Fahrradfahrer haben es schwer in Eupen, der Wahlheimat von Margarethe Schreinemakers. Eine Fahrt durch das kleine Städtchen am Rande der deutsch-belgischen Grenze geht permanent auf und ab - fast so, wie die Karriere der TV-Moderatorin. Ihr Anwesen auf einer Anhöhe am Rande von Eupen war am Dienstag der Schauplatz einer ungewöhnlichen Studiobesichtigung.
 
Wer es am Pförtner und dem Hinweisschild „Bissige Hunde“ vorbei auf das ummauerte Grundstück geschafft hat, wurde durch das doch recht große Anwesen ins oberste Stockwerk ihres Hauses geleitet. Dort hat sich Schreinemakers im wahrsten Sinne des Wortes ein Dachstudio eingerichtet - inklusive nachträglicher Schallisolierung an den Wänden und der wohl einzigen Dachschräge in einem TV-Studio.

Am 25. April geht sie zum ersten Mal live aus diesem Dachstudio auf Sendung - mit „Schreinemakers“ bei Neun TV, dem bislang weitgehend unbekannten und erfolglosen Vorabendprogramm von 9Live, das zuletzt mit nicht mehr messbaren Reichweiten für Schlagzeilen sorgte. Für Margarethe Schreinemakers sind das beste Voraussetzungen: „Bislang wusste glaub ich keiner, was Neun TV ist. Auf dem Sendeplatz auf dem wir sind, gibt es ja momentan keine Zuschauer. Kann also nur besser werden“, scherzt die Moderatorin im Gespräch mit den Journalisten.
 
Foto: 9Live
 
 
Genau das erhofft sich natürlich auch 9Live-Geschäftsführer Marcus Wolter und Hans Fink, ProSiebenSat.1-Allzweckwaffe und derzeit u.a. auch Leiter Business Development und Marketing der neuen Sendermarke Neun TV. Der Vorabend von 9Live bekommt mit Schreinemakers ein Gesicht, freut sich Fink im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. Und bei Erfolg sei ein Ausbau denkbar. Die neue Moderatorin im Team des Senders sei definitiv ein Zugpferd für die PR der neuen Sendermarke. „Schreinemakers ist eine Marke für uns“, sagt auch 9Live-Geschäftsführer Marcus Wolter. Entscheidend für den Erfolg der Sendung sei, so Hans Fink, das schnelle Wachstum der Online-Community zur Sendung. Die ist für den Erfolg des Projekts mindestens genauso wichtig.

Das neue Projekt von Margarethe Schreinemakers ist eine Mischung aus TV-Sendung und Internet-Plattform, bei denen sowohl Schreinemakers als auch 9Live vor der großen Herausforderung stehen, möglichst schnell viele Nutzer dafür zu begeistern. Sie sollen mit ihren Videobeiträgen und Telefonanrufen - auch zwischen den TV-Sendungen - Themen für die wöchentlichen Live-Shows anregen. Gelingt der Aufbau einer großen Community nicht, fällt das Konzept in sich zusammen. Denn: Alles was Schreinemakers mit Begeisterung vorträgt, ist nicht neu oder innovativ. Videos hochladen, Freunde treffen, Kontakte knüpfen - für all diese Aufgaben gibt es im Web längst etablierte Portale.

Ob man die also mit einem nicht gerade reichweitenstarken Partner wie 9Live schlagen kann? Ganz sicher nicht. Es scheint aber irgendwie auch nicht der Anspruch zu sein. Schreinemakers wirkt beim Ortstermin bei ihr Zuhause als hätte sie ihr Beruf zum Hobby gemacht: Alles kann, nichts muss. Ob sich das Projekt für sie rechnet? Nach eigenem Bekunden bekommt das Team um Schreinemakers nur eine kleine Summe von 9Live. „Eine Sendestunde von uns kostet soviel wie eine Minute ‚Deutschland sucht den Superstar‘„ sagt Schreinemakers und versichert: „Machen Sie sich um mich keine Sorgen.“
 
