Die große Spezialität von ProSiebenSat.1 sieht Jürgen Hörner in der Planung von US-Programmen für die Gruppe. Hier werden Serien und Filme auf die Ausrichtung der einzelnen Sender abegestimmt. So war es kein Zufall, dass die Spielfilmplanung der erste Bereich war, mit dem der mehrstufigen Prozess der Zusammenführung der Sender unter einem Dach vor rund zwei Jahren begonnen hat. Hier ließen sich schnelle Erfolge erzielen. „Bei Lizenzprogrammen ist so ein Prozess einfacher, weil sie fertig produziert vorliegen. Es geht schlicht um die Verteilung“, erklärt Hörner. So konnte man bereits im ersten Schritt die Marktanteile für die fiktionalen Langformate verbessern.
Ein halbes Jahr habe es gedauert, bis schließlich klar war, welcher Sender mit welcher Strategie in die Primetime startet und wie man Kannibalisierungen vermeidet. Mittlerweile zeigt man per gemeinsamen Trailer am Vorabend, was die Zuschauer auf den Kanälen der Gruppe erwartet. „Wir verstehen die Sender zu einhundert Prozent als eigene Marken und Programmanbieter. In den Trailer wollen wir uns aber als Familie zeigen und die Vielfalt unseres Angebots bewerben“, erklärt Jürgen Hörner.
Fast schon mustergültig ist der Erfolg der integrierten Planung, den man mit der Sitcom „Two and a Half Men“ erreichen konnte. Die Serie lief zunächst bei ProSieben im Sitcomblock am Samstagnachmittag und hat gut funktioniert. Reruns der Serie kamen dann bei kabel eins in den täglichen Einsatz und haben dort neue Zuschauergruppen für das Format erschlossen. Schließlich erfolgte der Schritt in die ProSieben-Primetime. „Einen Erfolg derart langfristig und flächendeckend aufzubauen wäre in einer nicht-integrierten Senderfamilie in dieser Form nicht möglich gewesen“, sagt Hörner.
Der durchschlagende Erfolg bei kabel eins in der täglichen Ausstrahlung sei in dieser Höhe nicht kalkuliert gewesen. „Aber mit dieser Grundlage haben wir für die Primetime-Ausstrahlung bei ProSieben fest mit Marktanteilen über dem Senderschnitt gerechnet“. Hilfreich bei der Etablierung der Programm-Farbe Sitcom – ein Genre, das derzeit wieder stark im Kommen ist: Im Unterschied zu Drama-Serien sind die Zuschauer überdurchschnittlich oft bereit, eine Episode öfter als drei Mal zu sehen.
Die Zeiten ändern sich. Auch die Fernsehzuschauer stellen ihr Sehverhalten um. Vor allem die Möglichkeiten des Internets wirken sich auf den Alltag der Nutzer aus. Programme lassen sich über Catchup-TV zeitunabhängig betrachten. Videoschnipsel reichweitenstarker Programme lassen sich auf den verschiedensten Portalen betrachten und festigen so die Strahlkraft starkter Programmmarken wie „Germany’s next Topdmodel“ oder „Deutschland sucht den Superstar“. Doch in einem sind sich die Programmplaner in den großen Häusern weitgehend einig: Allzu große Veränderungen für die Planungsarbeit stehen derzeit noch nicht an. Jürgen Hörner: „Einen Eingriff ins Sendeschema bei den großen Sendermarken, der für die Zuschauer spürbar wird, halte ich für die kommenden Jahre aber eher unwahrscheinlich“.
Lesen Sie am Mittwoch im vierten Teil der Reihe, wie sich das ZDF mit seiner Progammplanung seit mehr als 20 Jahren den Herausforderungen durch die private Konkurrenz stellt.