Es war die Art von Weihnachtsgeschenk, die man in Köln nicht haben wollte: Kurz vor den Feiertagen machte das Bundeskartellamt dem Vorhaben der Ad Alliance, künftig auch RTLzwei zu vermarkten, einen Strich durch die Rechnung. RTL-CEO Stephan Schmitter ließ verschnupft mitteilen, dass man für diese Entscheidung "kein Verständnis" habe. Auch RTLzwei - und vor allem seine Gesellschafter (darunter die RTL Group) - hätte den Wechsel gerne vollzogen. Jubel herrschte nur bei El Cartel Media: Der Vermarkter bleibt bestehen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben auf absehbare Zeit einen Job. 

Und trotz der Entscheidung war es für den alten und neuen RTLzwei-Vermarkter keine besinnliche Weihnachtszeit, weil sich die Geschäfte im so wichtigen vierten Quartal anders entwickelten als erhofft und gedacht. Ausgerechnet kurz vor Weihnachten habe man eine "extreme Zurückhaltung" gespürt, sagte Geschäftsführer Stephan Karrer am Donnerstag im DWDL.de-Interview. "Der Endspurt fiel aus. Es wurde deutlich: Gelernte Saisonalitäten gelten nicht mehr." Das lineare Fernsehen befinde ich in einem extrem harten Wettbewerb, so Karrer, der trotzdem optimistisch auf 2025 blickt. "Von dem Blues vor Jahreswechsel und der Sorge, dass das erste Quartal furchtbar wird, gibt es keine Spur mehr. Im Gegenteil: Wir sind ausgebucht."

Frank Vogel © RTL / Roland Michels Frank Vogel
Trotz der vom Bundeskartellamt untersagten Zusammenarbeit gibt man sich derweil auch bei der Ad Alliance optimistisch für das neue Jahr. Man sei "positiv gestimmt" und erhoffe sich durch eine neue Bundesregierung "wirtschaftliche Impulse", sagt Ad-Alliance-Geschäftsführer Frank Vogel gegenüber DWDL.de. Er verweist zudem auf einige starke Sendungen, die im Januar anstehen (darunter der Dschungel am heutigen Freitag) sowie auf Partnerschaften wie die Tech-Kooperation mit ProSiebenSat.1. Damit sei man stark aufgestellt, "um Einnahmequellen weiter zu diversifizieren". Vogel: "Die Jahresverhandlungen sind zwar noch nicht abgeschlossen, aber nach jetzigem Stand können wir optimistisch auf das Gesamtjahr schauen." Vogel verweist zudem auf deutlich gestiegene Werbeumsätze auf RTL+ im vergangenen Jahr, insgesamt habe man 2024 "knapp an die TV-Werbeumsätze des Vorjahres anknüpfen" können.

Markus Messerer © ProSiebenSAT.1 Media SE/Amelie Niederbuchner Markus Messerer
Für Markus Messerer wird es sein erstes volles Jahr als Chief Commercial Officer bei ProSiebenSat.1 und Vorsitzender der Geschäftsführung von Seven.One Media. Nach den Querelen 2024 herrscht beim Vermarkter in Unterföhring nun zumindest personell wieder Ruhe. "Insgesamt gab es im Werbemarkt Licht und Schatten", sagt Messerer im Rückblick auf das abgelaufene Jahr. Vor allem das zweite Halbjahr und auch das traditionell wichtige Weihnachtsgeschäft bezeichnet der Chef von Seven.One Media gegenüber DWDL.de als "herausfordernd". Gleichzeitig verweist Messerer auf den Erfolg von Joyn, hier würden "alle Zeichen auf Wachstum stehen". 

P7S1 startet mit angezogener Handbremse

Markus Messerer: "Im InStream-Bereich sind wir 2024 stark gewachsen und konnten den Abstand zur Konkurrenz vergrößern. Ebenso positiv entwickelt hat sich unser Innovationsbereich rund um Advanced TV. Vor allem der CTV-Bereich profitiert von zunehmender Nachfrage der Werbekunden nach attraktiven Umfeldern und entsprechenden Inventaren, die wir dem Markt – etwa durch unseren AVOD-Ansatz bei Joyn – liefern." Hier erwartet Messerer auch 2025 Wachstum, insgesamt werde der Jahresstart aber "sicherlich noch von der wirtschaftlichen Gesamtsituation des Jahres 2024 in Deutschland geprägt sein". Soll heißen: Es geht mit angezogener Handbremse ins Jahr 2025.

