"Die Interessen von Kindern haben sich gar nicht so sehr verändert. Was sich allerdings verändert hat, ist die Anspruchshaltung der Produzenten, der Sender und der Eltern. Modernes Kinderfernsehen ist deutlich kindgerechter geworden, dazu alters- und geschlechtsspezifischer. Diese Orientierung an den Bedürfnissen der Kinder hat kurioserweise dazu geführt, dass viele Erwachsene mit den Formaten weniger anfangen können, Kinder dafür umso mehr", erklärt Super RTL-Programmchef Carsten Göttel. "Beim audiovisuellen Design sind die Zuschauer anspruchsvoller geworden, auch weil hier große Hollywood- und TV-Produktionen den Maßstab setzen", ist man sich bei Nickelodeon sicher.



Inwiefern unterscheidet sich der deutsche Markt denn vom internationalen Markt für Kinderfernsehen? Auf diese Frage antworten beide privatwirtschaftlichen Kindersender exakt gleich. "Deutschland ist sehr konservativ", sagt Super RTL-Mann Göttel. Und bei Nickelodeon hört man: "Der deutsche Markt ist konservativer als andere Märkte." Und beim öffentlich-rechtlichen Kinderfernsehen, ebenfalls hier in New York bei der Kidscreen vertreten, spitzt man es sogar noch zu: "Nichts ist bei uns so konservativ wie Kinderfernsehen." Das freut ARD, ZDF und den Kika vermutlich mehr als die Privatsender. Aber auch dort hat man sich dem Markt mit Eigenproduktionen z.B. zum Thema Wissen positioniert.

"Gewalt sowie jede Form von übertriebener Härte und schneller Action sind eher verpönt. Formate rund um das Thema Wissensvermittlung kommen dagegen sehr gut an. Eltern schauen vermehrt auf das, was ihre Kinder im TV sehen. Und im Idealfall sollen sie beim Fernsehen auch noch etwas lernen", sagt Göttel. Dem pflichtet man bei Nickelodeon bei: "Die Eltern üben hier einen viel stärkeren Einfluss auf den Fernsehkonsum ihrer Kinder aus als beispielsweise in unseren Nachbarländern wie den Niederlanden oder Skandinavien. Deswegen funktionieren in Deutschland vor allem die Shows gut, die den Eltern aus der eigenen Kindheit oder anderen Zusammenhängen wie beispielsweise Büchern oder Kinofilmen bekannt sind."

Generell werde Kinderfernsehen in Deutschland kritischer beäugt als in anderen Ländern. Nickelodeon will dafür mit dem jungen Programmangebot unter dem Label Nick Jr. hochwertiges, edukatives und pädagogisch wertvolles Programm anbieten. Und auch Super RTL hat aktuell mit "Woozle Goozle" wieder ein eigenproduziertes Wissensmagazin gestartet - mit einer Puppe in der Hauptrolle. Da schließt sich die Frage nach der Technik an: Welche Rolle spielen altmodischer Zeichentrick oder Puppen noch im Zeitalter von 3D und Co.? "Technik und Geschichte stehen in einem Abhängigkeitsverhältnis“, sagt Carsten Göttel. Und nicht immer sei neue Technik besser. „2D ist zum Beispiel die bessere und wirtschaftlichere Technik für Comedy-Formate, da hier viel besser mit Deformationen gearbeitet werden kann. Alle Top Comedy-Serien sind in 2D produziert.“

Bei Nickelodeon betont man noch einmal: Wenn die Geschichte stimmt, kann es durchaus passen. "Sofern diese Formate einen zeitgemäßen Production-Value aufweisen und eine solide Story mit starken Figuren zu bieten haben, darüber hinaus archetypische Themen aus der Lebenswelt der Kinder mit zeitgemäßer Dramaturgie erzählen, haben diese Genres durchaus noch eine Chance." Zu SpongeBob Schwammkopf gab es erst im Dezember in Special mit Puppen und Stop-Motion-Animation. Und die "Augsburger Puppenkiste" feierte kürzlich ja auch ihr TV-Comeback. Die Vielfalt im Programmangebot für Kinder ist wahrlich groß, nicht nur bei Super RTL und Nickelodeon. Der Kika ist scharfer Wettbewerber und manchmal auch guter Ausgleich zum kommerziellen Kinderfernsehen, aber auch dort sind Wachstum und immer neue Nischen-Angebote zu beobachten. 2013 wird zweifelsohne spannend.