Auf Einladung von Rundfunk- und Verwaltungsrat des WDR fand am Montagvormittag die "Staffelübergabe" beim WDR statt, mit der Katrin Vernau nun auch ganz offiziell die Amtsgeschäfte als neue Intendantin des WDR von ihrem Vorgänger Tom Buhrow übernahm. Doch statt eines Staffelstabes hatte man sich als Symbol für einen Rucksack entschieden, der an diesem Vormittag seinen Besitzer wechselte. Und in den alle Rednerinnen und Redner noch etwas hineinlegen und der neuen Intendantin mit auf den Weg geben durften.

Der Rundfunkrats-Vorsitzenden Rolf Zurbrüggen entschied sich für einen Wanderführer für NRW, der sie an ihr Versprechen, die Regionalität zu stärken, erinnern sollte. Die Verwaltungsratsvorsitzende Claudia Schare legte neben Glückspfennig und Sparschwein in Anspielung auf IT-Probleme noch einen Abakus sowie Hermines "Zeitumkehrer" aus Harry Potter dazu, damit sie es auch wirklich schafft, alle Herausforderungen zu bewältigen. Von Tom Buhrow gab's einen Kompass, um Kurs zu halten, oder diesen auch mal gezielt wechseln zu können.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst wiederum hatte einen Regenschirm fürs Rucksack-Inventar dabei, verbunden mit dem Versprechen: "Wir lassen Sie nicht im Regen stehen", auch in stürmischen Zeiten - wobei ein Regenschirm bei echter Sturmlage ja im Zweifel ebenso nur bedingt hilft wie salbungsvolle Worte über die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei gleichzeitiger Unterfinanzierung.

Wüst positionierte sich aber in jedem Fall fest an der Seite des WDR: "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht unter Druck und wird gleichzeitig so sehr gebraucht wie lange nicht", sagte er mit Blick auf die "sozialen" Medien, wo die Algorithmen Echokammern erschaffen würden, die das Gegenteil von Pluralismus seien. "Echte Meinungsfreiheit kann es nur mit freien und unabhängigen Medien geben. Sie sind Wächter und Schutzschild unserer Demokratie - das wissen auch Populisten und Extremisten. Gerade deshalb attackieren sie freie Medien so scharf. Gerade deshalb versuchen sie, freie Medien immer wieder verächtlich zu machen. Sie versuchen, Vertrauen in freie Medien zu zerstören." Er sei dankbar, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk dem entgegen stelle. "Die Landesregierung steht an der Seite eines unabhängigen, selbstkritischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks", so der nordrhein-westfälische Ministerpräsident.

Neben den erwartungsgemäß umfangreichen Dankesworten an Tom Buhrow, der nach zwölf Jahren als WDR-Intendant abgetreten ist, gab es viel Lob und Vorschuss-Lorbeeren für Katrin Vernau durch die Vertreter der Gremien wie auch durch ihren Vorgänger. Buhrow attestierte ihr eine "eine beeindruckende Mischung aus Erfahrung, Kompetenz und Reformwillen" und sagte, sie verkörpere "mit ihrer strategischen Denkweise genau die Führungspersönlichkeit, die der WDR braucht".

Vor allem wartete man aber natürlich darauf, welche Akzente Vernau auf ihrer ersten Rede als WDR-Intendantin setzen würde. Ihr Ziel sei es, dass der WDR die mediale (und angesichts des Wandels der Mediennutzung auch digitale) Heimat der Menschen in NRW bleibe. Im letzten Jahr hätten immerhin 70 Prozent der Nordrhein-Westfalen angegeben, dass der WDR für sie "ein Stück Heimat" sei - eine hohe Zahl, aber zehn Prozentpunkte weniger als noch 2015. Bei den 14- bis 29-Jährigen seien es noch 58 Prozent. "Genau das ist die Herausforderung, daran müssen wir arbeiten."

Daher stelle sie zu Beginn ihrer Amtszeit vor allem die Stärkung regionaler Angebote in den Mittelpunkt. "Das Regionale in Nordrhein-Westfalen ist das Alleinstellungsmerkmal, es ist das Fundament für den WDR." Vernau führte aus: "Wir schauen oft nach Washington oder Berlin, aber wir sollten immer im Kopf haben, dass für die Menschen Ennigerloh, Bielefeld oder Hückelhoven oft wichtiger sind. Wenn Mitte Dezember die Nachricht kommt, dass das Thyssen-Krupp-Werk in Kreutzal-Eichen schließen wird, betrifft das ganz konkret das Leben vieler Menschen vor Ort. Vielleicht mehr als die neueste Äußerung von Donald Trump." Es sei wichtig, regionale Themen mit Tiefgang und mit Bezug zu einem größeren Kontext programmlich abbilden.

Als zweiten Punkt nannte sie, mit möglichst vielen Menschen über den WDR ins Gespräch kommen zu wollen. Dies gelte zum Einen WDR-intern: "Ich habe Ideen für die Zukunft des WDR und ich möchte sie mit den Kolleginnen und Kollegen diskutieren, teilen und weiterentwickeln. Ich möchte vor allem auch deren Ideen hören." Das Gesprächsangebot richte sich aber auch nach draußen: "Wir sind schon mit vielen gesellschaftlichen Gruppen im Austausch, das möchte ich intensivieren. Der WDR gehört den Menschen in diesem Land, die ihn in Zukunft noch viel stärker mitgestalten sollen." Und schließlich warb sie für mehr Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und anderen Medien. "Die Verlage und der öffentlich-rechtliche Rundfunk haben ein gleichgerichtetes Interesse an einem starken dualen Mediensystem. Unsere größte Konkurrenz kommt von Amazon Prime, Netflix, Meta und Google. Lassen Sie uns zusammen dem etwas entgegensetzen."