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Als Sender der „zweiten Generation“, wie die Branche die kleineren Anbieter neben den derzeit großen Platzhirschen gerne nennt, ist bei RTL II Unterhaltung der Programminhalt. Nicht selten welche, über die man sich in den vergangenen fünfzehn Jahren auch unterhalten hat. Sendungen wie das Erotik-Magazin „peep!“, das bereits 1995 auf Sendung ging und dessen Moderation ein Jahr später Verona Feldbusch, heute Pooth, übernahm, gehört mit Sicherheit dazu.
Auch seit seinem Sendestart im Jahr 2000 füllt das Erfolgsformat „Big Brother“ regelmäßig die Feuilletons. Der Schrei der Entrüstung, der noch vor der ersten Staffel eine hitzige Debatte auslöste, ist jedoch inzwischen verstummt. Doch die Lust am Grenzgang scheint dem Sender nicht vergangen zu sein. Mit „Nichts als die Wahrheit“ entblößen Game-Show-Kandidaten geplant, gewollt und im Beisein ihrer Liebsten ihr Innerstes. Erklärtes Ziel zur achten „Big Brother“-Staffel war es, nach einer fast schon kuscheligen siebten Staffel, wieder Neid und Missgunst in die Show zu bringen.
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Waren es in früheren Jahren die Brust-und Bier-Reportagen, die RTL II sein Schmuddel-Image beschert haben, so waren es in den vergangenen Monaten dokumentarische Reihen wie „Das Experiment - 30 Tage Moslem“ und „Willkommen in der Nachbarschaft“, mit denen der Sender polarisierte, aber auch Jurys überzeugte. „Das Experiment“ erhielt den Deutschen und den Europäischen Civis, „Willkommen in der Nachbarschaft“ steht in diesem Jahr auf der Nominierungsliste der Goldenen Rose von Luzern. Doch das sind nicht die ersten Auszeichnungen. Bereits 1996 gab es sogar den Adolf Grimme Preis in Gold für ein von RTL II produziertes Programm. Der Götz George-Film "Der Sandmann" aus der Reihe „Junge Wilde“ wurde prämiert.
Man kann viel gegen RTL II sagen. Das haben viele schon getan. Doch nicht immer wurde dabei das rechte Maß behalten. So soll Baden-Württembergs Ministerpräsident in Zusammenhang mit RTL II auch den Begriff „Scheiß-Privatsender“ verwendet haben. Man kann bei so mancher Sendung, die in den vergangenen fünfzehn Jahren bei RTL II lief, sicher eine ganze Menge an Tiefgang vermissen. Doch wo genau im Rundfunkstaatsvertrag wird Tiefgang geregelt?
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So beliebt, das Wolfgang Thaenert, Chef der RTL II lizenzierenden Landesmedienanstalt in Hessen in einer Festschrift zum Sender-Geburtstag keinen Vorwurf machen will, sondern diplomatisch fragt: „Welche Alternative würde dieser Zielgruppe ohne RTL II geboten?“.
Jugendkultur wird bei RTL II recht groß geschrieben. Da dort allerdings der Mainstream gefeiert wird, tut sich mancher schwer mit dem Begriff Kultur. Mit „The Dome“ feiert die Zielgruppe seit 1997 frenetisch ihre Chartstürmer auf großer Bühne, bereits 1993 startete mit „Bravo TV“ der Fernsehableger des Fachblattes für Pop-Prominenz und sexuelle Aufklärung. Noch lange bevor der Casting-Boom mit „DSDS“ so richtig losging, zeigte RTL II bereits im Jahr 2000 „Popstars - Du bist mein Traum“ und bescherte der Menscheit damit die Band „No Angels“.
Es ist in Deutschland mit seinen zahlreichen Sendern recht einfach: Wem die Programmfarbe nicht passt, der schaltet nicht ein. Allerdings hätte man damit bei RTL II nicht nur fragwürdige Sendungen wie „Die Redaktion“ mit Joachim Steinhöfel oder Claudia Schiffers Interviewsendung „Cose up“ verpasst, sondern auch so manche hervorragende US-Serie - von Oliver Stones „Wild Palms“ über Steven Spielbergs „Band of Brothers“ bis hin zu „24“, „Rom“ und „Heroes“.
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In München knallen an diesem Donnerstag sicherlich die Korken. Auch im Programm feiert man mit einer eigenen Show, in der man die ersten fünfzehn Jahre noch einmal Revue passieren lässt. Man darf gespannt sein, welche Programmperlen der vergangenen Jahre dort noch einmal zur Aufführung kommen - und welche man dezent verschweigt.