WTF happened to Khesrau Behroz? Der Journalist, der mit Podcasts über Ken Jebsen, den Drachenlord oder auch Mesut Özil bekannt wurde und der zuletzt auch deshalb in den Schlagzeilen war, weil er in dem Podcast "Legion" die RAF-Terroristin Daniela Klette ausfindig machte, bevor sie von der Polizei festgenommen wurde, macht neuerdings auch in Bewegtbild. Seit dem 4. März steht seine Doku "Crunch" in der ARD-Mediathek zum Abruf bereit.
Für Behroz und seine noch junge Produktionsfirma Undone, die er zusammen mit seinem Kompagnon Patrick Stegemann gegründet hat, ist es das erste große TV-Projekt. "Dass wir unsere Sensoren von Audio hin zum Audiovisuellen ausweiten, fühlt sich wie eine logische Weiterentwicklung an", sagt der Journalist im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. Man habe ohnehin verstärkt in den dokumentarisch-journalistischen Filmbereich gehen wollen.
Mit "Crunch" hat man nun eine rund 75-minütige Doku produziert, die hinter die Kulissen der Gaming-Branche blickt. Der Titel des Films wird in der Szene gerne genutzt, um eine Phase von extremer Mehrarbeit, in der Entwicklerinnen und Entwickler über lange Zeiträume hinweg unbezahlte Überstunden machen, zu bezeichnen. Zuletzt gerieten Gaming-Studios und die dort herrschenden Arbeitsbedingungen verstärkt in die Schlagzeilen, große Konzerne entließen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ganze Studios mussten schließen.
Und da knüpfen Khesrau Behroz und sein Team an. Sie lassen Game-Designer und Journalisten zu Wort kommen, sprechen aber auch mit jungen Gründerinnen. Die Protagonisten kommen nicht nur aus Deutschland, sondern unter anderem auch aus Kanada und Frankreich. Apropos: In Frankreich startet im März ein lange erwarteter Missbrauchsprozess gegen das Spieleentwicklungsunternehmen Ubisoft. Hier kommt "Crunch" also genau richtig. Auch, weil man mit Jules einen jungen Mann in der Doku hat, der aus erster Hand von den Arbeitsbedingungen dort erzählt.
"Crunch" fühlt sich wie ein Podcast im TV an
Nachdem sich Khesrau Behroz in der Vergangenheit in seinen Podcasts oft mit Einzelpersonen beschäftigt hat, geht es jetzt also gleich um eine ganze Branche. Wieso? Einerseits, so sagt er gegenüber DWDL.de, sei er früher ein leidenschaftlicher Gamer gewesen und verfolge die Entwicklungen der Branche auch heute noch sehr genau. Aber nicht nur das: "Die Gaming-Branche ist größer als die Musik- und Film-Industrie zusammen. Trotzdem ist das im journalistischen Mainstream noch nicht angekommen", sagt er.
"Ich habe Lust auf große Doku-Produktionen, will aber auch künftig in eine andere Richtung schauen."
Khesrau Behroz
Entstanden ist die Doku beinahe zufällig. Mit dem SWR habe man sich schon länger in Gesprächen befunden - und eigentlich über einen Podcast geredet. Weil Videospiele aber ein sehr visuelles Medium sind, ist man dann aber irgendwann vor der Frage gestanden, wieso man daraus nicht einfach eine Doku macht. Mit dem ohnehin gefassten Plan, mit Undone mehr in Richtung Bewegtbild zu gehen, war es dann keine sonderlich schwierige Entscheidung mehr.
Die Machart von "Crunch" ist derweil sehr aufschlussreich. Wer die Doku sieht und zuvor auch schon einmal einen Podcast von Khesrau Behroz gehört hat, wird die Ähnlichkeiten sofort sehen. Wie in seinen Podcasts führt Behroz auch in der TV-Doku als Host durch das Geschehen. Er spricht das Publikum direkt an und erzählt auch hin und wieder Persönliches - etwa was Gaming für ihn bedeutet. Passend dazu hat auch Behroz’ Vater einen kurzen Gastauftritt. Er war es, der seinem elfjährigen Sohn einst ein eigentlich ausverkauftes Zelda-Spiel für die N64 besorgte.

"Für uns war von Anfang an klar, dass wir eine etwas andere Doku machen wollen", sagt Khesrau Behroz gegenüber DWDL.de. "Ich bin Gastgeber und will eine gewisse Nähe zu den Zuschauerinnen und Zuschauern aufbauen." Dennoch sei ihm und seinem Team auch eine klare Trennung wichtig gewesen. "Hier der Host, der die Fäden zusammenhält. Und dort die Szenen, die wir dokumentarisch erzählen." In den dokumentarischen Szenen ist er als Host höchstens zu hören, die Protagonistinnen und Protagonisten und ihre Geschichten sollten so einen möglichst großen Raum erhalten. So hält man es auch in den Podcasts. Aber natürlich konnte man nicht alle Erfahrungen, die man mit den Podcasts gesammelt hatte, auf das Medium TV übertragen. So habe man sich mit den Kolleginnen und Kollegen des SWR immer wieder ausgetauscht, unter anderem als es darum ging, wie man die Zuschauer am besten bei der Stange halten könnte.
Für Behroz, Stegemann und das gesamte, neunköpfige Undone-Team ist "Crunch" ein Meilenstein. Und es soll längst kein einmaliger Ausflug in den Bereich Bewegtbild gewesen sein. "Wir gehen weiter in diese Richtung, entwickeln neue Ideen und befinden uns auch schon in Gesprächen mit verschiedenen Partnern", sagt Behroz und betont: "Ja, wir wollen noch mehr Filme machen." Gleichzeitig sei es wichtig, als kleines Unternehmen nicht zu überdrehen. "Im Idealfall gibt es ein bis zwei Projekte, auf die wir richtig Lust haben."
Offen für Fiction-Projekte
Aber wie viel Recherche und Präsentation von verschiedenen Formaten kann Khesrau Behroz in Zukunft überhaupt noch machen, wenn er gleichzeitig ein expandierendes Unternehmen managen muss? "Das ist ein Trugschluss. Ich habe generell nie alles alleine gemacht, es war und ist immer Teamarbeit", sagt er im Gespräch mit DWDL.de und verweist unter anderem auf Mariska Lief, die als Regisseurin bei "Crunch" unter anderem viel und lange mit allen Interviewpartnern gesprochen hat, um sie von einer Teilnahme an der Doku zu überzeugen.
In der Zukunft könnte es von Khesrau Behroz dann auch solche Inhalte geben, die nicht mehr im investigativ-dokumentarischen angesiedelt sind. "Ich habe Lust auf große Doku-Produktionen, will aber auch künftig in eine andere Richtung schauen", sagt er im DWDL.de-Gespräch und präzisiert: "Ich bin auch an fiktionalen Stoffen interessiert." Die Fiktion reize ihn auch deshalb, weil seine bisherige Arbeit oft von Filmen oder Serien inspiriert sei, die er gesehen habe. "Journalismus und Unterhaltung schließen sich nicht aus", so der Journalist. Konkrete Projekte gibt es noch nicht - und auch das unternehmerische Konstrukt bei möglichen Fiction-Produktionen ist offen. Klar scheint: Von Khesrau Behroz und Undone wird man in Zukunft noch mehr hören und sehen - so oder so. Das kann inzwischen eigentlich niemanden mehr überraschen.