Logo: VOXEs ist eine bemerkenswerte Kräfteverschiebung, die sich da derzeit auf dem deutschen Fernsehmarkt vollzieht. Standen sich in den vergangenen Jahren stets zwei in etwa gleich starke große Privatsendergruppen gegenüber, schlägt die Nadel nun deutlicher denn je in Richtung RTL-Gruppe aus. Hauptgrund für den Erfolg ist der anscheinend durch nichts aufzuhaltende Aufstieg von Vox, das auch im Oktober wieder einen neuen Senderrekord aufstellte.

8,7 Prozent betrug der durchschnittliche Marktanteil von Vox im Oktober. Wenn man sich in Erinnerung ruft, dass der Sender erst im August erstmals die 8-Prozent-Marke übersprungen hat, ist das mehr als bemerkenswert. Es war auch erst im März vergangenen Jahres, als Vox erstmals die 7-Prozent-Marke übersprang - und vor September 2004 waren selbst Werte über 6 Prozent für Vox unerreichbar.

Zur Stärke von Vox kommt ein Wiedererstarken von RTL

Im sonst doch eher festgefahrenen deutschen Fernsehmarkt kommt dieser kontinuierliche Anstieg der Vox-Quoten fast einem Erdrutsch gleich - und die Dynamik der Aufwärtsbewegung scheint sogar noch zuzunehmen. Das Gerede vom Aufstieg in die erste Liga könnte sich in nicht allzu ferner Zukunft vielleicht als gar nicht so absurd herausstellen, wie es zuerst den Anschein hatte. Beim Gesamtpublikum etwa liegt Vox derzeit gerade mal noch 0,2 Prozentpunkte hinter ProSieben. Und Vox hat längst mehr Quotenhits zu bieten als die US-Serien, mit denen der Sender groß wurde. Auch Dokusoaps, der Film-Donnerstag und natürlich die Koch-Sendungen tragen inzwischen zum breiten Quotenaufschwung bei Vox bei.

Für die deutlich spürbare Kräfteverschiebung ist aber noch ein weitere Aspekt verantwortlich: Ging der Aufstieg von Vox in den vergangenen Jahren mit einem fast kontinuierlichen Abbröckeln der Quoten beim Marktführer RTL einher, so präsentiert sich dieser in diesen Monaten ebenfalls so stark wie schon lange nicht mehr. 16,8 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe holte RTL im Oktober im Schnitt, das war so viel wie seit November 2004 nicht mehr. Der wiedererstarkte Vorabend und eine annähernd lupenreine Weste in der Primetime lassen den Sender momentan im Höhenflug schweben - und Frau Schäferkordt die Krise am Nachmittag und am Wochenende sicher leichter verkraften. Im Vergleich zum Oktober 2006 legten Vox und RTL gemeinsam um 2,4 Prozentpunkte zu. Und auch RTL II, woran RTL zumindest beteiligt ist, konnte mit 0,2 Prozentpunkten auf 6,1 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe zumindest einen leichten Zuwachs verzeichnen.


Foto: ProSiebenSAT.1Sat.1 und ProSieben: Beide unter Plan 

Und bei der privaten Konkurrenz? Dort türmen sich weiterhin die Probleme zu einem großen Berg auf. ProSieben produzierte in der noch jungen TV-Saison bereits eine beachtliche Liste an Flops, von "Survivor" bis "Promi-Pilgern". Dennoch legte ProSieben immerhin im Vergleich zum September wieder leicht auf 11,7 Prozent Marktanteil zu - doch ein Jahr zuvor lag der Sender eben noch bei 13,2 Prozent. Davon, dass selbst der stärkere der beiden großen ProSiebenSat.1-Sender die von Guillaume de Posch ausgegebene Zielmarke von zwölf Prozent Marktanteil in der Zielgruppe klar unterschreitet, mal gar nicht zu reden.

Für Sat.1 ist und bleibt dieses Jahr weiter ein ganz dunkles Kapitel. Der neue Vorabend ist ein genauso großer Trümmerhaufen wie der Alte - weder "Sat.1 - Das Magazin" kann bislang überzeugen, noch die neue Dokusoap "Verdammt lange her - Das Wiedersehen". Die Begründung, man müsse eben erst neue Formate entwickeln, ehe man durchstarten kann, beginnt zudem mehr und mehr nach schaler Ausrede zu klingen. Zu lange dauert die Talfahrt inzwischen an - und auch der neue Chef Matthias Alberti ist nach über zehn Monaten Amtszeit gar nicht mehr so neu und war zudem auch vorher bereits in verantwortlicher Position.