Michael Radelsberger © Sky Deutschland Michael Radelsberger
Von einer "hohen Nachfrage nach Connected TV und unserem Produkt AdSmart" spricht derweil auch Michael Radelsberger, Geschäftsführer von Sky Media. Radelsberger blickt nach eigenen Angaben positiv auf das letzte Quartal 2024 zurück, vor allem die digitalen Umsätze seien gewachsen. Die Jahresgespräche mit den Kundinnen und Kunden hat der Chef von Sky Media als "wirklich positiv" wahrgenommen. Geholfen habe dabei auch der Erwerb der Bundesliga-Rechte für die kommenden Jahre. "Mit Blick auf dieses Jahr erwarten wir eine weitere Steigerung im Bereich Digital, getrieben von zielgerichteter Werbung mit AdSmart und Programmatic, während TV weitestgehend stabil bleiben sollte", sagt Radelsberger. Als wichtiges Thema für 2025 hat er außerdem den Ausbau der konvergenten Reichweitenmessung identifiziert - darüber sprach Radelsberger zuletzt auch schon in einem ausführlichen DWDL.de-Interview

Julia Schörner © Disney Julia Schörner
Sehr zufrieden mit der Entwicklung im vergangenen Jahr zeigt sich derweil Disney Advertising. Das überrascht kaum, neben dem Ausbau des Werbeangebots bei Disney+ gelang es dem Disney Channel im Oktober erstmals auch am Dauerrivalen Super RTL vorbeizuziehen. Ein Pfund, mit dem man auch gegenüber Werbekunden wuchern konnte. "Im Jahr 2025 steht für uns allen voran im Fokus unseren Partnern eine relevante, steigende Reichweite anbieten zu können, die in Qualität und Umsetzung unserem gewohnten Anspruch gerecht wird", sagt Julia Schörner, Director Disney Advertising, The Walt Disney Company GSA, die gegenüber DWDL.de auch weitere Werbeformate bei Disney+ in Aussicht stellt. 

ARD & ZDF profitierten von EM und Olympia

Für die öffentlich-rechtlichen Sender stand 2024 ganz im Zeichen der sportlichen Großereignisse. Fußball-EM und Olympische Sommerspiele haben nicht nur für hervorragende Quoten gesorgt, sondern auch die Kassen von ARD Media und ZDF Werbefernsehen klingeln lassen. "Wir haben ein starkes Vermarktungsjahr hinter uns und unsere geplanten Ziele erreicht", sagt daher Ralf Hape, Geschäftsführer von ARD Media. Und Hans-Joachim Strauch vom ZDF Werbefernsehen sagt, dass sich die Situation im vergangenen Jahr nach einem schwierigen Start mit der Euro 2024 und den Sommerspielen geändert habe. "Auch mit dem Verlauf gegen Jahresende sind wir – im Vergleich zur Gesamt-Werbemarktsituation – durchaus zufrieden. Wir freuen uns, die Erlösziele in diesem Jahr erreicht zu haben."

Ralf Hape © ARD Media/Dieter Schwer Ralf Hape
Beim Ausblick auf 2025 ist man vor allem bei ARD Media pessimistisch. "Nach den ersten Gesprächen nehmen wir wahr, dass der Werbemarkt nach wie vor unter Druck steht. Die weltwirtschaftliche Lage sowie die politische Situation in Deutschland und weltweit beeinflussen das Konsumklima – und damit auch die Planungen der Werbetreibenden", sagt Ralf Hape. Man habe mit der Situation in den vergangenen Jahren allerdings gelernt umzugehen. Außerdem sei er optimistisch, dass Marken gerade in unseren Zeiten nach Stabilität und Verlässlichkeit suchen würden - das könne man liefern. ZDF-Werbefernsehen-Chef Hans-Joachim Strauch verweist beim Ausblick auf 2025 auf das zuletzt eingeführte E-Rezept. "Zahlreiche Kunden sehen hier Kommunikationsbedarf und wir sind genau der richtige Sender mit den passenden Zielgruppen dafür." Doch auch die Bundestagswahl und die Wiederwahl von Donald Trump würden den Nachrichtenbedarf der Zuschauerinnen und Zuschauer erhöhen, so Strauch. "Daher gehe ich von gleichbleibenden Leistungswerten des ZDF aus."

