Frau Leschek, als Chief Content Officer sind sie inzwischen für alle Inhalte von RTL Deutschland verantwortlich, gleichzeitig eine sehr detailverliebte Fernsehmacherin. Wie geht das zusammen?

Ich habe ein fabelhaftes Team, das entscheidungsstark ist, mir den Rücken freihält und einen großartigen Job macht. Das hilft. Meine jetzige Rolle - und ich weiß, ich habe das schon mal gesagt - ist wirklich der beste Job, den ich je hatte: Die Möglichkeit zu haben, Content über so viele Wege, Plattformen und Kanäle ausspielen, inszenieren und gesamtheitlich denken zu können, macht einen echten Unterschied. Es ist toll, wie viel Potenzial darin liegt, wenn man Türen aufstößt und nicht in einzelnen Marken denkt, sondern ein großes Ziel im Blick hat. 

Haben Sie ein Beispiel dafür?

Gerade haben wir zum Beispiel die programmplanerische Entscheidung getroffen „Verklag mich doch“ wieder bei VOX einzusetzen, wo es ursprünglich herkommt, in der Hoffnung, dass es mittelfristig die VOX-Daytime beflügelt. Und ein Beispiel aus der Primetime: ‚Lego Masters‘ wird im nächsten Jahr erstmals bei VOX zu sehen sein.

Aber wie definieren Sie VOX? Wie verhindert man, dass der Austausch von Programmen zu austauschbaren Programmen führt?

Eine schön formulierte Frage, aber ich weiß gar nicht, ob solche Definitionen und Labels von uns Fernsehmachern für unser Publikum so entscheidend sind. Am Ende wollen die Zuschauer gut unterhalten werden. Da fragt sich niemand „Oh, warum läuft ‚Lego Masters‘ denn jetzt auf einmal bei VOX?’ Es handelt sich hier ja um keinen Senderwechsel, weil das Format nicht mehr funktioniert. Im Gegenteil: Die Marke ‚Lego Masters‘ ist total hochwertig und passt optimal zum VOX-Publikum.

Braucht VOX aber nicht auch eigene neue Highlights?

VOX hat starke neue Highlights wie das Comeback von Daniela Katzenberger, das preisgekrönte Format ‚The Piano‘ oder die für das nächstes Jahr geplante ‚Herbstresidenz‘ mit Tim Mälzer und André Dietz. Und dazu packen wir sozusagen noch die Highlight-Kirsche auf die Sahne: den „Golden Bachelor“. Das Format war ursprünglich exklusiv für RTL+ gedacht, aber wir sind überzeugt, dass es auch sehr gut ins lineare Programm von VOX passt, wo Kirsten Petersen und ihr Team immer wieder die Augen nach voxigen Dating- und Reality Formaten offen halten. Der „Golden Bachelor“ fügt sich sehr gut in diese spezielle Programmfarbe ein und kann zusammen mit RTL+ das größtmögliche Publikum erreichen. Solche programmstrategischen Entscheidungen gehen mir in meiner neuen Rolle leichter von der Hand. 

Und wann darf „Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab“ mehr Menschen erreichen als nur bei RTL+?

Wir haben uns zusammen mit Stefan Raab in den letzten Monaten sehr genau überlegt, wie sich die Bewegtbildnutzung in den nächsten Jahren verändert und gemeinsam einen Plan erarbeitet, in dem RTL+ eine zentrale Rolle spielt. Denn RTL+ ist unsere Zukunft und das größte organische Investment, das Bertelsmann jemals getätigt hat. Unser Business Case sieht vor, bis Ende 2026 profitabel zu sein und dafür müssen die Abonnentenzahlen weiter wachsen. Zuletzt standen wir zum Halbjahr bei 5,6 Millionen Abonnenten und sind damit bereits jetzt der mit Abstand größte deutsche Streamingdienst. Zusammen mit unseren Datenteams analysieren wir ständig, welche Zielgruppen wir schon gut bedienen und wo wir größere Potentiale heben können. Und in diesem Zusammenhang sage ich Ihnen jetzt was: Der Raab-Deal ist das smarteste, was ich in meinem Leben gemacht habe. Das wird nur schwer zu toppen sein. (lacht) 

Gewagt formuliert.

