Herr Kalkofe, Sie haben in den vergangenen dreißig Jahren schon jedes denkbare Adjektiv verwendet, um RTL zu verteufeln. Jetzt sind Sie Teil der RTL-Familie. Ist das Altersmilde?

Oliver Kalkofe: Ich glaube, jetzt schließt sich einfach ein Kreis. Ich war immer schon für RTL bestimmt, musste aber erstmal 30 Jahre vorsichtig antesten und habe jetzt den Zugang gefunden. Bei der RTL-Familie ist es ja wie in jeder Familie: Da gibt es unterschiedliche Charaktere, und Nitro ist für mich der kleine freche Bruder. Ein bisschen anders, ein bisschen cooler. Da fühlen wir uns wohl. Als Tele 5 uns vor die Tür gesetzt hat, haben wir wirklich überlegt, wo wir mit „SchleFaZ“ weitermachen könnten. Und da sahen wir an erster Stelle Nitro, aber uns fehlte jeder Zugang. Deswegen war es eine schöne Überraschung, als wir hörten, dass der Sender tatsächlich Interesse hat. Es lag aber auch am guten Timing.

Wieso?

Oliver Kalkofe: Das war an unserem allerletzten Drehtag, kein Witz, als Peter Rütten und ich „My Way“ aufgenommen haben. Wir wussten schon vorher, dass wir bei diesem Song heulen werden. Deswegen wollten wir ihn bewusst als finalen Akt aufzeichnen, danach dann Abriss und Abbau und das war’s. Und kurz bevor wir in den Dreh gingen, kam eine Nachricht von Kati Rehme, der Leiterin der Eigenproduktion von Nitro, mit dem schönen Satz: „Lass uns mal telefonieren, wir haben viel Liebe zu geben.“ Das habe ich Peter und dem Team gezeigt, so als kleinen Hoffnungsschimmer. Es war ein bisschen Balsam und die beste Art, uns anzusprechen in diesem Moment. Es blieb ein trauriger Tag, aber mit einem Funken Hoffnung. Am Abend habe ich mich zurückgemeldet. Und dann ging es recht schnell. Beim direkten Kontakt merkten wir: Die meinen das ernst bei Nitro. Das war auch anders als bei anderen.

„SchleFaZ“, die Bundesliga des kleinen Mannes. Es gab also einen Bieterwettbewerb?

Oliver Kalkofe: Toller Vergleich! Ja, es gab auch andere Interessenten und einen kleinen Bieterwettbewerb. Aber die Kollegen von Nitro waren die schnellsten, ehrlichsten und besten. Es passte einfach alles. 

Oliver Schablitzki: Und dann haben wir es mit einer Familienplatte Sushi besiegelt.

Und Sie haben sich gedacht: Die schlechtesten Filme aller Zeiten? Das passt zu Nitro!

Oliver Schablitzki: Das war ehrlicherweise keine lange Diskussion. Spielfilme sind für Nitro ein sehr wichtiges programmliches Element, besonders Kultfilme. Wir haben deshalb auch immer beobachtet, was Olli und Peter auf Tele 5 treiben. Als sich dann die Möglichkeit ergab, war die Entscheidung keine Frage von Tagen, sondern von Stunden.

Und entschieden war es dann Mitte Dezember, was in der Bekanntgabe bei der eigentlich als Abschiedsfeier geplanten finalen Folge mündete…

Oliver Kalkofe: Wir wollten die frohe Kunde vor Weihnachten nicht nur per Pressemitteilung verbreiten. Das wollten wir unbedingt bei unserem „SchleFaZ“ Live-Event machen. Wir hatten diesen groß zelebrierten Abschied ja schon lange vorher geplant, als wir noch nicht wussten, dass es weitergehen würde. Dort waren unsere treuesten Fans versammelt. Wir haben es ihnen vor Ort ganz am Ende unserer Show verraten und sie dann gebeten, erstmal dicht zu halten, weil wir für den nächsten Morgen eine Meldung mit euch vereinbart hatten. Ich bin echt stolz auf unsere Fans, die sowieso grandios sind, weil ich auf der Bühne gesagt habe: „Bitte nichts sagen, nichts twittern. Wartet bis morgen Früh.“ Und es ist wirklich nichts gespoilert worden.

Und „SchleFaZ“ bleibt bei Nitro „SchleFaZ“?

Oliver Schablitzki: Wir haben gehörigen Respekt vor der Marke und spätestens seit Dezember auch vor dieser unglaublichen Fan-Gemeinde, die ich in Berlin persönlich erlebt habe, als wir die Rettung von „SchleFaZ“ verkündet haben. Da war viel Liebe zu spüren. Deswegen lassen wir Olli und Peter so viel Freiheiten wie möglich, um „SchleFaZ“ weiterzuentwickeln. Ich würde es auf unserer Seite „minimal invasive Redaktionsarbeit“ nennen. Wir schauen am Ende natürlich auf den Jugendschutz und ein paar andere Aspekte. Aber „SchleFaZ“ wird auch bei uns „SchleFaZ“ sein, wie die Fans es lieben. Vielleicht ist im Event-Bereich künftig noch mehr drin als bislang. Aber jetzt fangen wir erstmal an.