Wo liegen die Herausforderungen für 2025?

Hans-Joachim Strauch © ZDF Werbefernsehen Hans-Joachim Strauch
Doch mal abgesehen von der Entwicklung im Jahr 2024 und dem Ausblick auf das neue Jahr, wo liegen die Herausforderungen für die Vermarkter und die gesamte Branche? Hans-Joachim Strauch sagt, es seien die digitalen, internationalen Angebote, die immer weiter zunehmen würden. Spendings würden innerhalb crossmedialer Kampagnen zugunsten bestimmter Medien umgeschichtet. So äußerte sich der Chef des ZDF Werbefernsehens auch schon vor wenigen Wochen im DWDL.de-Interview. "Wir leiden auch, trotz unserer Leistung" sagte er da. Er befürchte zudem eine dauerhafte Veränderung und nicht einfach eine Wellenbewegung wie sie vielleicht in den vergangenen Jahren noch normal war. 

Ähnliches ist auch von ARD Media zu hören. "Die größte Herausforderung für unser Geschäft und die Branche insgesamt sehe ich derzeit in der dynamischen Veränderung der Mediennutzung und den damit verbundenen Erwartungen aller Marktpartner", sagt Ralf Hape gegenüber DWDL.de. Sowohl Strauch als auch Hape wollen die Veränderungen aber auch als Chance verstanden wissen. "Unsere Stärke liegt in der Qualität und Glaubwürdigkeit unserer Inhalte, die eine verlässliche Basis für nachhaltige und vertrauensvolle Kommunikation schaffen", so Hape, der gleichzeitig einen "offenen Austausch und eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren – von Werbetreibenden über Medienhäuser bis hin zu Technologiepartnern" fordert.

Mehr Kooperationen, aber...

Frank Vogel sagt, die wirtschaftliche Unsicherheit und das damit verbundene zurückhaltende Konsumklima bleibe auch 2025 herausfordernd. Den Trend in Richtung Streaming begegne man dagegen mit einer klaren Strategie. Er meint damit die Investitionen von RTL Deutschland in RTL+. Dennoch verweist Vogel darauf, dass die nationalen Werbemärkte durch die großen US-Anbieter noch weiter unter Druck geraten werden. "Versuche, dem etwas entgegenzusetzen, wie beispielsweise unsererseits die Übernahme der RTLzwei-Vermarktung, wurden vom Bundeskartellamt leider unterbunden."

Man brauche aber mehr Möglichkeiten zu Kooperationen zwischen nationalen TV-Anbietern, um den Herausforderungen durch die internationalen Tech-Giganten zu begegnen, so Vogel. Markus Messer erklärt das veränderte Mediennutzungsverhalten zur größten Herausforderung für das Geschäft. Man müsse vor allem die jungen Zielgruppen mit guten Angeboten bedienen. "Denn für unsere Werbekunden ist eine möglichst breite und große Zielgruppe für ihre Kampagnen essentiell."

Michael Radelsberger sagt, eine relevante Aufgabe für die Branche werde es 2025 sein, das strategische Wachstum von CTV voranzutreiben - ohne dass dies zu großen Teilen zulasten des klassischen TV-Budgets gehe. "Die Budgets müssen stattdessen gezielt aus den Bereichen Online Video und Social Media umgelenkt werden, deren Buchung oft aus Einfachheit, aber weniger aus Gründen der Effizienz und Wirkung erfolgt", so der Chef von Sky Media. Und Julia Schörner von Disney Advertising sagt, man wisse, dass Werbetreibende viel bewusster als in der Vergangenheit ihre Budgets investieren. Man müsse daher den Fokus auf die Bereiche qualitativer Content, Technik und Reichweitenausbau legen, "um für das investierte Budget den bestmöglichen Output zu garantieren".