Unter dem Motto „Reichweitenmessung in der Währungskrise“ diskutierten am Dienstagvormittag Medien- und Media-Experten beim medienforum.nrw in Köln über die Zukunft der TV-Einschaltquote. Man könnte sagen: Man ging ergebnisoffen auseinander. Selbst ein Blick in die USA gibt keinen wirklichen Rat.
In der kommenden Woche wird die Messung der TV-Einschaltquoten in Deutschland geändert (DWDL.de berichtete). Welche Auswirkungen das haben wird, ist noch nicht abzusehen und damit für alle Beteiligten, vom Produzenten über den Sender bis zum Werbekunden, ein spannendes Unterfangen. Eins jedoch steht schon vorher fest: Die geänderte Reichweitenmessung wird schon bei ihrem Start wieder veraltet sein – denn ein großes Problem ist noch nicht gelöst: Die Messung der TV-Reichweite im Web. Das betonte am Dienstag beim medienforum.nrw auch Florian Ruckert, Geschäftsleiter Marketing IP Deutschland und seit Anfang des Jahres auch Vorstandsvorsitzender der AGF, die in Deutschland die Einschaltquotenmessung übernimmt.
Denn auch wenn es derzeit schon zahlreiche anerkannte Währungen für die Online-Reichweite gibt – keine davon wird der Nutzung von TV-Inhalten im Web gerecht. Gebraucht wird etwa eine extrem zeitnahe Auswertung. Quartalszahlen wie sie die AGOF-Daten derzeit liefern, sind völlig ungeeignet. Und dann geht es nicht nur um den Klick des Users auf ein Video – sondern um die Frage wie lange er auch das Video und mögliche Unterbrecherwerbungen konsumiert hat. Hier geben bestehende Reichweitenmessungen insbesondere den Werbekunden bislang wenig Informationen.
Wie also löst man das Problem? Darauf kennt auch Dr. Horst Stipp, Senior Vice President Strategic Insights and Innovation bei NBC Universal, keine Antwort. Er gewährte einen Blick auf die veränderte Quotenmessung in den USA. Doch dort lässt sich nur bedingt etwas abschauen für den deutschen Markt. Denn traditionell hinkt die us-amerikanische Reichweitenmessung im TV der deutschen Messung hinterher. Dafür wird dort allerdings deutlich mehr experimentiert – weil die Quoten-Messung auch nicht von den Sendern beauftragt wird, sondern von privaten Unternehmen durchgeführt wird. Zwar hält Nielsen ein Quasi-Monopol, doch gerade in den letzten Jahren gab es immer wieder Versuche alternative Messungen.
Von einer Revolution der Quoten-Messung sind wir in Deutschland allerdings noch weit entfernt. Die Änderungen in der Messweise der AGF, die ab kommender Woche umgesetzt werden, sind von eher dezenter Wirkung. Hintergrund ist eben die nicht so dominante, zeitversetzte TV-Nutzung wie in den USA und die Tatsache, dass die Internetnutzung noch nicht mit einbezogen wird. Spannend wird auch nochdie Frage, mit wie großem Interesse die AGF zum Beispiel wirklich an einer genaueren Messung gerade kleiner Fernsehsender interessiert ist. In den USA wurde dafür extra die Anzahl der Test-Haushalte ausgebaut, damit auch kleine Quoten besser erfasst werden können. Das hilft den großen Sendern natürlich nicht unbedingt – und die beauftragen und kontrollieren in Deutschland nun einmal die Messung der Einschaltquoten.