Herr Hasanovic, wie groß ist die Gefahr für Schauspieler hierzulande in Schubladen gesteckt zu werden?
Auf einer Skala von ein bis zehn? Zwölf! Man spielt einmal erfolgreich einen Kriminellen und plötzlich wollen einen alle nur noch in dieser Rolle sehen. Und wer einmal eine Ermittler-Rolle beim "Tatort" übernommen hat, wird in den Bauchbinden gar nicht mehr als Schauspieler bezeichnet, sondern als "Tatort-Kommissar". Das ist eine verdammt harte Nuss, die man knacken muss, um da wieder rauszukommen.
Sie haben sich eine große Bandbreite bewahrt – von klassischen Krimis über "Oh Hell" bis hin zu "Im Westen nichts Neues" und der Moderation des Deutschen Filmpreises. Braucht es dafür Hartnäckigkeit?
Zumindest braucht es eine Stetigkeit, Nein zu sagen. Wenn zum dritten Mal eine Anfrage für eine ähnliche Rolle kommt, dann sage ich im Zweifel trotzdem ab, auch wenn das bedeutet, dass ich vielleicht ein halbes Jahr lang nicht spielen kann. Mir ist natürlich bewusst, dass sich das nicht alle Kolleginnen und Kollegen erlauben können. Aber manchmal lohnt es sich, geduldig zu sein. In meinem Fall hat es lange Zeit gedauert, bis mir lustige Rollen zugetraut wurden. Als ich dann der Lustige war, dauerte es wiederum eine halbe Ewigkeit, bis man mich auch wieder für ernste Rollen besetzte.
Und jetzt bekommen Sie Ihre erste eigene Fernsehshow. Wie kam's dazu?
Ich weiß gar nicht genau, wie es dazu kam und ob das ZDF überhaupt weiß, was es sich da eingebrockt hat. (lacht) Aber die Moderation des Filmpreises vor einigen Jahren hat sicher geholfen. Ich hatte jedenfalls schon immer Bock, das Mikrofon an mich zu reißen, um zu performen und meiner Familie auf den Sack zu gehen. Gleichzeitig war es nie so, dass ich mir eine eigene Show gewünscht habe. Aber wenn ich jetzt zurückschaue, ergibt es total Sinn, dass es so gekommen ist.
Nun ist das deutsche Fernsehen nicht so sehr für Late-Night-Shows bekannt. Was haben Sie sich vorgenommen, um das zu ändern?
Wir wollen das Late-Night-Fernsehen nicht neu erfinden. Es gibt den klassischen Late-Night-Rahmen: Gäste, eine Band, Einspieler – und hoffentlich bin ich am Anfang lustig. Diesen gelernten Rahmen will ich mit meinem Feuer und meiner Leidenschaft sprengen. Eine klassische Late-Night-Show eben. Nur anders.
Worauf führen Sie es zurück, dass es in Deutschland diese Late-Night-Shows, die einfach nur lustig sein wollen, fast nicht gibt – sondern am späten Abend vor allem Markus Lanz und Sandra Maischberger zu sehen sind?
Deutsch zu sein bedeutet oft: Spaß beiseite. Aber warum? Lachen macht doch gesund. Leider ist man in Deutschland gern bescheiden und will möglichst nicht auffallen. Man will kleine Brötchen backen. Meine Aufgabe ist es dagegen, um im Bild zu bleiben, ein fettes Ciabatta-Brot aus dem Ofen zu holen und die Leute mit meiner guten Laune anzustecken.
Liegt es vielleicht an den Gästen? Die wollen in Amerika oft in erster Linie eine gute Show abliefern und erst in zweiter Linie ihr neues Album promoten.
Schlagfertigkeit ist sicher kein Wert, bei dem die Deutschen direkt ausflippen. Da gibt es in Amerika schlicht eine andere Industrie. Ich will mich von diesen unausgesprochenen Regeln trotzdem nicht einschränken lassen. Ich will größenwahnsinnig denken und die Regeln brechen.
"Im besten Fall soll meine Show über Jahre hinweg eine Art Instanz werden."
Sie arbeiten für Ihre Show mit der Produktionsfirma Seapoint zusammen, die in der Vergangenheit schon mehrere Staffeln von "Studio Schmitt" gemacht hat. Hilft Ihnen diese Late-Night-Erfahrung?
Die Erfahrung ist sogar sehr wichtig. Ich komme ebenso wie mein Headautor vom Film und unsere Erwartung war, dass das sicher ganz ähnlich funktionieren wird. Die Wahrheit ist allerdings, dass die Abläufe komplett anders sind. Ich musste daher lernen zu vertrauen – trotz meiner vielen Ideen. Glücklicherweise habe ich Leute wie unseren Regisseur Johannes Spieker und die Verantwortlichen der Seapoint um mich herum, die es mir erlauben, mich fallen zu lassen.
Geplant sind zunächst sechs Folgen. Und dann?
Wir zeichnen alle sechs Folgen innerhalb von drei Tagen auf. Da muss man natürlich in Zukunft schauen, wie sich das mit meinen anderen Produktionen vereinbaren lässt. Aber ich möchte keineswegs nur sechs Folgen machen und dann direkt wieder abhauen. Im besten Fall soll meine Show über Jahre hinweg eine Art Instanz werden, die die Leute gerne mögen und in der sich meine Gäste wohl fühlen. Deshalb gibt es in der Vorbereitung auch gerade kein anderes Thema für mich als diese Show. Ich schlafe damit ein, träume von ihr und wache damit auch wieder auf.
Wie viel Aufregung verspüren Sie?
Wenn wir vorhin auf der Skala bei einer zwölf waren, dann bin ich in Sachen Aufregung bei einer... 74. (lacht)
Und wie empfinden Sie es, anders als im Film, die direkte Reaktion des Publikums zu bekommen?
Auf einer Skala wären wir hier vermutlich auf einer 100. Ich habe mit zwölf Jahren Theater gemacht, habe im Berliner Ensemble gespielt. Das war zwar keine Komödie, sondern Drama – aber zu spüren, wie die Menschen atmen und wie sie erschrecken, ist schon etwas anderes als einen Film zu drehen und eineinhalb Jahre später etwas darüber zu lesen. Das ist richtig geil!
Herr Hasanovic, vielen Dank für das Gespräch.
"Edins Neo Night", sonntags um 22:15 Uhr bei ZDFneo