Herr Himmler, als Sie im ZDF angefangen haben, gab es hier Planungen, auf dem Lerchenberg einen ZDF-Freizeitpark zu bauen. Wie froh sind Sie, heute keine Achterbahn vor dem Büro rechtfertigen zu müssen?
(lacht) Ich war damals als junger Redakteur im Landesstudio Rheinland-Pfalz sogar bei einer Pressekonferenz deutscher Freizeitpark-Betreiber, die gegen den Plan des Medienparks intervenierten. Es waren Zeiten, in denen kommerzielle Aktivitäten wie ein ZDF-Medienpark und deren Beitrag zur Finanzierung des ZDF anders betrachtet wurden. Aus heutiger Sicht ist es gut, dass es nicht so kam und wir unsere großen Marken im Programm nutzen.
Halten Sie es denn für eine noch nachvollziehbare kommerzielle Aktivität des ZDF, sich an ausländischen Produktionsfirmen zu beteiligen, wie z.B. an World Media Rights in Großbritannien?
Wo zieht man Grenzen? Diese Frage ist berechtigt. Unsere kommerzielle Tochter ZDF Studios unterstützt das ZDF in Kernaufgaben wie der Produktion und Distribution unseres Programms, dazu gehört auch internationale Aktivität. Das ist wichtig, weil das Geschäft längst kein nationales mehr ist. Wir werden so auch Produzentinnen und Produzenten bzw. Urheberrechtsberechtigten gerecht, weil es ein Versäumnis wäre, herausragende Inhalte auf den deutschsprachigen Raum zu begrenzen. Verkäufe ins Ausland bringen den Partnern ebenso etwas wie den Beitragszahlerinnen und -zahlern, weil die Gewinne von ZDF Studios den Beitragsbedarf des ZDF senken. Ein gutes Beispiel ist „Der Schwarm“: Das ZDF gründet mit einem unabhängigen deutschen Produzenten zusammen eine Tochterfirma, gewinnt einen international renommierten Showrunner und das geht nur, wenn man international vernetzt ist. Diese Kontakte pflegt für uns ZDF Studios und deshalb stehe ich zu diesen Aktivitäten, die im Übrigen überschaubar sind. Und jeder kann transparent nachlesen, wo wir beteiligt sind.
In den letzten fünf Jahren sind noch fünf Produktionsfirmen hinzugekommen, was im Produzentenmarkt kritisch beäugt wird. Will das ZDF stärker inhouse produzieren?
Das ist die Strategie, die wir auch bei unserem letzten Produzententag in Berlin erläutert haben. Aber zunächst einmal: Das ZDF als größter Auftraggeber in Deutschland gibt mindestens zwei Drittel seines Produktionsvolumens in den freien Markt, bei der BBC sind es je nach Berechnungsmaßstab nur zwischen 25 und 50 Prozent. Ich stehe auch dazu, dass wir bis zu einem Drittel künftig vertikal integriert produzieren lassen. Das ZDF war - anders als andere Anstalten - im Bereich der Eigenproduktionen immer sehr schlank aufgestellt. Wir brauchen aber im Wettbewerb Sicherheit und dafür in allen relevanten Genres auch Firmen, die der ZDF Studios-Gruppe angegliedert sind, um Knowhow zu sichern und neue Talente heranziehen zu können. Auf diesen Teil der vertikalen Integration lege ich großen Wert.
Viele ihrer Beteiligungen sind gemeinsame Produktionstöchter mit der ARD. Das Netz öffentlich-rechtlicher Produktionsfirmen zu verstehen, ist beinahe eine Wissenschaft für sich…
Wir sind gerade dabei uns das Portfolio genau anzuschauen, weil sich in der Tat die Frage stellt, welchen strategischen Wert manche Minderheitsbeteiligung hat. In bestimmten Fällen macht das Sinn, etwa bei Bavaria Studios. Wir hatten nie den Anspruch einen eigenen Studio-Betrieb zu haben, aber sind mit „Aktenzeichen XY“ bis zu großen Shows der beste Kunde bei Bavaria Studios. An dieser Stelle ist es sinnvoll, sich mit der ARD zusammen zu tun. An anderen Stellen ist es als schlanker nationaler Player besser, eigene Wege zu gehen.
