Hollywood hat im Lauf der Jahrzehnte unzählige RomCom-Heldinnen hervorgebracht, die tief in der Klischeeschublade steckten. Um damit aufzuräumen, bedarf es einer Streaming-Plattform oder einer europäischen Produktion – oder beidem auf einmal. Jessie, die Protagonistin von "Starstruck", hebt sich erfreulich vom gewohnten Muster ab. Sie jobbt als Babysitterin und an der Kinokasse, ist nicht die Schlankste und komplett mit ihrem Leben zufrieden. Irgendwie ganz normal und down to earth. Dass sie so sympathisch erscheint, dass man sie gern zum Brunch mit Freunden einladen würde, liegt an den authentischen Dialogen und am hinreißenden Spiel von Rose Matafeo.

Die gebürtige Neuseeländerin ist Erfinderin, Autorin und Hauptdarstellerin des in London angesiedelten Sechsteilers, in dem sie "Notting Hill" einmal um die eigene Achse dreht. Der Plot hat durchaus Parallelen zum einstigen Blockbuster mit Julia Roberts und Hugh Grant ("Ich bin auch nur ein Mädchen, das vor einem Jungen steht und ihn bittet, es zu lieben"). Jessies Leben erfährt nämlich eine plötzliche Wende, als sie bei einer Silvesterparty im Club auf Tom trifft und die Nacht mit ihm verbringt. Erst nach dem Sex findet sie heraus, dass Tom der berühmte Filmstar Tom Kapoor ist, gespielt von Nikesh Patel. "Starstruck" erzählt ihre turbulente On-Off-Beziehung über die folgenden zwölf Monate.

Das wahre Glück dieser Serie liegt darin, dass sie eher das Normale und Alltägliche betont als einmal mehr die naheliegenden Celebrity-Klischees zu benutzen. Szenen, in denen Paparazzi Tom und Jessie auflauern, sucht man vergeblich, wenn man mal davon absieht, dass ein paar Fotografen sie am Anfang für seine Putzfrau halten. Auch mit verrückten, eifersüchtigen Fangirls haben die beiden an keiner Stelle zu kämpfen. Tom hat in der Regel mehr Sehnsucht nach Jessie als umgekehrt, und er hat seine eigenen Problemchen. Einmal erinnert ihn seine Agentin daran, dass er keine "Zivilisten" daten sollte, da diese weit mehr über ihn wissen als er über sie. Zwar ist Tom reich und berühmt, aber alles andere als zufrieden mit seiner Karriere, die zwischen lächerlichen Action-Krachern festgefahren scheint.

So bildet die zumeist zuversichtliche Jessie sowohl emotional als auch komödiantisch das perfekte Gegenstück zu Tom. Was auf der Buchebene clever angelegt ist, erwecken Matafeo und Patel vor der Kamera kongenial zum Leben. Sie legt ihre Figur fröhlich-quirlig an, er bleibt deutlich reservierter, allerdings mit einer liebenswerten Unbeholfenheit. In ihrer inneren Verletzlichkeit – einige Schichten unter der äußeren Schale – tun beide sich nichts, was diese Beziehung überzeugend statt schablonenhaft macht.

Empfohlener externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Youtube, der den Artikel ergänzt. Sie können sich den Inhalt anzeigen lassen. Dabei können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

"Starstruck" packt die ganz großen romantischen Gesten, vor denen manche Hollywood-RomCom nur so strotzt, fast gar nicht aus. Matafeo scheint vielmehr zu interessieren, wie ungelenk sich das moderne Dating der Millennials gestalten kann. Aus den Irrungen und Wirrungen bezieht sie einen guten Teil ihrer Komik, ohne sich jemals über ihre Figuren lustig zu machen. Für sie steckt auch im Jahr 2021 noch jede Menge Freude in der Suche nach dem Seelenverwandten – von den anfänglichen Funken bis hin zu den unvermeidlichen Freunden, die cool sein wollen und doch alles nur noch peinlicher machen. Der trockene britische Humor potenziert das Amüsement hier noch.

Dass die zweite Staffel bereits beauftragt ist, dürfte vor allem für diejenigen eine gute Nachricht sein, die normalerweise keine Fans des Genres Romantic Comedy sind. Matafeo führt die altbekannte Form nicht einfach nur weiter, sondern frischt sie aus weiblicher Sicht enorm auf, indem sie eine neue Tür für die glaubhaften RomCom-Heldinnen der Gegenwart aufstößt. Minnie Drivers Rolle als Toms Agentin Cath wird in Staffel zwei ausgebaut, neu im Cast ist Russell Tovey. Über den Verlängerungsbeschluss im Juni zeigte sich die auch als Stand-Up-Comedian gefeierte Rose Matafeo begeistert, weil sie ihre Wasserflasche letztes Jahr am Set vergessen habe und sie gern zurück hätte.

"Starstruck" ist bei HBO Max und im BBC iPlayer verfügbar. Die deutschen Rechte sind noch nicht vergeben.