Herr Bratzler, wie schwer fällt es Ihnen, in Zukunft weniger Folgen der "Eisenbahn-Romantik" produzieren zu können?

Das fällt schwer, weil die "Eisenbahn-Romantik" eine sehr erfolgreiche Traditionsmarke des SWR ist. Wir wollen die Marke zwar nicht komplett aufgeben, aber trotzdem war es eine von vielen schweren Entscheidungen, die wir zu treffen hatten.

Die Frage war jetzt etwas salopp formuliert, aber sie hat einen ernsten Hintergrund: Der SWR hat zu Beginn der Woche angekündigt, sparen zu wollen – und zwar auch am Programm. 

Uns war klar, dass selbst auf Basis der Beitragsanpassung, von der wir nach wie vor fest ausgehen, aufgrund von Inflation sowie Kosten- und Gehaltssteigerungen Geld fehlen wird. Wir reden von einem Kaufkraftverlust in Höhe von 70 Millionen Euro im Jahr. Diese Summe ist nicht alleine durch mehr Effizienz zu erreichen und auch wenn wir in Bereichen sparen, bei denen es nicht um das Programm geht, beispielsweise in Verwaltung, Infrastruktur oder Immobilien, erfordert es dennoch auch Einschnitte im Programm. Es war ein fast zweijähriger Prozess, in dem wir in der Geschäftsleitung gerungen haben, um diese Einschnitte möglichst gering zu halten. Doch auch wenn zum Beispiel die Reduktion von Büro- und Lagerflächen jährlich einen mittleren einstelligen Millionenbetrag erbringen soll, kommen wir nicht um sichtbare und hörbare Einsparungen herum. Wir gehen dabei aber bewusst nicht nach dem Rasenmäherprinzip vor, weil wir davon überzeugt sind, dass man am Ende nichts mehr richtig macht, wenn man überall nur ein bisschen was wegnimmt. 

Wie viel Spielraum bleibt da noch für neue Ideen?

Wir wollen uns ganz bewusst im Digitalen Spielräume erhalten – was zulasten erfolgreicher Traditionsmarken wie der "Eisenbahn-Romantik", aber auch "Ich trage einen großen Namen" geht, oder auch "Verstehen Sie Spaß?", dort aber nur bei den linearen Shows, nicht beim sehr erfolgreichen Digitalangebot. Das ist ein Schritt, der uns im Linearen zwar Marktanteile kosten wird, der aber letztlich alternativlos ist, wenn wir unserem Auftrag, auch jüngere Zielgruppen anzusprechen, gerecht werden wollen. Gleichzeitig wissen wir, wie schwer es ist, im Digitalen neue Marken aufzubauen. Mit unserer Comedyserie "Almania" mit Phil Laude oder der "Kurzstrecke" mit Pierre M. Krause hat das geklappt, aber wir haben natürlich auch schon einige Flops hinnehmen müssen. Das Aufbauen von Neuem ist sehr viel herausfordernder als das Beenden von Altem. 

Verstehen Sie Spaß? © SWR/Patricia Neligan Barbara Schöneberger wird in Zukunft nur noch drei statt fünf Ausgaben pro Jahr von "Verstehen Sie Spaß?" moderieren.

Von Ihrem Klassiker "Verstehen Sie Spaß?" wird es künftig nur noch drei Ausgaben pro Jahr geben. Gleichzeitig stehen beim MDR die Silbereisen-Shows auf der Kippe. Sehen wir hier ein Stück weit den Anfang vom Ende der Samstagabendshows?

Das sehe ich nicht so. In Zukunft werden wir etwas weniger machen als bisher, aber nach wie vor erfolgreiche Sendungen ins Gemeinschaftsangebot beisteuern. Beim MDR sind es ähnliche Zwänge, die den Kostendruck erhöhen. Auch dort wird allerdings an guten Lösungen gearbeitet. Es wird daher im Ersten weiterhin ein ausreichendes und erfolgreiches Show-Portfolio geben.

Viele, auch im SWR, fragen sich nach den jüngsten Sparankündigungen: Ist das erst der Anfang oder folgt da perspektivisch noch mehr?

Es gibt auf der Einnahmenseite große Unsicherheiten. Dennoch glauben wir, dass wir mit den beschlossenen Maßnahmen die perspektivische Einsparung von 70 Millionen Euro im Jahr hinbekommen werden und damit auch für die nächste Beitragsperiode – unter Annahme der dringend benötigten Beitragsanpassung – so aufgestellt sind, dass wir keine weiteren Maßnahmen ergreifen müssen und vor allem die digitale Transformation weiter vorantreiben können. Klar ist auch: Wir werden die Struktur des SWR weiter verschlanken und arbeiten konkret daran, die Zahl der Direktionen von acht auf sechs zu reduzieren. Damit geht einher, Hauptabteilungen, Abteilungen und Redaktionen zusammenzulegen. Wir gehen wirklich an Strukturen ran, nutzen die Demografie in den kommenden Jahren – auch an der Spitze des Hauses. Es ist mitnichten so, dass wir in erster Linie am Programm kürzen.

 

"Gut abgestimmt können wir auch weiterhin ein sehr gutes Angebot hinbekommen."

 

Wo sehen Sie den SWR mit Blick auf die Einsparmaßnahmen im Vergleich zu anderen ARD-Anstalten?

Alle Anstalten müssen mit der Situation realer Kaufkraftverluste umgehen. Wichtig ist, dass wir die Schritte in der ARD miteinander abstimmen. Gemeinsam müssen wir noch stärker als bisher priorisieren und entscheiden, was wir dringend erhalten müssen – auch durch Kooperationen. Gut abgestimmt können wir auch weiterhin ein sehr gutes Angebot hinbekommen. Richtig ist aber auch, dass die Anforderung, immer mehr Zielgruppen auf immer mehr Plattformen zu bedienen, bedeutet, dass wir der älteren linearen Zielgruppe auch etwas wegnehmen und ihr beispielsweise mehr Wiederholungen zumuten müssen. Da bekommt man viel Post von Menschen, die sich daran stören. Aber es gibt keine Alternative dazu, weil wir kein zusätzliches Geld bekommen, um alles fortzusetzen und gleichzeitig ein Angebot für Jüngere zu machen.

Gleichzeitig gibt es aber auch diejenigen, die sich an den Kopf fassen, wenn Sie lesen, dass die Erträge aus dem Rundfunkbeitrag im vergangenen Jahr erstmals auf mehr als neun Milliarden Euro gestiegen sind. Müssen Sie an dieser Stelle nicht offener kommunizieren?

Unser Anspruch muss es sein, unsere Glaubwürdigkeit zu festigen. Das ist elementar, gerade in Zeiten von Desinformation und Fake News. Wahrheit ist in diesem Fall, dass es um einen Einmaleffekt durch mehr angemeldete Wohnungen geht und diese Mehreinnahmen von uns nicht ausgegeben werden dürfen. Sie werden erstmal gesperrt als Sonderrücklage und von der KEF bei der Beitragsempfehlung eingerechnet. Das ändert also nichts daran, dass wir hart sparen müssen. Gleichzeitig ist die Anforderung, die die Gesellschaft als Ganzes zu erreichen, in den vergangenen Jahren viel anspruchsvoller geworden. Trotzdem: Wir kriegen viel Geld und müssen sorgsam damit umgehen, was wir im Übrigen auch tun. Es ist ein Spagat und wir werden ihn sicher noch besser erklären müssen als in der Vergangenheit. 

Herr Bratzler, vielen Dank für das Gespräch.

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