ProSiebenSat.1 TV Deutschland"Nicht zuletzt durch die Umsiedlung von Sat.1 nach München erhoffen wir uns einen Aufschwung", sagt Stefan Moll. Gute Gespräche gebe es bereits. Man wolle die Situation für den Standort verbessern, sagt er. Das dürften die Kollegen von ProSiebenSat.1 erfreut zu Kenntnis nehmen. "Die in München vorhandenen Flächen sind teilweise nicht ausreichend, es würde sich daher lohnen sie auszubauen, um langfristig auch in München produzieren zu können", sagt Petra Fink, Unternehmenssprecherin der ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH. Bis dahin bleiben die bereits vorhandenen Ressourcen in Köln und Berlin für ProSiebenSat.1 besonders interessant. Sie sind "kurzfristig verfügbar und vor allem sehr erprobt", so Fink.

Es dürfte eine eher standortpolitische Frage sein, wie viele Studios noch in welcher Region ausgebaut und in bestimmte Richtungen vermarktet werden. Schließlich ist das Angebot in Deutschland insgesamt sehr groß – manchen vielleicht sogar zu groß. Die Studios stehen in starker Konkurrenz zueinander, die Preise sind massiv unter Druck geraten. Zwar konkurrieren vornehmlich Berlin und Köln, doch auch in München spürt man den rauen Wind. Erst kürzlich hat Moll für die Bavaria um eine Sat.1-Show gepitcht, die schließlich nach Köln ging. Ob man in den Kampf mit einsteigt, hänge vom jeweiligen Projekt und von der Auslastungssituation ab, erklärt Moll. "Wir werden um jeden Auftrag kämpfen, machen aber nicht jeden Preis mit", lautet seine Strategie.
 

 
Allzu viel dürfen sich die Dienstleister und Produzenten von den Sendern in München wohl nicht versprechen, denn auch die orientieren sich im gesamten Markt. Dabei sitzt so einiges an Sendern im Süden. RTL II zum Beispiel, das unter dem neuen Programmchef Holger Andersen (Bild) seit diesem Jahr verstärkt ins Showsegment vordringt, hat seine Zelte vorerst in Köln aufgeschlagen. Auf dem Gelände der MMC hat man sich ein multifunktionales Studio für seine neuen Formate – darunter die "Test"-Shows und "Die große Welt der Wunder Show" – errichten lassen. Die Sendernähe sei für RTL II kein entscheidendes Kriterium bei der Auswahl der Produktionsstätten, sagt Andersen.

RTL II-Programmdirektor Holger Andersen"Mit den heutigen Kommunikationsmitteln lassen sich interne Abläufe auch über größere Entfernungen effizient koordinieren. Wir sind bei der Auswahl frei am Markt aktiv und entscheiden situativ, welches Angebot am besten zu unseren Vorgaben passt", so der Programmchef, der sich seit seinem Wechsel von RTL zu RTL II mit einem schmaleren Budget begnügen muss. So nutzt zum Beispiel auch Endemol bei der Herstellung des RTL II-Quotengaranten "Big Brother" dicke Datenleitungen, um sich während des Enstehungsprozesses der täglichen Sendung zwischen Köln und München auszutauschen. Dass "Big Brother" in Köln entsteht, hat eher historische Gründe. Aber vermutlich ist die Sendung aufgrund ihrer inhaltlichen Ausrichtung in dieser Stadt auch genau richtig.

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Fraglich ist ohnehin, ob der große Showtross, der aus Köln Unterhaltung fast vom Fließband bietet, in München von jetzt auf gleich richtig aufgehoben wäre. Es ist nicht nur eine Frage von Technik und Logistik, sondern letztlich auch eine  von Mitarbeitern in den Produktionsteams. "Nach wie vor ist München ein interessanter Standort mit vielen Kreativarbeitern und entsprechend viel kreativer Energie – wenn auch das Volumen nicht so groß ist wie in Köln“, sagt Philipp Pröttel, Executive Producer beim Showproduzenten Werner Kimmig GmbH. Sollte man die Standorte auf ein Schlagwort verdichten, wählt Pröttel für München „gediegen“ und für Köln „umtriebig“.

„Der Charakter der Städte spiegelt sich teilweise in den Produktionen wider“, ist Pröttel überzeugt. Während man in München distanzierter sei und bei lustigen Programmen eher eine kabarettistische Tonalität wähle, dominiere in Köln die Freude am Schrägen. Karneval gegen die Wiesn, Stefan Raab gegen „Ottis Schlachthof“. „Eine Sendung wie 'Night Wash' wäre in München nur schwer zu produzieren“, so Pröttl.
 
Lesen Sie am Freitag im fünften und letzten Teil der Reihe, wie sich Berlin als Unterhaltungsstandort seit der Wende verändert hat.