Wer sich in den vergangenen zwei Jahren vor allem mit dem kriselnden Werbegeschäft linearer TV-Sender beschäftigt hat, dem könnte bei diesen Zahlen schnell schwindelig werden: Die britischen Marktforscher von Omdia bezifferten den Jahresumsatz, den US-Anbieter mit FAST-Channels im Jahr 2023 machten, auf rund fünf Milliarden Dollar. Das waren rund 80 Prozent der weltweiten Einnahmen in diesem Bereich. 2027 soll der Umsatz global bei zwölf Milliarden liegen. Es wäre also fast eine Verdopplung innerhalb von nur wenigen Jahren. 

Und auch wenn FAST-Channels mitunter genauso schnell wieder eingestampft sind, wie sie an den Start gebracht wurden, kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass in diesem Bereich in den zurückliegenden Jahren gleich mehrere große Anbieter ein nachhaltiges Business aufgebaut haben - und sich nun über hohe Wachstumsraten freuen können. Zu den bekanntesten FAST-Anbietern weltweit zählen Pluto TV, Tubi, Samsung TV Plus, Roku oder auch Freevee (mehr dazu weiter unten) und LG Channels. Und auch wenn die USA auf absehbare Zeit noch der stärkste FAST-Markt bleiben, findet ein großer Teil des Wachstums mittlerweile in internationalen Märkten statt, auch in Europa. 

FAST schnell erklärt

  • FAST steht für Free Ad-supported Streaming Television und ist im Grunde nichts anderes als ein linearer Sender, der eben nur online ausgespielt wird. Anders als die großen SVoD-Dienste setzen FAST-Anbieter ausschließlich auf Werbeeinnahmen und sind für die Nutzerinnen und Nutzer kostenlos verfügbar. In den meisten Fällen sind auf einem FAST-Channels thematisch ähnliche Formate zu sehen. Oder es gibt gleich ganze Kanäle für eine Sendung, die dort dann 24/7 zu sehen ist.

Während Pluto TV (gehört zu Paramount) auch vielen Menschen im deutschsprachigen Raum ein Begriff ist, sieht es bei Tubi wohl ganz anders aus. Die Plattform gehört zu Rupert Murdochs Fox Corporation und konnte zuletzt ein besonders beeindruckendes Wachstum verzeichnen. Erst vor einigen Tagen gab man bekannt, monatlich mittlerweile 97 Millionen aktive Nutzerinnen und Nutzer zu haben. Vor einem halben Jahr waren es noch rund 20 Millionen weniger. Der Dienst hat nach eigenen Angaben das weltweit größte Archiv an Filmen und Serien-Folgen. 

Tubi setzt verstärkt auf Originals

"Das Momentum, in dem wir uns bei Tubi befinden, nimmt zu, da das Publikum zunehmend Wert auf erstklassige Unterhaltung legt, die zudem zu 100 Prozent kostenlos ist und Spaß macht", sagt Tubi-CEO Anjali Sud. Immer mehr investiert die Fox-Tochter mittlerweile auch in eigene Inhalte, so zählt Tubi schon mehr als 300 Originals. Die romantische Teenie-Komödie "Sidelined: The QB and Me" erreichte im November nach der Premiere mehr Zuschauende als jeder andere Titel in der Geschichte von Tubi. Generell schaut rund jeder vierte Zuschauer des Dienstes auch ein Tubi-Original. Mit der BBC arbeitet man zusammen an der Dramaserie "Boarders", die demnächst in die zweite Staffel geht. Klar ist aber auch: Bei allen FAST-Diensten sind es die Archiv-Inhalte, die einen Löwenanteil der Nutzung beisteuern. 

Die schiere Masse an Inhalten sorgt unter anderem dafür, dass Tubi bei Nutzerinnen und Nutzern eine Art Kult-Status besitzt. Es führt aber auch zu einer kritischen Betrachtung des Dienstes. Als die "Washington Post" vor zwei Wochen einen Text über Tubi veröffentlichte, wurde die Plattform als der "seltsamste Streamingdienst" betitelt. Es gibt einen ganzen Haufen von verstörender B-Movies - aber eben nicht nur. Und Tubi ist auf Expansionskurs: Im vergangenen Jahr ist man eine Kooperation mit DAZN für den US-Markt eingegangen, wenig später erfolgte der Europa-Start in Großbritannien. Über einen möglichen Start in Deutschland gibt es noch keine offiziellen Informationen. 

