Bei Vox startet ein neues Format mit dem Titel "The Piano". Wie lange mussten Sie überlegen, ob Sie daran mitwirken wollen, Herr Levit?
Igor Levit: Die Zeit war kurz – erst recht, als ich hörte, dass auch Mark Forster mit dabei ist. Nachdem wir beide uns zu einem sehr langen Spaziergang getroffen haben, um uns über das Format auszutauschen, habe ich überhaupt nicht mehr gezögert.
Mark Forster: Das war ein wirklich langer Spaziergang, drei oder vier Stunden. Uns gingen die Themen nicht aus und am Ende waren wir total davon überzeugt, dass es eine ganz gute Idee ist, unsere Zeit in Bahnhöfen zu verbringen. (lacht) Dabei hätte ich sogar beinahe schon abgesagt.
Wieso das?
Mark Forster: In den vergangenen Jahren wurde ich regelmäßig gefragt, ob ich an Musikshows teilnehmen möchte – und ich hatte das Glück, bei einigen sehr guten dabei gewesen zu sein. Auch bei "The Piano" hatte ich das Gefühl, dass das mal wieder eines dieser besonderen Formate sein könnte. Trotzdem war ich zunächst kurz davor abzusagen, weil mir klar war, dass der Counterpart eine besondere Person sein muss. Und mir fiel nur einer ein, der dafür in Deutschland infrage kommt – nämlich Igor Levit. Ich habe also gesagt: Entweder mit ihm oder nicht. Glücklicherweise war er genauso begeistert von der Show wie ich.
Haben Sie bei Ihrem Spaziergang schon die Rollen definiert, die Sie in der Sendung einnehmen werden?
Mark Forster: Unsere Rollen sind wir selbst, da gibt es nichts zu definieren. Igor ist Deutschlands bekanntester Star-Pianist, auch wenn er das nicht gerne hört. Und ich bin halt ich. Diese Kombination gibt ja viel vor. Eine Menge Klischees – vieles, das man aus dem Weg räumen kann, aber auch vieles, das sich bestätigen lässt.
Igor Levit: In unserem Gespräch hat sich schnell herauskristallisiert, dass wir uns etwas zu sagen haben. Und zwar auf Augenhöhe: Er ist ein Nerd, ich bin ein Nerd. Dieses gelöste Kommunizieren, dieser Rhythmus, wie wir miteinander reden, hat sich durch die ganze Sendung durchgezogen. Ich kann mich an keinen Moment erinnern, an dem wir über Rollenverteilung nachdenken mussten.
"Ein bisschen Kultur ist schon dabei."
Mark Forster
Lassen Sie uns über die Sendung sprechen. Da steht also ein Piano in einem Bahnhof. Und dann?
Mark Forster: Das war's eigentlich schon. (lacht) Wir haben ganz viele Kameras um das Klavier drapiert, Igor und ich sind versteckt und hören zu, wie sehr sehr unterschiedliche Pianistinnen und Pianisten sich an das Klavier setzen und einfach spielen. Manche spielen Jazz, manche Klassik, andere singen dazu. Es gibt Cover, es gibt Eigenkompositionen. Und wir zwei reden darüber, was wir sehen und hören und was das mit uns macht. Ganz nebenbei wird die Geschichte der Menschen erzählt, die am Klavier sitzen. Das Verrückte ist: Das reicht!
Igor Levit: Das Format lebt von den Menschen und der Musik. Irgendwann lüften wir, zusammen mit Moderatorin Annika Lau, das Geheimnis und offenbaren, dass wir zugehört haben. Danach lüften wir das zweite Geheimnis – nämlich das, worum es eigentlich geht: Ein Konzert in einem der schönsten Konzertsäle der Welt, nämlich in der Historischen Stadthalle in Wuppertal. Und dann lüften wir das dritte Geheimnis: Einer von euch kommt mit. So führt das eine zum anderen und es entsteht eine wunderschöne Dynamik.
Was sind das für Menschen, die sich an das Piano gesetzt haben?
Mark Forster: Ich erinnere mich an eine über 90-jährige Frau, die in ihren 20er-Jahren von ihrem Papa ein Klavier geschenkt bekommen und es ihr ganzes Leben lang mitgeschleppt hat – bis ins Altenheim, wo sie noch immer für die Bewohner spielt. Ich erinnere mich aber auch an einen zehnjährigen Jungen mit ziemlichen Hippie-Eltern, der in seinem Zimmer ein Klavier stehen hat und Klavier spielen darf, wann immer er will – selbst wenn es mitten in der Nacht ist. Die Bandbreite der Menschen ist riesig.
