Über die internationale Entwicklung im Bereich der FAST-Angebote hatten wir bereits an dieser Stelle berichtet. Und auch wenn bislang die meisten Umsätze in diesem Segment noch in den USA erwirtschaftet werden, findet ein Großteil des Wachstums in den kommenden Jahren in anderen Märkten statt - etwa in Deutschland. Das Marktforschungsunternehmen Omdia hat Deutschland als eines von zehn Ländern außerhalb der USA identifiziert, in denen die FAST-Umsätze am stärksten steigen sollen. 

Laut Omdia steigt der deutsche FAST-Umsatz bis zum Jahr 2027 auf fast 200 Millionen Euro. Neben den USA wären dann nur Großbritannien, Kanada und Australien noch erfolgreicher mit entsprechenden Angeboten. Kommt es tatsächlich so wie von den britischen Marktforschern prognostiziert, wäre das in etwa eine Verdreifachung des Umsatzes innerhalb weniger Jahre. Andere Prognosen sind konservativer, die Experten von Statista Market Insights gehen davon aus, dass die mit FAST umgesetzten Werbeeinnahmen 2027 bei 90 Millionen Euro liegen werden - aber auch das wäre mit einem jährlichen Wachstum in Höhe von fast 10 Prozent verbunden. 

Für Pluto TV gehört Deutschland bereits zu den Top-5-Märkten, das sagte der Chef der Plattform, Olivier Jollet, zuletzt im DWDL.de-Interview. "Wir richten besondere Aufmerksamkeit auf Deutschland und der Grund ist relativ klar: Deutschland hat einerseits einen großen Werbemarkt und andererseits ist das frei empfangbare Fernsehen hier traditionell sehr stark", so Jollet. Auch andere FAST-Anbieter legen aus diesen Gründen einen starken Fokus auf Deutschland und auch für sie spielt der Markt hierzulande eine wichtige Rolle im internationalen Vergleich - viele behalten genaue Zahlen oder Einschätzungen zu verschiedenen Märkten in ihrer Kommunikation aber lieber für sich. Benedikt Frey, Chef von Samsung TV Plus im DACH-Raum sowie in den BeNeLux-Staaten, erklärte zuletzt im DWDL.de-Interview, dass man profitabel arbeite. Und: "Für uns ist es sehr wichtig, nicht nur Break-Even zu sein, sondern auch ein Margen-Treiber." Mit der Entwicklung der Werbeeinnahmen in Deutschland zeigt sich Frey zufrieden. 

FAST schnell erklärt

  • FAST steht für Free Ad-supported Streaming Television und ist im Grunde nichts anderes als ein linearer Sender, der eben nur online ausgespielt wird. Anders als die großen SVoD-Dienste setzen FAST-Anbieter ausschließlich auf Werbeeinnahmen und sind für die Nutzerinnen und Nutzer kostenlos verfügbar. In den meisten Fällen sind auf einem FAST-Channels thematisch ähnliche Formate zu sehen. Oder es gibt gleich ganze Kanäle für eine Sendung, die dort dann 24/7 zu sehen ist.

Klar ist: Schon heute gibt es etliche FAST-Anbieter in Deutschland. Einige, wie Pluto TV, Samsung TV Plus oder auch Zattoo und Waipu.TV agieren dabei in erster Linie als Plattform, auf denen die entsprechenden Kanäle zu sehen sind. Mittlerweile sind auch die großen Broadcaster nachgezogen, sowohl RTL Deutschland und ProSiebenSat.1, als auch die Öffentlich-Rechtlichen haben FAST-Channels im Angebot - entweder verantwortet in Eigenregie oder über das Vehikel der Lizenzierung. 

Katharina Frömsdorf © ProSiebenSat.1/Amelie Niederbuchner Katharina Frömsdorf
Besonders aktiv war die ProSiebenSat.1-Tochter Joyn in diesem Zusammenhang. Dort setzt man schon seit längerer Zeit nicht nur auf klassische, lineare FAST-Channels, sondern auch auf Playlists, sogenannte "Themen-Channels". Die sehen aus wie FAST-Sender, man kann in den Inhalten aber sowohl vor- als auch zurückspringen - eben wie bei einer klassischen Playlist. Man komme damit dem Leanback-Bedürfnis der Nutzerinnen und Nutzer entgegen, heißt es aus Unterföhring. "Die Zuschauer:innen wissen, was sie bekommen, ohne lange suchen zu müssen, und finden Lieblingsinhalte schnell und unkompliziert", sagt Joyn-Chefin Katharina Frömsdorf gegenüber DWDL.de. 