Finde ich nicht. Wir schreiben hier Fernsehgeschichte! Wer hätte damit gerechnet, dass Stefan Raab überhaupt noch mal auf den Bildschirm zurückkommt? Und dann gleich mit einem Vertrag und einem RTL Commitment über fünf Jahre, das erstmal mit einer wöchentlichen Show auf RTL+ beginnt. Nennen Sie mir einen, der das auf dem Zettel hatte? (schmunzelt) Und deswegen meine ich: So etwas wird es in dieser Form vermutlich kein zweites Mal geben. Von daher bin ich überglücklich, dass Stephan Schmitter und mir gelungen ist, Stefan Raab von uns als Partner zu überzeugen. Und das hat sich bereits gelohnt: „Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab“ hat uns schon mit der ersten Ausgabe einen Riesenboost gegeben. Für die Sendung haben sich viele Menschen zum ersten Mal ein RTL+ Abo geholt und die kamen zu rund 80% aus den Zielgruppen der 30- bis 59-Jährigen. Also genau aus den Zielgruppen, in denen Streaming die nächsten großen Wachstumsschritte machen wird.

 

"Die erste Sendung 'DGHNDMBSR' wurde in den ersten fünf Tagen bereits über 1,5 Millionen Mal auf RTL+ geschaut."

 

Rekorde, Riesenboost… können Sie das auch mit Zahlen belegen?

Kann ich, aber gewöhnen Sie sich nicht dran (lacht). Wir machen hier gerne eine Ausnahme. Die erste Sendung „DGHNDMBSR“ wurde in den ersten fünf Tagen bereits über 1,5 Millionen Mal auf RTL+ geschaut. Und was den Neukundenzuwachs angeht, freuen wir uns über das erfolgreichste RTL+ Original, das wir je auf RTL+ gelauncht haben. Wir haben mit der ersten Show heute schon so viele Abonnenten gewonnen, wie mit unserem erfolgreichsten Länderspiel und RTL+ Einzelevent ever. Ein einzelner Stefan Raab ist damit so erfolgreich wie 22 Männer und ein Ball! Und täglich kommen tausende weitere Abonnenten allein wegen Stefans Show dazu. Davon sind 75 Prozent Neukunden, was ein spektakulärer Wert ist. Und von allen Neukunden waren gut 70 Prozent Männer, also genau die Zielgruppe, die wir mit Stefan Raab erreichen wollen.

Es ist nun nur schwer vorstellbar, dass Stefan Raab keine Lust auf den direkten Wettkampf gegen „TV Total“ hat. Bleibt „Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab“ wirklich im Streaming?

Die Sendung ist genau dafür konzipiert und eingeplant und hier und heute ein wichtiger Baustein für das Wachstum von RTL+. Ich sage nicht, dass das für immer so bleiben muss, aber jetzt ist es so. Und das sieht Stefan genauso und geht hier mit unserer Strategie voll mit. Wir wollen neues Publikum für RTL+ gewinnen - und halten. Streamingdienste, die es schaffen, ihren Abo-Churn in den Griff zu bekommen, sind die, die am Ende das Spiel gewinnen und profitabel sind. 

Sie sprechen vom Business Case: Welche Flanke soll Stefan Raab denn bei Ihnen abdecken? Wo hatten Sie Nachholbedarf?

Grundsätzlich wollen wir natürlich so viele Menschen wie möglich erreichen, aber speziell mit dem Raab-Case zielen wir auf ein älteres Publikum. Unter anderem weil die entweder noch gar kein Abo haben oder nicht die Lust und Kaufkraft für ein zweites oder drittes. Die Zielgruppe, die wir da ansprechen wollen, haben wir ganz bewusst „Raab-Generation“ genannt. Menschen, die mit Stefan Raab groß geworden sind, haben ihn vermisst – genauso wie sie ihn immer für seine besondere Art der Unterhaltung geschätzt haben. Und bevor Sie mir gleich mit der Frage nach Innovation kommen werden, beantworte ich das direkt.

Gerne.

Erstmal habe ich weltweit noch keine innovativere Comeback-Inszenierung gesehen, als die von Stefan. Seine Social Media Kampagne rund um den 1. April, die ihm in 72 Stunden knapp drei Millionen Follower auf Instagram und uns über die Wochen über 800 Millionen Pressekontakte gebracht hat, die Social Clips mit Bully und Pamela Reif in den Tagen vor dem Kampf, bis hin zu seinem Auftritt beim Final Fight, stellt meiner Meinung nach alles in den Schatten, was man im Fernsehen bisher gesehen hat. Aber mit Blick auf das Publikum ist die “Innovationsfrage” der falsche Ansatz.

Wieso?