Stagnation weit unter den eigenen Ansprüchen 

Ein Lichtblick ist für Sat.1 weiter nicht in Sicht, stattdessen herrscht Stagnation mitten im Nirgendwo. 10,7 Prozent beträgt der Marktanteil in der Zielgruppe schon vier Monate in Folge, 13 Monate lang schaffte es der Berliner Sender bereits nicht, wenigstens die 11-Prozent-Marke zu knacken - und selbst das wäre eigentlich noch zu wenig. Ohne eine Lösung des Vorabendproblems dürfte das auch in den nächsten Monaten nur schwer möglich sein, auch wenn in den kommenden Tagen wieder einige neue Formate, oder neue Staffeln starten, die wenigstens in der Primetime etwas Entlastung bringen sollen. Traurig, dass ausgerechnet der Nachmittag derzeit das Prunkstück des Senders ist: Dort befinden sich die Gerichtsshows im Höhenflug - weil RTL seine eigenen abgesetzt hat. Noch hat RTL kein neues Rezept für seinen Nachmittag gefunden, doch sollte das gelingen, könnte schnell Sat.1 auch hier als Verlierer dastehen.

Sat.1 und ProSieben zusammen lagen im Oktober 2007 1,7 Prozentpunkte unter dem Wert des Vorjahresmonats, größere Verluste gab es nicht, weil die Krise bei Sat.1 auch im vergangenen Oktober schon voll zugeschlagen hatte. Nicht so schlecht sieht es immerhin bei der kleinen Schwester kabel eins aus - doch auch wenn Guido Bolten mit 5,6 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe durchaus im grünen Bereich liegt: ProSiebenSat.1 muss sich eingestehen, auch in Reihe 2 etwas den Anschluss verloren zu haben. Nicht nur Vox ist in andere Sphären entschwebt, auch RTL II liegt mit 6,1 Prozent Marktanteil immerhin einen halben Prozentpunkt vor kabel eins.

Logos: Das Erste / ZDFARD und ZDF: Das schlechteste Jahr der Geschichte? 

Während sich die RTL-Sender also als große Gewinner fühlen dürfen und ProSiebenSat.1 Wege aus der Krise suchen muss, präsentiert sich die öffentlich-rechtliche Konkurrenz recht unbeeindruckt von dem Ganzen. Das Erste behauptete seine Marktführerschaft beim Gesamtpublikum mit 13,3 Prozent Marktanteil, was ein kleiner Verlust von 0,2 Prozentpunkt gegenüber dem Vorjahresmonat war. Das ZDF legte um 0,3 Prozentpunkte zu, kam aber nur auf 12,8 Prozent Markanteil. Deutlicher fielen die Verluste für Das Erste beim jungen Publikum aus: Bei den 14- bis 49-Jährigen ging es um 0,6 Prozentpunkte auf 7,3 Prozent Marktanteil hinunter. Das ZDF legte im Jahresvergleich leicht zu, kam aber dennoch nur auf eigentlich bedrückende 6,7 Prozent. Die relativ stabil anmutenden Zahlen sollen dann auch über eines nicht hinwegtäuschen: Sowohl beim Gesamtpublikum als auch bei den 14- bis 49-Jährigen rasen ARD und ZDF im Schnitt 2007 auf das schlechteste Jahresergebnis aller Zeiten zu.

Zum Schluss noch die Monatsmarktanteile im Überblick: Marktführer beim Gesamtpublikum war Das Erste (13,4 Prozent) vor RTL (12,9 Prozent), dem ZDF (12,8 Prozent), Sat.1 (9,9 Prozent), ProSieben (6,4 Prozent), Vox (6,2 Prozent), RTL II (3,8 Prozent) und kabel eins (3,6 Prozent). In der werberelevanten Zielgruppe lag wie immer RTL (16,8 Prozent) vorn, gefolgt von ProSieben (11,7 Prozent), Sat.1 (10,7 Prozent), Vox (8,7 Prozent), Das Erste (7,3 Prozent), ZDF (6,7 Prozent), RTL II (6,1 Prozent) und kabel eins (5,6 Prozent).