Streaming-Ranking: Roku auf Platz sechs

Zu den FAST-Marktführern gehört außerdem der Roku Channel, den es in den USA, Kanada, Mexiko und Großbritannien gibt. 2023 kam der Dienst nach eigenen Angaben auf 120 Millionen regelmäßige Nutzerinnen und Nutzer. Ende 2024 hat außerdem Nielsen spannende Zahlen veröffentlicht: Demnach war der Dienst im November desselben Jahres für 1,9 Prozent der gesamten TV-Nutzung in den USA verantwortlich. Das machte den Roku Channel zum sechst meistgenutzten Streamingdienst - nur YouTube, Netflix, Prime Video, Hulu und Disney+ waren im gleichen Zeitraum noch erfolgreicher. The Roku Channel war demnach das erfolgreichste FAST/AVoD-Angebot im Markt, noch knapp vor Tubi (1,8 Prozent). 

Streamingdienste nach Anteil an der TV-Nutzung

  • In den USA im November 2024

    1. YouTube (10,8 Prozent)
    2. Netflix (7,7 Prozent)
    3. Prime Video (3,7 Prozent)
    4. Hulu (2,7 Prozent)
    5. Disney+ (1,9 Prozent)
    6. Roku Channel (1,9 Prozent)
    7. Tubi (1,8 Prozent)
    8. Peacock (1,5 Prozent)
    9. Paramount+ (1,3 Prozent)
    10. Max (1,1 Prozent)
    11. Pluto TV (0,9 Prozent)


© Nielsen

Ein weiterer großer Anbieter in den USA ist Xumo Play, eine Kooperation von Charter Communications und Comcast, hier waren vor allem die Bereiche News, Filme und Crime-Serien starke Treiber. Eine im vergangenen im Auftrag von Xumo durchgeführte Studie hat ergeben, dass rund ein Drittel der Erwachsenen in den USA regelmäßig FAST-Channels nutzen. FAST werde zu einem festen Bestandteil des Alltags vieler Menschen, jubelte Stefan Van Engen, Vice President Content Programming and Partnerships. In Großbritannien setzt ITV auf seinem Streamingdienst ITVX ebenfalls prominent auf FAST-Channels, die BBC hat auch entsprechende Kanäle im Angebot.

Im globalen FAST-Wettrennen um immer höhere Wachstumsraten können allerdings nicht alle mithalten. Das US-Medienunternehmen Chicken Soup for the Soul Entertainment ging im vergangenen Sommer in die Insolvenz, nachdem man wenige Wochen zuvor für 2023 einen Verlust in Höhe von 636 Millionen US-Dollar verkünden musste. Die Vermögenswerte des Konzerns werden aktuell liquidiert, darunter auch der Streamingdienst Crackle, der bis 2019 zu Sony gehörte. 

Freevee eingestellt, Hängepartie bei PlutoTV-Mutter

Und auch Amazon hatte zuletzt für Schlagzeilen gesorgt, indem man das Ende des kostenlosen Streamingdienstes Freevee verkündet hatte (DWDL.de berichtete). Anders als bei Crackle plagen die Freevee-Mutter wenig überraschend keine Geldsorgen. Aber bei Amazon scheint sich mittlerweile der Glauben durchgesetzt zu haben, mit einem einzigen Angebot (Prime Video) besser zu fahren als mit zwei Marken, die nebeneinander koexistieren. Mittlerweile sind alle Freevee-Inhalte auch auf Prime Video zu finden, die AVoD-Plattform mit ihren vielen FAST-Channels wurde aber noch nicht überall final abgeschaltet.

Trotz des gewaltigen Wachstums, das FAST in den kommenden Jahren bevorsteht, ist also auch diese Branche nicht vor Umwälzungen und Konsolidierung gefeit. Das zeigte auch das Negativ-Beispiel Paramount, zu dem Pluto TV gehört und das 2024 von einer wochenlangen Hängepartie rund um eine Übernahme gekennzeichnet war (DWDL.de berichtete). Am Ende entscheidet sich eben in den Firmenzentralen der großen Medienkonzerne weltweit, wie es mit den verschiedenen FAST-Angeboten weitergeht - und wer im Zweifel mit wem fusioniert. Bis es soweit ist, können die FAST-Verantwortlichen rund um den Globus fast ausnahmslos auf ihre jeweils hohen Wachstumsraten verweisen.