Ein Unternehmen, das fast jeden Aspekt des Lebens – sowohl des Lebens im heutigen Alltag als auch im Leben des vergangenen Jahrhunderts – im Blick zu haben scheint, ist Spiegel TV. Ein weiterer Produzent, der jenseits des Show-Getöses um die Gunst der Sender buhlt. Die Tochter des Zeitschriftenverlags kümmert sich zwar mit Produktionsdienstleistungen für Oliver Pocher und Johannes Kerner auch um Showformate, produziert mit der Aspekt Telefilm Spielfilme und Serien – das Kerngeschäft aber liegt in dokumentarischen Formaten. Und selbst mit denen tritt man mitterweile mit den Konkurrenz zu den Anbietern bunter Show-Programme: Mit einer vierstündigen Doku bestückt man am Samstagabend die Primetime bei Vox, am Nachmittag konkurrierte man zwischenzeiltich mit der Zoo-Reihe „Tierische Kumpel“ auch mit Produzenten von Shows und Endlosserien.
Auch in der Fiction – und zunehmend in der Werbeproduktion – ist Hamburg stark. Darum steht auch Studio Hamburg, jene Tochter des Norddeutschen Rundfunks, mit auf diesem Standbein. Erst kürzlich hat das Unternehmen den Produktionsarm unter dem Dach der Studio Hamburg Produktion Gruppe neu aufgestellt, um im Wettbewerb auch künftig mithalten zu können. Um Unterhaltungsformate kümmert sich innerhalb der Gruppe Guido Thomsen mit seinem Team bei Blondheim TV. Das Unternehmen stellt Sendungen her wie „“History! Das Quiz“ und „Die Sternstunden der Deutschen“ für das ZDF und den „Quatsch Comedy Club“ für ProSieben.
Allerdings: Der Großteil der Produktionen wird nicht in Hamburg produziert, sondern in Berlin – dort verfügt man mit dem Studio Berlin in Adlershof, das zur Familie gehört, über entsprechende Kapazitäten. Zwar macht der Kostendruck auch vor Studio Hamburg nicht Halt, aber man ist zuversichtlich – vor allem mit Blick auf die steigende Auslastung mit Werbeproduktionen. In diesem Zusammenhang sieht man Hamburg als „Kreativhauptstadt“. Das Besondere am Standort an der Elbe beschreibt man bei Studio Hamburg wie folgt: „Natürlich handelt sich aufgrund der geografischen Ausprägung und dem unmittelbaren Zugang zum Meer um ein besonderes Pflaster“.
Die Nähe zum Meer reicht vielen offenbar nicht aus. In den vergangenen rund 20 Jahren hat sich das Bild von Hamburg als Fernsehstadt verändert. Viele Unternehmen haben sich zurückgezogen, sind nach Berlin oder München abgewandert. RTL II, Sat.1, Premiere – sie alle saßen dort, oder waren mit zumindest nicht unwesentlichen Teilen in der Hansestadt vertreten. Das ist vorbei. Lediglich der Norddeutsche Rundfunk hält als Sender die Stellung – er kann auch nicht weg. Auch die „Bild“ – die bis im vergangenen Jahr ihren Hauptsitz an der Elbe hatte, hat mit ihrem Hauptsitz die Stadt verlassen. Seit dem Frühjahr vergangenen Jahres kommt die Boulevard-Zeitung komplett aus Berlin. Mit der MME wanderte auch der Produzent von Sendungen wie „The Dome“ und „Bauer sucht Frau“ nach Berlin ab. Hamburg ist wunderschön – bietet in der privaten Szene aber gegenüber Berlin und Köln mittlerweile allerdings wenig Beschäftigungspotential für kreative Fernsehmenschen.
Das weiß auch Schwartzkopff-Chef Karsten Roeder zu berichten. So war es ungleich schwerer als zum Beispiel in Köln, ein nordisches Produktionsteam für die Vorabend-Reihe „Das Fast Food Duell“ zusammenzustellen, erzählt der Produzent. „Es hat zwar geklappt, aber dabei haben wir die Ressourcen der Stadt auch ausgeschöpft“, sagt er augenzwinkernd. Und die Kollegen im Drehteam seien froh gewesen, endlich einmal bei einem Projekt zu Hause schlafen zu können – und nicht nach München, Köln oder Berlin pendeln zu müssen. Journalistisches Personal hingegen ist – nicht zuletzt durch die Nähe zu den Pressehäusern – in Hamburg vergleichsweise leicht zu rekrutieren, ist allenthalben zu hören.
Das dürfte auch Günther Jauch freuen. Denn wenn Jörg Pilawa groß beim ZDF einsteigt wird auch Jauchs Unternehmen I&U erstmals seine Heimat Köln verlassen und mit einer Niederlassung in den Norden der Republik gehen. Es wird spannend, zu beobachten, wie sich der Produktionsriese von Allround-Moderator Jauch künftig entwickeln wird. Denn sollte Jauch seinen Polit-Talk für die ARD im kommenden Jahr auch selbst produzieren wollen, wird ein weiteres Büro auch in der Hauptstadt sicher unvermeidbar. Doch die Impulse, die Pilawa und die I&U am Standort Hamburg setzen werden, werden in der hieisgen Szene als nicht allzu groß eingeschäftzt – denn mit einer wöchentlichen Sendung ist der Programmausstoß nicht so groß, als dass sich daraus eine Sogwirkung ergeben könnte.
Lesen Sie am Donnerstag, welche Impulse man sich in München von der ProSiebenSat.1 TV Deutschland erwartet und welche Mentalität dem Münchner Fernsehen zu Grunde liegt. Am Freitag folgt der Blick auf Berlin.