Stefan Raab hat ein besonderes Skill-Set an Talenten und es ist ungewöhnlich, dass ein On-Air Talent so gerne in den Details seiner eigenen Shows steckt und unglaublich akribisch daran arbeitet. Zusätzlich ist er ein fantastischer Musiker und hat einen irrsinnigen Ehrgeiz in jeglichem Wettkampf. Diese Kombi ist schon sehr speziell - und jetzt baut er sogar noch sein Quizmaster-Talent aus. Er packt alles, was wir immer schon an ihm geliebt haben, in eine Sendung. Ist das innovativ – das können gerne andere beurteilen – seine Fans sind jedenfalls begeistert und das war erst der Anfang...

In unserem letzten Interview sagten Sie bereits „Innovation ist kein Wert an sich“ - das spiegelt sich hier also?

Wir sehen es doch gerade wieder. Die ‚Superduper Show‘ ist nach einer Folge aus dem Programm genommen, die Frauen-Talkshow ‚Amado, Belli, Biedermann‘ in der ARD nach drei Sendungen. Und wir waren mit ‚That’s my Jam’ letztes Jahr auch innovativ, haben sogar einen Fernsehpreis gewonnen - aber geschaut haben die Show ehrlicherweise nur wenige. Also denke ich mir: Was bringt Innovation, wenn sie am Publikum vorbeigeht? Und all die Menschen, die immer mosern, dass man das doch alles schon kenne und es niemanden interessiere – alle Zahlen von den Rekordeinschaltquoten beim Boxkampf, über die RTL+ Nutzung bis zu den Social Posts sprechen eine völlig andere Sprache. 

Trotzdem: Wäre jeder andere Produzent, jede andere Produzentin zu Ihnen gekommen und hätte eine Sendung gepitcht, die 45 Minuten lang aus Comedy besteht und dann plötzlich zur Gameshow wird, dann…

…hätte ich gesagt: Ich glaube nicht an Hybrid-Shows (lacht). Das Ding ist ja: Es geht um Stefan Raab und eine variable Fläche für all das, was in ihm steckt und durch all seine Fähigkeiten wird am Ende ein Konzept draus. Der Pitch hier war nicht ‚Hybridshow aus Comedy und Competition‘, sondern: ‚alles was Stefan Raab kann‘. Ansonsten würde ich Ihnen da zustimmen. Wir haben uns mit Hybrid-Konzepten ja selbst auch schon auf die Nase gelegt, etwa mit ‚Promi Touchdown‘ und dem Versuch US-Football mit Show zu kombinieren. Das wollte keiner sehen.

 

"Wir haben so viel Liebe zu geben, die geht nicht nur an Stefan Raab."

 

Im Produzentenmarkt rumorte es ob der Summen, die Sie Raab Entertainment zugesagt haben. Was sagen Sie dazu?

Wir investieren über eine Milliarde Euro im Jahr in Content und so der Werbemarkt das will, wird das auch weiterhin so bleiben. Denn am Ende führen uns linear und im Streaming nur die besten Inhalte zum Erfolg. Selbst wenn die 90 Millionen für Raab Entertainment stimmen würden, bliebe immer noch so viel Geld für all die anderen Produzenten und großartigen On-Air-Talents übrig, dass sich da überhaupt niemand Sorgen machen muss. Wir haben so viel Liebe zu geben, die geht nicht nur an Stefan Raab. 

Raab machte sich in seiner ersten Sendung zum RTL-Chef. Wer gibt in dieser Zusammenarbeit wem die Ratschläge?

Wir tauschen uns sehr gerne, oft und intensiv aus. Manchmal ist ihm etwas besonders wichtig, manchmal mir und am Ende gehts es uns beiden um den maximalen Erfolg beim Publikum. 

Und wie oft kommt „Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab“?

Die Show läuft wöchentlich, mit den üblichen ferienbedingten Pausen im Jahr. 

Und wann startet dann „Eltons 12“, die zweite Show, die Sie schon angekündigt haben aus dem Hause Raab Entertainment?

Im November.

Bleiben wir bei der Unterhaltung: Vor einem Jahr startete „Die Verräter“ bei RTL, jetzt geht es weiter aber die zweite Staffel läuft bei RTL+. Warum?

