Auf einem Event wie der MIP London ist es naheliegend, dass Internationale Partnerschaften als Chance gesehen werden, wie es auch Nathalie Wogue, SVP of Global Formats bei Fox Entertainment, zum Auftakt der Messe beim Panel zum non-fiktionalen Formatmarkt formuliert. Sie suche explizit den Austausch mit europäischen Partnern, um Formate gemeinsam zu entwickeln und koproduzieren zu können für einen weltweiten Launch. Eine Perspektive mit Einschränkung, wie Jin Woo Hwang, Präsident und Executive Producer des südkoreanischen Studios Something Special, beim Auftakt-Panel der MIP London betont. Wichtig sei - bei der Entwicklung neuer Formate aber auch Koproduktionen - immer das lokale Publikum zu verstehen.
Und Märkte können sehr unterschiedlich und speziell sein, etwa Südkorea. Viele Spielmechaniken bzw. schräge Formate funktionieren in Asien bekanntlich eher über Ideen, die mitunter banal sind als über enormen Production Value. Doch was einst belächelt wurde, ist inzwischen aus zwei Gründen attraktiv geworden im internationalen Markt: Einerseits weil die Finanzierung neuer Ideen in risikoaversen Zeiten schwierig bleibt bzw. immer schwieriger wird. Und weil Plattformen wie TikTok, YouTube Shorts oder Instagram Reels nicht mehr reduziert werden auf ein Marketing-Tool sondern selbst Umsatzbringer sein können. Dafür braucht es aber originäre Ideen und Formate, keine Abfallprodukte. Das mahnt auch Niklas Vestberg, Head of Formats & Development beim schwedischen Privatsender TV4 an.
Gefragt ist also Snackable Content, aber Version 2.0. Formatkataloge asiatischer Distributoren könnten vor diesem Hintergrund nach dem Erfolg von „The Masked Singer“ nochmals neu durchforstet werden, diesmal nicht für die Primetime sondern Plattformen, die (endlich) ernst genommen werden. Das spürt man an diesem ersten Tag der MIP London, an dem sich dann auch YouTube sehr prominent als Plattform-Partner für Sender und SVoD-Streamer präsentiert. Es ist eine der weniger verbrauchten Erkenntnisse. Denn Uniqueness, um aus der Masse herauszustechen, ist zwar keine falsche aber eben auch keine neue Stoßrichtung. Bemerkenswerter sind je nach TV-Markt unterschiedliche Genre-Prioritäten.
Auf der Suche nach neuen Formatideen liegt für Julien Degroote, EVP Content Development beim französischen TF1, der Fokus derzeit bei einer Renaissance von klassischem Entertainment, Quiz- und Gameshows aber auch Shiny Floor Talent Shows. Niklas Vestberg von TV4 in Schweden hingegen, sieht den Fokus weiterhin deutlich mehr auf dem Trend-Genre der vergangenen Jahre: Reality, Reality, Reality. Egal ob nun Dating, Strategy oder Adventure. In Entertainment mit Comedy-Elemente a la „Taskmaster“ sieht er allerdings ebenso Potential.
Bei der Formatpflege schaut die Branche im März gespannt nach Schweden: „Dancing with the Stars“ (bei uns als „Let’s Dance“ bekannt) kehrt nach einer Pause zurück - und laut Niklas Vestberg komplett überarbeitet. Neues Set, neuer Sound, neue Elemente. Von einem Reboot des Formats spricht Niklas Vestberg. Wie viel Veränderung ein erprobtes Format mit eigentlich strengen Vorgaben des Lizenzgebers erlaubt und verträgt? Auf die Antwort sind viele gespannt. Es sei ein Risiko, räumt Vestberg ein, aber glaubt auch: Darüber würden sicherlich andere Märkte auch schon nachdenken.
Bei TF1 will man mit Gamification an bestehenden Formaten arbeiten. Julien Degroote sieht darin eine Dreifach-Chance: Es bringe Spaß, erhöhe den Co-Viewing-Effekt und involviere das Publikum stärker. Er betont: Solche Elemente müssten sich nicht auf das naheliegende Genre der Quizshows beschränken sondern in verschiedenen Formate integriert werden, um das Publikum häufiger aktiver einzubinden. Das große Comeback des schon unzählige Male probierten interaktiven Fernsehens? Wie gesagt: Nicht alles, was die Branche in diesen Tagen beschäftigt ist neu. Das betrifft Themen scheinbar ebenso wie diskutierte Lösungsansätze.
Einigkeit herrscht hingegen beim Mehrwert internationaler Zusammenarbeit, eines der Themen mit dem sich die erstmals stattfindende MIP London gegenüber den parallel stattfindenden London Screenings offensichtlich profilieren will. Ganz bewusst daher auch ein Auftakt-Panel ganz ohne britische Stimme, dafür die Bühne für alles darüber hinaus. Fünf Argumente für mehr Zusammenarbeit ließen sich am ersten Tag der MIP London über diverse Veranstaltungen hinweg festhalten: Mehr Kreativ-Power durch Kollaboration, Absicherung finanzieller Risiken, Sparpotentiale durch effizienteren Zugriff auf Talents oder Locations, die Erschließung neuer Märkte und das bessere Nutzen von vorhandenen Kenntnissen lokaler Besonderheiten.