Foto: PhotocaseAn diesem Donnerstag sind es fünfzehn Jahre, in denen der Sender RTL II laut eigenen Aussagen „einfach Spaß“ machen will. Darin steckt zweierlei. Da wäre zunächst der Spaß. RTL II ist ein Unterhaltungssender - und das seit seiner ersten Sendestunde, als am 6. März 1993 der Spielfilm „Ein reizender Fratz“ mit Walther Matthau gezeigt wurde. Rund 40 Mitarbeiter arbeiten zum Sendestart bei RTL II und brachten Sendungen wie „Action News“ und die „World Wrestling Federation“ auf den Bildschirm.

Als Sender der „zweiten Generation“, wie die Branche die kleineren Anbieter neben den derzeit großen Platzhirschen gerne nennt, ist bei RTL II Unterhaltung der Programminhalt. Nicht selten welche, über die man sich in den vergangenen fünfzehn Jahren auch unterhalten hat. Sendungen wie das Erotik-Magazin „peep!“, das bereits 1995 auf Sendung ging und dessen Moderation ein Jahr später Verona Feldbusch, heute Pooth, übernahm, gehört mit Sicherheit dazu.
 


Auch seit seinem Sendestart im Jahr 2000 füllt das Erfolgsformat „Big Brother“ regelmäßig die Feuilletons. Der Schrei der Entrüstung, der noch vor der ersten Staffel eine hitzige Debatte auslöste, ist jedoch inzwischen verstummt. Doch die Lust am Grenzgang scheint dem Sender nicht vergangen zu sein. Mit „Nichts als die Wahrheit“ entblößen Game-Show-Kandidaten geplant, gewollt und im Beisein ihrer Liebsten ihr Innerstes. Erklärtes Ziel zur achten „Big Brother“-Staffel war es, nach einer fast schon kuscheligen siebten Staffel, wieder Neid und Missgunst in die Show zu bringen.

Grafik: DWDL.de; Logo: EndemolWas den Sender erfolgreich macht, ist gleichzeitig das, was ihm seine Kritiker vorwerfen: Statt intellektuellem Vergnügen steckt in „einfach Spaß“ auch „einfach“ - und das kann dann auch schon mal eine Auszieh-Gameshow namens „Strip“ sein, die von Ballermann-König Jürgen Drews im Jahr 1999 moderiert wurde. Überhaupt war es RTL II, das den Ballermann mit zahlreichen Reportagen der Reihe „exklusiv“ so bekannt gemacht hat. Doch diese Zeiten sind vorbei. Geblieben ist die Lust, in Richtung von Grenzgang und Instinkten zu unterhalten.

Waren es in früheren Jahren die Brust-und Bier-Reportagen, die RTL II sein Schmuddel-Image beschert haben, so waren es in den vergangenen Monaten dokumentarische Reihen wie „Das Experiment - 30 Tage Moslem“ und „Willkommen in der Nachbarschaft“, mit denen der Sender polarisierte, aber auch Jurys überzeugte. „Das Experiment“ erhielt den Deutschen und den Europäischen Civis, „Willkommen in der Nachbarschaft“ steht in diesem Jahr auf der Nominierungsliste der Goldenen Rose von Luzern. Doch das sind nicht die ersten Auszeichnungen. Bereits 1996 gab es sogar den Adolf Grimme Preis in Gold für ein von RTL II produziertes Programm. Der Götz George-Film "Der Sandmann" aus der Reihe „Junge Wilde“ wurde prämiert.

Man kann viel gegen RTL II sagen. Das haben viele schon getan. Doch nicht immer wurde dabei das rechte Maß behalten. So soll Baden-Württembergs Ministerpräsident in Zusammenhang mit RTL II auch den Begriff „Scheiß-Privatsender“ verwendet haben. Man kann bei so mancher Sendung, die in den vergangenen fünfzehn Jahren bei RTL II lief, sicher eine ganze Menge an Tiefgang vermissen. Doch wo genau im Rundfunkstaatsvertrag wird Tiefgang geregelt?

Foto: RTL IISo sieht es wohl auch Jürgen Ohls, Chefredakteur von RTL II, der die oft gescholtenen Nachrichten des Senders verantwortet. Zu wenig Politik, zu viel Britney Spears lautet der Vorwurf an die Sendung. Bei den RTL II-Nachrichten sieht man die Interessen der Zuschauer als wichtiges Nachrichten-Kriterium an. „Viele junge Menschen interessieren sich nicht für Politik. Das mögen manche Fernsehkritiker absurd finden. Aber davon wird‘s nicht besser“, sagt Ohls. „Wenig Politik ist schließlich besser, als keine Politik“, lautet seine Überzeugung und er fährt damit gut: In der jungen Zielgruppe sind seine Nachrichten äußerst beliebt.

So beliebt, das Wolfgang Thaenert, Chef der RTL II lizenzierenden Landesmedienanstalt in Hessen in einer Festschrift zum Sender-Geburtstag keinen Vorwurf machen will, sondern diplomatisch fragt: „Welche Alternative würde dieser Zielgruppe ohne RTL II geboten?“.

Jugendkultur wird bei RTL II recht groß geschrieben. Da dort allerdings der Mainstream gefeiert wird, tut sich mancher schwer mit dem Begriff Kultur. Mit „The Dome“ feiert die Zielgruppe seit 1997 frenetisch ihre Chartstürmer auf großer Bühne, bereits 1993 startete mit „Bravo TV“ der Fernsehableger des Fachblattes für Pop-Prominenz und sexuelle Aufklärung. Noch lange bevor der Casting-Boom mit „DSDS“ so richtig losging, zeigte RTL II bereits im Jahr 2000 „Popstars - Du bist mein Traum“ und bescherte der Menscheit damit die Band „No Angels“.

Es ist in Deutschland mit seinen zahlreichen Sendern recht einfach: Wem die Programmfarbe nicht passt, der schaltet nicht ein. Allerdings hätte man damit bei RTL II nicht nur fragwürdige Sendungen wie „Die Redaktion“ mit Joachim Steinhöfel oder Claudia Schiffers Interviewsendung „Cose up“ verpasst, sondern auch so manche hervorragende US-Serie - von Oliver Stones „Wild Palms“ über Steven Spielbergs „Band of Brothers“ bis hin zu „24“, „Rom“ und „Heroes“.

Logo: El Cartel MediaRTL II geht seit jeher eigene Wege. Auch wenn es den Namen der größten Deutschen Fernsehfamilie trägt, so gehört er nur bedingt dazu. Zu weiteren großen Gesellschafter gehören der Bauer Verlag und die Tele München Gruppe. Seit 2003 vermarktet sich der Sender zudem selbst und gründete dafür das Unernehmen El Cartel Media. Als „kleines Schnellboot zwischen großen Supertankern“ bezeichnet Mit-Gesellschafter Heinz Bauer den Sender in einer Landschaft, in der sich zwei große Sender-Familien gegenüberstehen. Von der derzeitigen Verunsicherung im Werbemarkt durch die Probleme von RTL und ProSiebenSat.1 dürfte RTL II klar profitieren.

In München knallen an diesem Donnerstag sicherlich die Korken. Auch im Programm feiert man mit einer eigenen Show, in der man die ersten fünfzehn Jahre noch einmal Revue passieren lässt. Man darf gespannt sein, welche Programmperlen der vergangenen Jahre dort noch einmal zur Aufführung kommen - und welche man dezent verschweigt.