bei der WM im eigenen Land recht schnell fallen wird. Der Aufwand, den ARD und ZDF betreiben, ist jedenfalls immens. Mit umfangreicher Vor- und Nachberichterstattung, zahlreichen Experten und Reportern steht die Frauen-WM den Herren in nichts nach - einzig "Waldis WM-Club" fehlt. Aber das werden selbst eingefleischte Fußballfans nur allzu gut verkraften können.