Oliver Kalkofe: Und wir sind euch dafür sehr dankbar, dass wir so weitermachen können, wie wir es bisher gemacht haben. Niemand hat reingeredet. Ich freue mich, dass wir schon tolle Ideen haben, was man noch miteinander machen könnte. Bei Tele 5 haben wir ja zum Beispiel „KulFaz“ (Anm.: Die kultigsten Filme aller Zeiten) umgesetzt. Auch bei Nitro können wir uns noch viel vorstellen, aber dieses Jahr war erstmal eine Staffel „SchleFaZ“ unsere Priorität.

 

"Ich bin auf dem zweiten Bildungsweg zum Trash-Trüffelschwein geworden."

Oliver Kalkofe

 

Jetzt gibt es natürlich schon sehr viele „SchleFaZ“-Folgen und viele bereits besprochene Machwerke. Sind noch genug schlechte Filme für Nitro übrig?

Oliver Kalkofe: Ja, sind es. Um die Antwort abzukürzen. (lacht)

Oliver Schablitzki: Dieselbe Frage haben wir uns natürlich auch gestellt. Und ein paar Tage später schickt Olli uns eine Liste mit hundert potenziellen Filmen. Da wusste ich: Die Sorge müssen wir uns nicht machen. 

Oliver Kalkofe: (lacht) Ich habe vor dreißig Jahren bei der „Mattscheibe“ schon nach einem halben Jahr das Gefühl gehabt, alles gesagt zu haben. Aber das war unbegründet: Schwachsinn wächst immer genug nach. Bei „SchleFaZ“ haben wir uns zunächst aus dem vorhandenen Archiv von Tele 5 bedient, das war der Grundgedanke hinter der Formatidee. Aber dann lagen da einfach zu viele Italo-Western mit zu viel Staub und Steppe herum. Langweilig. Davon kann man mal einen nehmen, aber dann muss es weitergehen. Man muss suchen, und wenn man damit erstmal anfängt, findet man immer mehr. Ich bin auf dem zweiten Bildungsweg zum Trash-Trüffelschwein geworden. Man liest und schaut und hört – und die wichtigste Frage lautet immer: Gibt‘s diesen Film auf Deutsch?

 

Oliver Schablitzki / Oliver Kalkofe © RTL / Anne Werner

 

War das die größte Herausforderung? 

Oliver Kalkofe: Viel schwieriger ist es oft, herauszufinden, wer eigentlich die Rechte an den Filmen besitzt. Die sind oft so scheiße, die will gar keiner mehr besitzen. Aber irgendwem muss man sie ja abkaufen, wenn man sie nutzen will. Dafür kann man dann manchmal aber echte Schnäppchen machen. Ich habe inzwischen allerdings auch schon eine Liste von schlechten Filmen, die zu schlecht sind für „SchleFaZ“.

Ach, sowas gibt’s auch?

Oliver Kalkofe: Wir haben Anspruch! Manche Filme sind einfach nur langweilig. Was wir brauchen, sind Filme, die mit viel Liebe danebengegangen sind. Man muss spüren, dass da Leute am Werk waren, die zu irgendeinem Zeitpunkt mal geglaubt haben, etwas Großartiges abzuliefern. „Haialarm auf Mallorca“ zum Beispiel, wo wir hier schon bei RTL sitzen. Wenn man Herzblut und Lust spürt, aber es dann an Handwerk, Geld oder Zeit mangelt –  erst dann kommt ein guter „SchleFaZ“ dabei heraus.

Gutes Programm zu finden ist schwer, angemessen schlechtes Programm zu finden noch schwerer?

Oliver Kalkofe: Das ist das Allerschwerste. 

Und wie brieft man den RTL-Programmeinkauf, einfach mal das Gegenteil von dem zu kaufen, wonach man sonst sucht? 

Oliver Schablitzki: Wie das immer so ist bei Einkaufszetteln: Man geht damit los, findet nicht immer alles, was man sich notiert hatte, aber entdeckt dafür andere schöne Dinge. So hatten wir relativ schnell die Liste für unsere erste „SchleFaZ“-Staffel bei Nitro und RTL+ zusammen. Aber es ist tatsächlich ein anderer Einkauf als sonst, da hatte uns Olli schon vorgewarnt. Man geht eben nicht zu den üblichen Ansprechpartnern, sondern muss erstmal viel recherchieren, wer die Rechte besitzt. 

