
Neu erfinden kann man das Genre nicht – schließlich hat die Sendung es begründet. Man versucht auch gar nicht erst, dem Format einen allzu neuen Dreh zu geben: In der Presse-Mappe zu Sendung verkündet Borris Brandt, Chef von Produzent Endemol Deutschland: „Aber vor allem das Wichtigste ist neu: die Kandidaten!“.
Viel mehr wird es in der Tat wohl nicht werden, womit man in der kommenden Staffel punkten will - sieht man von einzelnen Details ab, mit denen Matches, Wochenaufgaben und Wohnbereich gegenüber dem bisher Dagewesenen wohl variiert werden.
Stolz führen Sender und Produzent am Freitag in Ossendorf durch das neue Haus, das liebevoll dekoriert wurde: Der Schlafsaal der Armen erinnert an die Räumlickeiten der Rechtsmedizin - mit einem als Seziertisch gestalteten Schlafplatz, Wandschränke, die an Kühlfächer erinnern und Gruselutensilien in Einmachgläsern auf dem Sims. Den Sanitär-Räumen der Armen wurde in mühevoller Kleinarbeit der Charme eines verrotteten Gefängnisses verpasst und selbst das Aquarium mit dem Solitärfisch, das genau auf der Grenze zwischen beiden Zonen steht, wurde halb und halb gestaltet. Was den Armen im Haus versagt bleibt, erhalten die Reichen dagegen im Überfluss. Champagner in der Badewanne, High-End-Küche und Kuschel-Lounge. Fast schon langweilig.
Preiswürdige Ausstattung
Sollte es Endemol gelingen, mit der Sendung „Big Brother“ jemals einen Deutschen Fernsehpreis abzustauben, dann wohl am ehesten in diesem Jahr in der Kategorie „Beste Ausstattung“. In der anstehenden Staffel erstreckt sich das Haus über zwei Etagen. Unten wird gewohnt, oben geschlafen. Dafür wurde das Haus auf dem Gelände der MMC in Köln-Ossendorf nun erstmals in einem regulären Fernsehstudio errichtet, statt wie bisher in einer eigens angelegten Wellblech-Baracke „Mit einem Container hat das aber auch gar nichts mehr zu tun“, sagte RTL II-Programmchef Axel Kühn. Da hat er recht. Steht man im Garten und blickt auf die meterhohe Betonfassade des Studios, denkt man nun eher an einen Bunker.
Neu im Haus ist das als Puztraum bezeichnete Zimmer. Derzeit werden dort Reinigungsmittel aufbewahrt. Der nahezu quadratische Raum mit einer Seitenlänge von wenigen Metern wirkt bedrückend. Vor allem durch seine Leere und die schlammig anmutetende Farbgebung, in die der gesamte Armen-Bereich getaucht ist. Hat etwas von einer Arrestzelle. Der Raum biete vielfältige Einsatzmöglichkeiten, sagen die Macher. Vor allem bietet er zusätzliche Spielfläche während der Live-Sendungen.
Nicht mehr "halbnackt" durch's Haus

Beobachtete Beobachter
Gegen Aufpreis könne die Zuschauer auch die achte Staffel 24 Stunden live beim Bezahlsender Premiere verfolgen. Diese Komplettüberwachung der Kandidaten komme nicht nur den Zuschauern zu Gute, sondern auch der Redaktion der Sendung: Verzerrende Darstellungen von Ereignissen im Haus würden dadurch unmöglich erklärte Brandt. Auch wenn die Wahrheit im Haus mit geschickter Schnitt-Montage dehnbar werden könnte: Die rund-um-die-Uhr-Gucker würden es merken und in den entsprechenden Foren Alarm schlagen.

Neid, Missgunst, Streit erwünscht
Angesichts der Mindestlohndebatte und dem Streit um Manager-Gehälter scheint ein weiteres Detail der neuen Sendung nur zu zeitgemäß: Die Wochenaufgaben, in denen Erleichterungen und Belohnungen erspielt werden, lösen in der kommenden Staffel die Reichen. Der Ausgang des Spiels wirkt sich jedoch nicht auf sie aus, sondern trifft - egal wie - lediglich die Armen.
Auch wenn der Bildungsgrad von Kandidaten und Zuschauern steigt, wie immer wieder betont wird; auch wenn Skandale und Sex niemanden interessieren: Arm und Reich ist das neue Motto. Mit Neid, Missgunst und Streit will man dem Zuschauer wieder etwas bieten, erklären die Macher am Freitag. Am Montag geht es los. Die Sendung, für die die Messlatte bei mindestens 6,3 Prozent Marktanteil in der werberelevanten Zielgruppe liegt – dem Senderschnitt von RTL II – , dauert ein halbes Jahr. Dem Sieger winken 250.000 Euro.