Joyn und RTL+ wollen Angebot ausweiten

Das Angebot, egal ob Themen-Channel oder klassischer FAST-Kanal, werde "rege genutzt", sagt Frömsdorf. Dementsprechend will sie das Portfolio ausbauen. "Wir planen in den kommenden Wochen die Freischaltung verschiedener neuer FAST-Channel, die wir von externen Partnern lizenzieren, genauso wie die Kuratierung neuer On-Demand-Channels."

Etwas später dran war man bei RTL Deutschland, dort brachte man erst im vergangenen Jahr acht FAST-Channels auf Sendung - auch die nennt man "Themen-Sender", sie funktionieren aber weitestgehend wie klassische FAST-Angebote. "Mit der Performance sind wir zufrieden – wir bemerken insbesondere mit Blick auf die Verweildauern, dass die Nutzer, die dieses Angebot einmal gefunden haben, unsere Inhalte zunehmend länger konsumieren", heißt es von einer RTL-Sprecherin auf DWDL.de-Anfrage. Man stelle außerdem fest, dass immer häufige Nutzerinnen und Nutzer wegen einer bestimmten Sendung auf die Plattform kommen - und dann auf den Themen-Sendern weiterschauen. 

RTL+ © RTL
Einen weiteren Push in der Nutzung erwartet man sich bei RTL durch gleich zwei Stellschrauben. So will man die FAST-Kanäle auch auf dem Big Screen einbinden. Hier sind die Themen-Sender bisher via Chromecast, AirPlay und in der RTL+ App auf AppleTV nutzbar - es besteht also noch etwas Luft nach oben in der Distribution dieser Sender. Darüber hinaus will man in absehbarer Zeit weitere Kanäle starten, einen genauen Zeitrahmen nennt man in Köln aber nicht. Die Marschrichtung aber ist klar: "Wir sehen unser aktuelles Angebot als Startpunkt an und planen nach erfolgreichem Roll-Out über alle Devices definitiv weitere Channels". Man verfüge über viele starke Programmmarken, "die sich optimal für eine Ausspielung auf unseren Themensendern eignen". Angedacht sind neue Single-IP-Kanäle sowie die Erweiterung um ganze Genres, etwa News, Kids und Show. 

Auch RTLzwei könnte auf RTL+ demnächst mit eigenen FAST-Channels in Erscheinung treten. Gegenüber DWDL.de teilt ein Sendersprecher mit, dass man gemeinsam an der Umsetzung genrespezifischer Channels arbeite. In den vergangenen Jahren sammelte man erste FAST-Erfahrungen mit einem Angebot auf Waipu.TV, aktuell laufen außerdem Gespräche mit weiteren potenziellen Partnern.

Auch ARD und ZDF mischen mit

Bares für Rares © ZDF/Frank W. Hempel
Und auch bei den Öffentlich-Rechtlichen ist der FAST-Trend längst angekommen, auch wenn die ihre entsprechenden Inhalte nicht über ihre eigenen Mediatheken auswerten. Das ZDF ist über seine kommerzielle Tochter ZDF Studios im FAST-Geschäft aktiv. So hat man bereits 2022 eine Kooperation mit Samsung TV Plus bekanntgegeben, die im Jahr danach noch ausgeweitet wurde. Dadurch gibt’s in Deutschland unter anderem die Channels "Terra X", "Bares für Rares", "ZDF zu Hause" und "ZDF kocht!" zu sehen, betrieben werden sie allerdings nicht von der ZDF-Tochter direkt, sondern eben von Samsung TV Plus. 

Europaweit gibt’s noch deutlich mehr FAST-Channels, die in dieser Kombination entstanden sind. In Deutschland sind weitere FAST-Channel mit ZDF-Inhalten unter anderem bei Pluto TV (ZDF Telenovela) zu finden. Durch eine Kooperation mit Castalia Communications ist ZDF Studios auch im lateinamerikanischen FAST-Markt aktiv. In der Vergangenheit hatte man bei ZDF Studios immer wieder die Attraktivität von FAST betont. Erst vor wenigen Tagen erklärte Geschäftsführer Markus Schäfer, dass sich im Lizenzhandel die Auswirkungen des Programmüberhangs 2025 vermutlich abschwächen würden. Aber: "Im Digitalen gibt es Wachstumsfelder wie FAST und A- und SVoD". 