‚Die Verräter‘ haben wir wahnsinnig gerne und mit sehr hohen Erwartungen ins Programm genommen. Die Show ist ein großer internationaler Erfolg und gerade in den USA mit dem Primetime Emmy als beste Reality ausgezeichnet worden. An dieser Erfolgsgeschichte wollten wir teilhaben. Die erste Staffel lief linear gut, aber nicht überragend. Die Medienforschung hat uns aber dann eindeutig gespiegelt, dass die Menschen, die es geschaut haben, unsere erste Staffel sehr gut fanden. Wir hatten selten bessere Werte bei einer RTL-Sendung - und dann auch noch eine Nominierung für den Deutschen Fernsehpreis und eine für Sonja Zietlow als beste Moderatorin. Nun wissen wir, wie schwer es ist, neue Programmmarken zu etablieren. Wir glauben hier ein Ass im Ärmel zu haben und das geben wir nicht so leicht auf. Dieses Jahr hatten wir leider keinen Platz mehr im RTL-Grid, aber wollten die Marke nicht ein ganzes Jahr ruhen lassen, weil wir dann wieder bei Null hätten anfangen müssen. Also kommt RTL+ zum Zug und der Cast der Halloween-Staffel ist dementsprechend ein bisschen jünger und streaming-affiner. Im ersten Halbjahr 2025 zeigen wir dann die nächste lineare Staffel bei RTL, die wir ebenfalls bereits mit einem spektakulären Cast aufgezeichnet haben.

Der „Legenden-Dschungel“ war im August ein großer Erfolg. Es würde jetzt doch durchaus in Ihre Strategie passen, weiterhin zweimal im Jahr Menschen in den Dschungel zu schicken…

Markus Küttner und sein Team, gemeinsam mit ITV Studios, haben das fantastisch gemacht, ein großer Shoutout an die RTL-Unterhaltung ganz generell. Wir haben uns den Sommerdschungel dieses Jahr geleistet, weil wir dem stärksten Sport-Sommer aller Zeiten etwas entgegensetzen wollten. Also haben wir uns für einen Big Bang vor dem offiziellen Saisonstart entschieden. Das Investment hat sich total gelohnt. Nicht umsonst stehen wir jetzt so fabelhaft im Jahr da wie schon lange nicht. Wir werden 2024 zum ersten Mal seit 2010 in einem Sportjahr wachsen! Aber um ‚Ich bin ein Star‘ als Event auch weiter strahlen zu lassen, wollen wir es nicht überstrapazieren. Es ist gut, dass wir jedes Jahr eine Staffel zum Jahresbeginn haben und man sich darauf auch freuen kann.

Letztes Jahr haben Sie mit einem Marktanteil von 9,4 Prozent abgeschlossen in der von Ihnen beobachteten Zielgruppe der 14- bis 59-Jährigen. Was peilen Sie für 2024 an?

Wir stehen jetzt gerade bei 10,1 Prozent. Die werden wir wahrscheinlich nicht ganz ins Ziel bringen, aber wir geben alles, dass es am Ende eine 10 wird. Und wenn es so kommt, dann ist es das beste Ergebnis seit 2020 und RTL wäre auch bei den 14- bis 59-Jährigen endlich wieder zweistellig. Aber da liegt noch ein langer Weg von drei intensiven Monaten vor uns. Trotzdem bin ich optimistisch. Das ist unter anderem Markus Küttners Unterhaltungsteam zu verdanken, Martin Gradl und den RTL News aber auch Florian Hellenkamp, der einen fantastischen Job in der strategischen Programmplanung macht und natürlich meinem super Referenten Dániel Koren, mit dem ich tagtäglich eng zusammenarbeite. Insgesamt ist der aktuelle RTL-Erfolg ein großes Gemeinschaftswerk über so viele Abteilungen. Ich spüre überall im Haus den ‚Sense of Urgency‘, im Streaming zu wachsen und im Linearen zu schützen, was wir uns über all die Jahre erarbeitet haben. 

Und was kommt im letzten Quartal noch außer „Eltons 12“, das sie so optimistisch stimmt, die 10 Prozent über die Ziellinie zu bringen?

Wir freuen uns auf die Europa League, erstmals zum Auftakt diese Woche am Mittwoch und Donnerstag, wo wir mit der Eintracht Frankfurt und der TSG Hoffenheim zwei deutsche Mannschaften am Start haben. Im Herbst spielt die Nationalmannschaft noch zweimal für uns (lacht). Gut, sie spielen für Deutschland. Aber auch für unsere 10,0. Die Jubiläumsstaffel ‚Bauer sucht Frau‘ startet, ‚DSDS‘ ist so wie das Sommerhaus bereits gut los gelaufen. ‚Ninja Warrior Germany‘ geht in die neunte Staffel, dann feiern wir 25 Jahre ‚Wer wird Millionär‘ mit einem Günther Jauch, der Woche für Woche mit einer enormen Spielfreude abliefert. Bereits unsere ‚3 Millionen Euro Woche‘ war ein voller Erfolg, was auch daran liegt, dass er so einen Bock auf dieses unverzichtbare RTL-Format hat.