Oliver Kalkofe: Manche sind auch abgetaucht, weil ihnen die eigenen Werke regelrecht peinlich sind (lacht).

Oliver Schablitzki: Und es ist nochmal eine etwas andere Akquise als früher bei den Kollegen von Tele 5, weil wir mit RTL+ jetzt „SchleFaZ“ endlich auch ins Streaming-Zeitalter holen. Dafür müssen wir aber natürlich auch andere Rechte an den Produktionen erwerben. Linear bleibt alles wie gewohnt auf dem gelernten Sendeplatz am Freitagabend, geeignet für Watch-Partys. Gleichzeitig geben wir den Fans aber mit RTL+ erstmals komfortabel die Chance, „SchleFaZ“ zu jeder Zeit bequem über unsere App auf allen Endgeräten zu schauen.

Oliver Kalkofe: Linear sind wir das letzte Lagerfeuer-Fernsehen, so wie „Wetten, dass...?“ früher –  nur in klein. Dafür noch auf Sendung! Und wir wissen, dass viele unserer Fans daraus eine Party veranstalten, wie wir selbst ja auch. Ich bin sehr gespannt darauf, welche Dynamik sich ergibt, wenn man „SchleFaZ“ jederzeit auf RTL+ schauen kann.

Jetzt ist der Einkauf von Filmen die eine Möglichkeit „SchleFaZ“-Filme zu bekommen. Man könnte natürlich auch in den eigenen RTL-Archiven stöbern…

Oliver Schablitzki: (lacht) Deswegen ist mit „S.O.S. Barracuda: Der Tod spielt Roulette“ ja auch gleich der erste Film aus unserem Haus.

Oliver Kalkofe: Wir haben uns gedacht, das ist das Beste, was wir machen können. Mit einem Scheiß-Film von RTL zu starten. Und in den Film, als wir ihn dann auftreiben konnten, war ich schockverliebt.

Wie muss man sich das denn vorstellen: Wie testet Oliver Kalkofe Filme auf „SchleFaZ“-Tauglichkeit?

Oliver Kalkofe: Das ist unterschiedlich. Am Anfang habe ich den Fehler gemacht, alle Filme wirklich in voller Länge zu gucken. Dann habe ich gemerkt: Das schaffe ich nicht, zeitlich und mental. Wenn ich zuhause bin und Zeit habe, gehe ich in den Keller und schaue in ein paar DVDs rein, spule dabei aber auch viel vor. Wenn ich das Gefühl habe, der Film taugt was, kommt er auf die Liste. Und später, während wir die Gags schreiben, schauen wir ihn natürlich mehrfach komplett, um ihn wirklich zu spüren. Da wechseln Peter und ich uns immer ab. Einer ist vorbereitet, der andere macht halt mit.

 

"Der Begriff des Lagefeuerfernsehens ist oft überbemüht, aber bei 'SchleFaZ' stimmt er erwiesenermaßen."

Oliver Schablitzki

 

Jetzt kommen einem manche Filme ja auch erst aus heutiger Sicht furchtbar vor - und dürften durchaus leidenschaftliche Fans haben…

Oliver Kalkofe: Natürlich! Es gibt immer mal wieder Empörung, wir würden uns lustig machen über Kultfilme. Das mache man nicht, das seien doch Klassiker, beispielsweise „He-Man and the Masters of the Universe“ oder „Super Mario Brothers“. Ich sage dann immer: Ja, ich habe die auch mal geliebt. Aber sie sind trotzdem scheiße. Wirklich richtig scheiße. Man kann sie ja trotzdem lieben, und ich glaube, man kann Peter und mir nicht unterstellen, dass wir unsere Filme nicht mit viel Liebe scheiße finden.

Noch eine Frage an den Senderchef: Im Streaming-Zeitalter ist es nicht einfacher geworden, als kleinere Sendermarke aufzufallen. Ist „SchleFaZ“ für Nitro ein wichtiges Lebenssignal?

Oliver Schablitzki: Der Begriff des Lagefeuerfernsehens fiel ja schon. Der ist oft überbemüht, aber bei „SchleFaZ“ stimmt er erwiesenermaßen. Und wir haben bei Nitro Erfahrung mit Lagerfeuer-Fernsehen, denn Live-Sport vereint auch Fans linear vor dem Bildschirm. Mit Olli und Peter vergrößern wir diesen Effekt in einem anderen Genre und freuen uns auf die große Fan-Gemeinde, die sich so leidenschaftlich mit diesem Programm identifiziert.

Letzte Nachfrage: Geht es denn Werbekunden genauso?

Oliver Schablitzki: Auch hier: Die Neugier auf „SchleFaZ“ ist groß. Ich bin zuversichtlich, dass es eine gute Entscheidung ist, schlechte Filme zu zeigen.

Herr Kalkofe, Herr Schablitzki, herzlichen Dank für das Gespräch.