ARD Plus Krimi © ARD Plus
Noch etwas verzweigter als beim ZDF ist das FAST-Konstrukt bei der ARD. Dort hat man mit ARD Plus ja bekanntlich schon seit einiger Zeit ein kostenpflichtiges VoD-Angebot. Und dieses ARD Plus ist im vergangenen Jahr groß in die FAST-Welt eingestiegen, alte Archivware ist nun unter anderem auf Joyn (Lindenstraße), Pluto TV (Familie Dr. Kleist) oder auch Samsung TV Plus (ARD Plus Krimi) zu sehen. Die ARD vertreibt und kuratiert diese Kanäle allerdings nicht selbst, sondern hat diese Aufgabe an die Beta-Tochter High View ausgelagert. Das Unternehmen hinter Deluxe Music hat selbst etliche FAST-Channels im Angebot, für die Vermarktung der ARD-Sender arbeitet man mit Funke zusammen. 

Und auch Zattoo und Waipu.TV haben ihr FAST-Angebot im vergangenen Jahr kräftig ausgebaut. Zattoo machte im Frühjahr 18 neue Channels verfügbar - alleine 13 davon stammten von High View. Bei Waipu.TV gingen erst Ende Ende des Jahres vier BBC-Kanäle on Air, seit dem Sommer kann man auf der Plattform (ebenso wie auf Pluto TV) auch alte "Big Brother"-Ausgaben rund um die Uhr sehen. 

DAZN FAST+ © DAZN
Mit DAZN ist auch ein relevanter Sport-Player seit einiger Zeit im FAST-Business aktiv - sehr zur Freude der Plattformen, die mit den verschiedenen Kanälen dem Vernehmen nach sehr gut fahren. Während DAZN auf eine Vielzahl entsprechender Channels auf unterschiedlichen Plattformen setzt, ist Sky bislang noch gar nicht im Bereich FAST tätig geworden. Gegenüber DWDL.de will sich der Pay-TV-Sender daher auch nicht dazu äußern. Dafür hat die FIFA mit FIFA+ seit einiger Zeit einen eigenen FAST-Channel am Start, hier gibt's neben Dokus, Talks und Kurzbeiträgen auch Fußballspiele zu sehen - teilweise sogar live, wenn die Rechte für die Partien nicht anderweitig vergeben sind. 

Seiner Zeit voraus war vielleicht Pantaflix, das seine werbefinanzierte Streamingplattform Ende 2023 einstellte, nachdem sich die hochtrabenden Ziele nicht erfüllt hatten. Pantaflix war allerdings kein FAST-Dienst, sondern eher auf klassisches AVoD spezialisiert. Gestartet war man zu einer Zeit, in der SVoD boomte - das, und das angestaubte Portfolio, sorgte dafür, dass der Dienst nie den Durchbruch schaffte. Im vergangenen Jahr verschwand der Name Pantaflix auch aus dem Unternehmensnamen der heutigen PAL Next AG, zu der unter anderem die Produktionsfirma Pantaleon Films gehört. 

Nachhaltiger Effekt auf Umsätze? 

Generell erscheint es fraglich, wie sinnvoll die Unterscheidung zwischen FAST und AVoD überhaupt noch ist. "Mittelfristig wird der Unterschied zwischen FAST und AVoD verschwinden. Die Rede wird dann nur noch von werbefinanziertem Streaming sein", sagte Olivier Jollet zuletzt im DWDL.de-Interview. Viel mehr als die Frage der Definition dürfte viele in der Branche ohnehin umtreiben, wie nachhaltig die FAST/AVoD-Erlöse in den kommenden Jahren sein werden. Und wie lange das Wachstum noch so dynamisch bleibt. 

In der Beantwortung dieser Frage gibt es durchaus Unterschiede. Joyn-CEO Katharina Frömsdorf zeigt sich optimistisch und sagt, die Themen-Channels auf Joyn würden "naturgemäß zu unseren klassischen Erlösquellen [gehören] und sind fester Bestandteil unseres Vermarktungsportfolios". Man sei "Klassenprimus" im deutschen Markt. Von RTL Deutschland heißt es, FAST stelle mit Blick auf den weiteren Ausbau "natürlich eine zusätzliche Erlösquelle" dar. Aber: "Welche Signifikanz diese Erlösquelle in welcher Geschwindigkeit hat, werden die nächsten Jahre zeigen."