Foto: 9Live
 
 
Andere Frauen gingen shoppen, sie habe sich ein Studio gebaut und sich Arbeit gekauft. Später sagt sie bei der Pressekonferenz im Ministerium der deutschsprachigen Gemeinschaft im Ortskern von Eupen, auf dem Podium neben 9Live-Chef Wolter sitzend: „Herr Wolter und ich sind die zwei entspanntesten Menschen im deutschen Fernsehen“. 9Live finanziert die einstündige wöchentliche Live-Sendung durch TV-Spots in den Werbepausen. Diese Kostenseite scheint gedeckt. Und wie sieht es mit dem Internet-Portal aus, das Schreinemakers unabhängig von 9Live betreiben will? „Es wäre völlig falsch anzunehmen, dass man damit sofort Geld verdient“, sagt die selbstgebackene Start-Up-Unternehmerin.

Ihr selbst erdachtes TV-Format sollte schon im Jahr 2000 auf Sendung gehen. Damals bei RTL II. Doch aus der Sendung mit dem Titel „www.schreinemakers.de“ wurde nichts. „Obwohl ich schon einen Sendeplatz hatte“, so die Moderatorin. Doch der Zusammenbruch der New Economy habe einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Deutsche Telekom als Partner sprang ab. Diesmal setzt Schreinemakers auf kleinere Partner wie die Hamburger Videoplattform Yur.TV. Entgegen den üblichen Gewinnspielen bei 9Live kostet ein Anruf bei „Schreinemakers“ ob während der Sendung oder unabhängig davon im „Telefon-Chathouse“ 14 Cent pro Minute.

Das Umfeld ihrer Sendung, die nicht gerade unumstrittenen Telefon-Gewinnspiele von 9Live, stört sie nicht. Auch andere Sender würden Gewinnspiele veranstalten, bei denen sie sich manchmal an den Kopf packt. Näher geht Schreinemakers darauf nicht ein. Lieber erzählt sie bei der Studioführung durch das Dachgeschoss ihres Hauses von einer „ganz neuen Fernsehlandschaft“. Sie will damit keine Revolution ausrufen. Es ist viel mehr die neue Lust an einem alten Medium, in dem Schreinemakers zuletzt weniger Erfolg hatte. Der Nachmittagstalk im Ersten scheiterte und „Big Diet“ bei RTL II haben inzwischen wohl alle damals Beteiligten erfolgreich verdrängt.
 
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Wer Schreinemakers kennt, weiß, dass sie sich ungern kurz fasst. So beantwortete sie in ihrem mit Journalisten überfüllten Büro mit Engelsgeduld jede Frage, ohne am Ende jedoch einige entscheidende Antworten gegeben zu haben. Wie die Fernsehsendung jetzt genau ablaufe, bleibt noch ein Geheimnis. Wie und wann sich das Projekt finanzieren soll, ebenso. Dafür gab es Anekdoten. Zum Beispiel, wie sie künftig Gäste für ihre Show nach Belgien locken will - mit einem selbstgekochten Abendessen. „Ich zahle in Naturalien“, sagt sie und lacht.

Auf ein Abendessen mit Frau Schreinemakers musste die Presse verzichten. Stattdessen gab es beim zweiten Teil des Termins, der eigentlichen Pressekonferenz im Ministerium der deutschsprachigen Gemeinschaft im Ortskern von Eupen, belegte Brötchen. Hintereinander fuhr die ortsfremde, angereiste Presse von Schreinemakers Anwesen dort hin. Deutsche Presse auf Tagesausflug. Ein Blick in den Rückspiegel auf die Auto-Kolonne vermittelte das Gefühl, hier gehe es um die nächste große Samstagabendshow. Was für ein Aufwand, was für ein Auflauf für so eine kleine Show. Der Name Schreinemakers zieht also noch immer. Das ist die vielleicht grundlegendste Erkenntnis des Tages.