Die Schweden können Krimis, sollte man meinen, wenn man sich anschaut, welche schwedischen Serien in Deutschland zu sehen sind: "Die Brücke", "Arne Dahl", "Camilla Läckberg", "Maria Wern", "Kommissar Beck" oder auch die Wallander-Fälle in unterschiedlichen Variationen. Und diese Serien sind oft brutal, häufig sehr blutig, aber immer richtig spannend. Doch wie sieht es eigentlich mit Nicht-Krimi-Serien aus Schweden aus? Davon war in Deutschland bisher wenig zu merken. Sollte das schwedische Fernsehprogramm also fast ausschließlich aus Krimis bestehen? Oder sind die Nicht-Krimi-Serien, die es gibt, vielleicht nicht für den deutschen Markt geeignet?
"The Bonus Family" hat mit oben genannten Serien nur eine Sache gemein: dass sie eine schwedische Produktion ist. Und sie könnte den Beweis antreten, dass auch schwedische Nicht-Krimi-Serien beim deutschen Publikum ankommen. "The Bonus Family" ("Bonusfamiljen" im schwedischen Original) ist eine amüsante Familienserie, in deren Mittelpunkt ein Mann und eine Frau stehen, die gerade eine Patchwork-Familie gegründet haben. Lisa (Vera Vitali) hat eine Tochter und einen Sohn, Patrik (Erik Johansson) einen Sohn, der genauso alt ist wie Lisas Sohn. Mit den Ex-Partnern haben sie sich darauf geeinigt, dass die Kinder wochenweise bei ihnen in ihrem malerischen schwedischen Holzhaus leben.
Hört sich idyllisch an, ist es aber natürlich nicht. Gleich in der ersten Folge (mehr wurde uns für die Rezension leider nicht zur Verfügung gestellt) treten die Konfliktlinien deutlich zu Tage: Zwischen Lisas Sohn und seinem neuen Patchwork-Papa Patrik, zwischen Lisa und ihrem Ex, zwischen Patrik und seiner Ex, zwischen Lisa und Patriks Ex, zwischen Patrik und Lisas Ex, zwischen die beiden Jungs, die sehr unterschiedlich sind. Außerdem lässt sich bereits erahnen, dass sich die Tochter bald vernachlässigt fühlen könnte. Und: Wie verändert sich das Gefüge, wenn die Ex-Partner ebenfalls neue Partner finden? Alles ganz klassische Konflikte, eigentlich. Und doch stellt sich schon in der ersten Folge das Gefühl ein, dass man diese Figuren besser kennenlernen will - weil die Serie nicht nur gut geschrieben, sondern auch sehr gut gespielt ist. Die Figuren sind sympathisch und haben dennoch ihre schwierigen Seiten - wie das im wahren Leben ja auch ist. Selbst bei den nervigen Ex-Partnern wird schon früh klar: Die sind eigentlich auch irgendwie sympathisch. Und, ebenfalls wie im wahren Leben, haben selbst die ernsten Themen eine gewisse Komik.
Der Trailer mit englischen Untertiteln:
In Schweden ist die erste Staffel Anfang des Jahres zur besten Sendezeit beim öffentlich-rechtlichen Sender SVT gelaufen und hat deutlich mehr Zuschauer vor dem Fernseher versammelt als bei Nicht-Krimi-Serien normalerweise üblich (ja, auch in Schweden liebt man schwedische Krimi-Serien). Die zweite Staffel ist in Arbeit. Hinter der Serie steckt Felix Herngren, ein in Schweden bekannter Schauspieler und Regisseur, der mit der Film-Adaption des Bestsellers "Der 100-Jährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" weltweit Erfolg hatte. "The Bonus Family" hat er unter anderem mit seiner Schwester Moan Herngren und seiner Frau Clara Herngren geschrieben, seine Firma FLX hat die Serie produziert und er hat Regie geführt. FLX hatte schon die schwedisch-amerikanische Comedy-Serie "Welcome to Sweden" für NBC und und den schwedischen Sender TV4 mitproduziert, in der Greg Poehler, der Bruder von Amy Poehler, die Hauptrolle spielt. NBC wiederum lässt ein US-Remake von "The Bonus Family" entwickeln.
Netflix zumindest scheint erkannt zu haben, dass Schweden nicht nur Krimis zu bieten hat - der Streaminganbieter sicherte sich im Frühjahr die weltweiten Rechte außerhalb der nordischen Länder für die beiden ersten Staffeln. Die Serie solle noch in diesem Jahr veröffentlicht werden, hieß es damals. Konkretere Informationen waren von Netflix leider nicht zu bekommen.