"Ein Gläschen Sekt?" Mit diesen Worten überbrückte Jürgen von der Lippe einst gerne die Wartezeit, wenn sich die Umbauarbeiten bei "Geld oder Liebe?" mal wieder etwas in die Länge zogen. Mühsam erklärte er in jeder Ausgabe der Kuppelshow aufs Neue, wie sie nun genau funktioniert, diese Sache mit dem Telefonvoting. Denn: Wer als Zuschauer das Paar des Abends wählen wollte, musste die richtige Endziffer eigenständig zusammensetzen.

Schon an der Tatsache, dass von der Lippe seinen Zuschauern im Studio das berühmte Gläschen Sekt anbot, zeigt: "Geld oder Liebe?" war die mit Abstand gemütlichste aller Samstagabendshows. Seinerzeit begrüßte Thomas Gottschalk bei "Wetten, dass..?" Weltstars wie Michael Jackson in seiner Sendung, Jürgen von der Lippe aber machte Stars. Bei "Geld oder Liebe?" erhielten Newcomer eine Chance - und für nicht wenige war die Show der Startschuss zu einer großen Karriere.

Unvergessen sind Lippes minutenlange Ankündigungen, denen viele Zuschauer womöglich gar nicht folgen konnten, die aber für den auftretenden Künstler in jedem Fall als Zeichen besonderer Wertschätzung verstanden wurden.  Bei Gottschalk verkommen die Music-Acts auch heute noch in schöner Regelmäßigkeit zu Abschaltern, bei "Geld oder Lippe?" hing dagegen ein jeder gespannt an den Lippen des Moderators - interessiert an dem, der im Folgenden nun auftreten würde. Mindestens genauso interessiert war von der Lippe allerdings stets an seinen Kandidaten, besonders dann, wenn diese ein eindrucksvolles Hobby oder einen spannenden Beruf zu bieten hatten.

Das wichtigste Erfolgsrezept der Show aber ein ganz anderes: "Geld oder Liebe" nahm sich selbst nie zu ernst. Das begann gleich mit den Kinderwitzen für die heißt begehrten "Schokolinsen", steigerte sich im mitunter kuriosen Fotowettbewerb mit von der Lippes noch kurioseren Erklärungen ("Paule, sach doch watt!") und mündete schließlich im oft herrlich schrägen Kiosk-Spiel - ein Spiel, das besonders dann schräg wurde, wenn der besagte Kiosk mal wieder nicht funktionierte und ein Zuschauer im eingebauten Hochsitz zur Hilfe eilen musste, um die Apparatur wieder in Gang zu bringen.

Scherze über Lippes eingebaute "Hörhilfe" im Sofa und die später eingeführte "Ferkelkasse" für besonders schlüpfrige Witze taten ihr Übriges. Ja, "Geld oder Liebe?" war wirklich eine besondere Samstagabendshow - und vermutlich war es einer der größten Fehler, dieses Format jemals einzustellen, sowohl für die ARD als auch für den Moderator selbst. Zumal sich Lippes spätere Sat.1-Show "Blind Dinner" als größter anzunehmender Flop entpuppte.

Mit "Lippe blöfft" versuchte sich die ARD wenige Jahre später zwar noch einmal an einem Aufguss, doch mehr als Geld ohne Liebe war das nicht. Angesichts zahlreicher Quizshows, die seither das Programm des Ersten überfluteten, schmerzt der Verlust von "Geld oder Liebe?" umso mehr. Dass das Format auch heute, zehn Jahre nach der letzten Ausgabe, nach wie vor funktionieren würde, steht völlig außer Frage. Dem deutschen Fernsehen fehlt es jedenfalls noch immer. Darauf ein Gläschen Sekt.