Geht die Show „Drei gegen Einen“ eigentlich weiter?

Ja klar.

Auch mit Elton dann?

Ja.

Ich frage nur, weil die Show ja von einer Banijay-Tochter produziert wird und es da angesichts der neuen Raab-Show ja durchaus Spannungen gibt…

Aber das hat ja nichts mit Elton zu tun. Nein, uns hat ‚Drei gegen Einen‘ total viel Spaß gemacht. Das hat Endemol Shine für uns so super umgesetzt und Tim, Elton und Knossi sind einfach ein ungewöhnliches, aber bockstarkes Ensemble - und Laura Wontorra ist für ihre grandiose Moderation zu Recht für den Deutschen Fernsehpreis nominiert!

Mit der NFL, der Nationalmannschaft und der Europa League hat RTL bereits einige Sportrechte. Haben Sie trotzdem Lust auf mehr?

Zusätzlich haben wir dieses Jahr nach längerer Pause auch wieder die Formel 1 im Programm und freuen uns noch auf ein spektakuläres Rennen in Las Vegas! Sport funktioniert extrem gut im linearen Fernsehen und im Streaming. Deswegen geben ja auch unsere öffentlich-rechtlichen Kollegen einiges von ihren Beitragsgeldern dafür aus. Das ist durchaus schwierig für uns, weil damit die Preise immer wieder unnötig hochgetrieben werden. Aber ja, wir sind immer an Sportrechten interessiert und haben uns deshalb gerade auch ein MMA-Event für RTL+ gesichert. 

Die US-Wahl steht bevor, nächstes Jahr Bundestagswahl. Ist die RTL-Information dafür gut aufgestellt mit dem was Ihr Vorgänger als CCO und jetziger CEO, Stephan Schmitter, hingestellt hat?

Wir sind hervorragend aufgestellt. Und an der Stelle will ich mal sagen: Stephan Schmitter ist ein fabelhafter Mensch, Vorgesetzter und ausgezeichneter Programmstratege, der auch als CEO eine klare Vision hat und dabei sehr viele Menschen in unserem Haus mitreißt. Wir stimmen uns eng ab, aber merken auch: Selbst wenn wir uns mal nicht abstimmen können, würden wir gestellte Fragen gleich beantworten. Wir ticken ähnlich und ringen intensiv um die beste Lösung. Unsere News- und Magazin-Strecken sind das Rückgrat unseres Programmschemas. ‚RTL Aktuell‘ läuft extrem stark, mit gerne mal über 20 Prozent bei 14-59, auch in der neuen Besetzung mit unserer Viererkette nach dem emotionalen Abschied von Peter Kloeppel und Ulrike von der Groeben. 

Und „RTL Direkt“ wird nach dem Ruhestand von Jan Hofer jetzt von Pinar Atalay allein gemacht?

Das ist jetzt ihr Format. Sie schafft das wunderbar auch allein, aber auch immer mit der Möglichkeit, im Urlaubs- und Krankheitsfall von Lothar Keller vertreten zu werden. 

 

"Ich fürchte die Zeiten sind vorbei, in denen man eine serielle Erzählung im linearen Hauptprogramm um 20:15 Uhr programmieren kann"

 

Kommen wir zur Fiktion: „Ich bin Dagobert“ startet im Oktober bei RTL+ und linear bei Nitro. Warum nur bei Nitro? Die Geschichte des Kaufhauserpressers ist doch eine dieser IPs nach denen alle suchen, wäre die nicht groß genug für RTL?

Grundsätzlich war die Serie für RTL+ bestellt, als Investment in unseren Streamingdienst - und so viel kann ich schon verraten: sie ist wahnsinnig gut geworden. Wie man es von Zeitsprung Pictures erwartet. Ich freue mich sehr drauf, aber ich befürchte die Zeiten sind vorbei, in denen man eine serielle Erzählung im linearen Hauptprogramm um 20:15 Uhr mit Werbeblöcken programmieren kann und damit ausreichend hohe Reichweiten erzielt. Das entspricht nicht mehr dem Sehverhalten bei fortlaufenden Serien. In der Primetime bei Nitro erreichen wir damit genau die richtige Zielgruppe.