Ist das denn Unterhaltung oder sogar – Achtung, ungewöhnliches Genre für einen Privatsender: Kultur?
Mark Forster: Ein bisschen Kultur ist schon dabei, keine Frage. Und es wird ordentlich rumgenerdet. (lacht)
Igor Levit: Vor allem aber ist es eine Sendung, die etwas wahnsinnig Tolles tut: Sie weckt Begeisterung für Musik. Die Botschaft ist: Jeder kann das. Drückt eine Taste! Macht es wie der zweidreivierteljährige Igor oder der siebenjährige Mark und hört einfach nicht mehr auf. Klavier spielen macht glücklich.
Hätten Sie sich denn selbst getraut getraut, vor wildfremden Menschen im Bahnhof zu spielen?
Igor Levit: Ein klares Ja! Von klein auf fand ich nichts toller als vor Leuten aufzutreten. Dieser Spaß, für andere Menschen Musik zu machen, hält sich bis heute. Ich kann an keinem Klavier vorbeigehen. Ich will jedes Klavier haben, besitzen und kaufen und auch an jedem Klavier sitzen und spielen.
Mark Forster: Für mich wäre das eine absolute Horrorvorstellung. Irgendetwas vorzutragen mit dem Wissen, dass die Leute nicht für mich gekommen sind, ist für mich sehr viel schwieriger als für Igor. Aber ich habe den Eindruck, dass das für viele, die mitgemacht haben, gar keine große Rolle gespielt hat. Für viele war das Spielen am Klavier wie ein Startpunkt oder ein Finale einer ganz persönlichen Reise.
"Das Fernsehen hat mich nicht abgeschreckt, im Gegenteil: Ich bin ziemlich angefixt."
Igor Levit
Am Ende der Show steht das Abschlusskonzert. Aber was genau ist eigentlich das Ziel?
Mark Forster: Das Ziel kannten wir vorher alle nicht. Aber nach der Aufzeichnung war es uns plötzlich klar. Sicher, wir haben nicht die großen Weltstars. Aber da saßen plötzlich viele magische Leute, die sich gegenseitig gepusht haben und über sich hinausgewachsen sind. Wir haben einige Fernsehmacher gesehen, die sich verwundert die Augen gerieben haben. Diese Sendung ist ein besonderer kleiner Schatz und das Abschlusskonzert hat genau das abgefeiert.
Herr Forster, Sie waren schon Gastgeber bei "Sing meinen Song", saßen schon häufig bei "The Voice". Wann haben Sie für sich festgestellt, dass Ihnen diese Fernsehwelt gefällt?
Mark Forster: Bevor ich als Musiker bekannt wurde, habe ich bereits lange bei Kurt Krömer gearbeitet. Das Faible fürs Fernsehen war also immer vorhanden. Ich liebe das, auch wenn ich es noch ein bisschen mehr liebe, Musik zu machen. Das Fernsehen ist für mich wie eine zweite Kunstform. Wie ein Basketballer, der nebenbei noch Tennis mag. Ich weiß, dass es schwer zu verstehen ist, aber die meisten Menschen sind nicht nur eins. Das gilt auch für mich.
Gibt es etwas, das Sie während "The Piano" über das Fernsehen gelernt haben, Herr Levit?
Igor Levit: Lernen wäre das falsche Wort. Ich hatte keine Skepsis, sondern war vom ersten Moment an wahnsinnig neugierig. Wenn es doch so etwas gab wie Skepsis, dann ist diese wahnsinnig schnell abgebaut worden. Nach den Aufzeichnungen kann ich sagen: Das Fernsehen hat mich nicht abgeschreckt, im Gegenteil: Ich bin ziemlich angefixt.
Fortsetzung nicht ausgeschlossen?
Mark Forster: Von uns aus hätte die erste Staffel noch nicht enden müssen. Sollten wir erneut gefragt werden, gehen wir einfach nochmal spazieren.
Herr Forster, Herr Levit, vielen Dank für das Gespräch.
"The Piano" steht bereits bei RTL+ zum Abruf bereit und startet am Dienstag um 20:15 Uhr bei Vox