Also konzentriert sich Fiktion bei RTL auf den „Tödlichen Dienst-Tag“?

Auf jeden Fall - mit dem sind wir total zufrieden und haben beim Screenforce Festival im Juni ja auch Nachschub angekündigt, auf den wir uns im kommenden Jahr sehr freuen. Darüber hinaus haben wir weitere Stoffe in der Entwicklung. Und wir lernen in diesem Feld laufend dazu und sehen, wie wir Geschichten erzählen müssen, damit sie bei unserem Krimi-Publikum gut ankommen. Und nicht unterschlagen will ich an der Stelle unsere drei täglichen Serien: ‚Alles was zählt‘, ‚Unter uns‘ und ‚GZSZ‘, die sowohl linear, als auch für RTL+ extrem wichtig sind.

Über das lineare Programm hinaus: Wie sieht die fiktionale Roadmap aus?

2025 gibt es ein Wiedersehen mit dem Pumuckl von der Neue Super, dann haben wir das epische Projekt „Hagen“ von Constantin Film als Film und als Serie. Und wir freuen uns auf „Euphorie“, die HBO „Euphoria“-Adaption von Zeitsprung, extrem authentisch erzählt für eine junge Zielgruppe - mit einem ganz starken jungen Cast. Diese Serie produzieren wir gerade und wird voraussichtlich nächstes Jahr im Herbst für unserer RTL+ Abonnenten zur Verfügung stehen. Und schon in diesem Herbst startet mit "Angemessen Angry" von Studio Zentral eine weitere Serie aus unserem Nachwuchsprogramm “Storytellers”.

Eine Frage an die Chief Content Officer von RTL Deutschland: Gibt es Genres, die Sie gerade besonders interessieren? Wo Sie sich mehr Ideen wünschen würden?

Im letzten Jahr waren wir sehr interessiert an Quiz und haben da auch eine Idee gefunden, die wir pilotieren. Mehr kann ich dazu im Moment noch nicht sagen. Aber ich habe das Gefühl, dass wir im Quiz-Bereich mit ‚Wer wird Millionär‘, dem ‚Geo-Quiz‘ und dieser neuen Entwicklung erst einmal gut dastehen. Wenn wir aktuell mit Produzenten sprechen, dann fragen wir nach Factual Entertainment. Eine Farbe, die viele Jahre über sehr erfolgreich bei RTL zuhause war. Das Genre findet zwar immer noch statt, aber zündet bei uns nicht mehr so wie zu Zeiten von ‚Restauranttester‘, ‚Raus aus den Schulden‘ und ‚Super Nanny‘ - zumindest nicht in der Primetime. ‚Restaurantretter‘ und ‚Wettkampf in 4 Wänden‘ haben wir leider nicht überzeugend beim Publikum etablieren können. Aber klar würden wir uns freuen, wenn wir in diesem Feld wieder stärker aufgestellt wären. 

Spielt Comedy keine Rolle mehr für RTL?

Comedy war in der Vergangenheit eine der wichtigsten Säulen für RTL. Hier haben wir ja auch wahnsinnig viele Talente entdeckt und gefördert. Über die Jahre gab es dann irgendwann ein Überangebot an Comedy-Mixed-Show und die haben sich dann meiner Wahrnehmung nach kannibalisiert. Jetzt beobachten wir, dass viele Comedy-Angebote in der Primetime nicht mehr so funktionieren, wie sie es müssten. Einzig Mario Barth liefert mit ‚Mario Barth deckt auf‘, bei uns regelmäßig stark ab, aber das ist auch keine klassische Comedy. Also wanderte Comedy eher in die Late-Prime, aber wenn wir uns jetzt auf die besonders wichtigen Flächen konzentrieren wollen, dann bleibt schlichtweg kein Budget übrig, um auch noch für den späten Abend Comedy-Formate zu beauftragen. Was wir aber weiterhin im Programm haben, sind tolle Bühnenshows von großen Künstlern.

Und dann gibt es da ja auch noch diesen Stefan Raab. Letzte Frage: Gibt es schon eine Verwendung für die Showtreppe vom Boxkampf?

Wir haben viele Anfragen und prüfen gerade, wer am Ende den Zuschlag bekommt.

Ernsthaft?

Ja.

Frau Leschek, herzlichen Dank für das Gespräch.