Zu dieser schon länger diskutierten Frage, wie viel kommerzielle Aktivitäten der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht, kommt durch den Skandal beim RBB eine Grundsatz-Debatte über Aufgaben und Kontrolle der Öffentlich-Rechtlichen. Ziehen Sie sich den Schuh an?
Wenn ich mir anschaue, was die Rundfunkkommission der Länder als wichtige Kernaufgaben der Zukunft herausgearbeitet hat, dann stehen dort die Begriffe Governance und Compliance oben auf der Agenda. Mit Blick auf diese Themen sehe ich das ZDF spätestens seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil 2015 und dem neuen Rundfunkstaatsvertrag sehr gut aufgestellt. Wir haben eine funktionsfähige Aufsicht, die Kontrolle ist eng und transparent inklusive des öffentlichen Livestreams der Fernsehratssitzungen. Wir diskutieren mit den Gremien gerade sehr intensiv das Programm der nächsten zwei Jahre und die Frage, ob wir unseren Auftrag vollumfänglich erfüllen, wenngleich es für die grundsätzliche Strategie „Ein ZDF für alle“ große Unterstützung gibt. Das wird sich bestimmt auch bei der nächsten Fernsehratssitzung live verfolgen lassen.
Die Rundfunkkommission sieht aber auch Handlungsbedarf bei den Strukturen, also Angeboten der Öffentlich-Rechtlichen…
Wenn es um die Strukturen geht, halte ich das für eine Frage, die sich in erster Linie an die ARD richtet. Das ZDF als nationaler Sender erfüllt seinen Auftrag mit hoher Effizienz, daher ist die Forderung nach dem Abbau von Doppelstrukturen sicher nicht an uns gerichtet. Ein Beispiel: Wenn die ARD sagt, dass sie 100 Millionen Euro einsparen könne, wenn man im Jahr 2023 endlich die SAP-Systeme innerhalb der ARD harmonisiere, dann kann ich nur sagen: Das ZDF kann da nichts einsparen, weil unsere Systeme seit Jahren funktionieren und die Verwaltung schon einheitlich und schlank aufgestellt ist.
Aber wenn man erwartbare Mehrkosten durch Preissteigerungen kompensieren möchte, müsste auch das ZDF einsparen, oder nicht?
Wir schichten gerade massiv Budget vom linearen Programm ins Non-Lineare um: Rund 100 Millionen Euro, um weiter unserem Auftrag gerecht zu werden, allen Beitragszahlerinnen und -zahlern ein Angebot zu machen. Dafür haben wir vier große Felder identifiziert: Dokumentationen zur Stärkung der Mediathek, Fiktion, um mit mehr Genre-Vielfalt mehr Zielgruppen zu erreichen. In der Information werden wir neue Formen für die non-lineare Verbreitung suchen und in der Unterhaltung hat das auch Auswirkungen auf große Primetime-Shows zu Gunsten von Formaten, die besser über alle Distributionswege funktionieren, wie etwa Comedy. Das ist das Ergebnis einer intensiven Analyse des eigenen Angebots.
"Es gibt keinen Grund ein funktionsfähiges, effizientes und erfolgreiches System zu beschädigen."
Jetzt ist eine Umschichtung aber noch keine Einsparung…
Wir haben unsere Effizienz bewiesen. Trotz Beitragsstabilität in den letzten zehn Jahren haben wir uns stetig weiterentwickelt und die Herausforderungen angenommen. Wir haben uns modernisiert und im Angebot diversifiziert. Wir haben eine moderne Mediathek, ZDFneo und ZDFinfo gestärkt und zusammen mit der ARD auch Funk erfolgreich etabliert, also neue Ausspielwege bedient. Gleichzeitig ist das ZDF unverändert meistgesehener Fernsehsender in Deutschland. Aber wenn die Produzentenallianz jetzt von bis zu 15 Prozent inflationsbedingte Mehrkosten ausgeht, dann wird das ZDF die als Partner doch auch stemmen müssen, so wie wir schon in der Corona-Pandemie Mehrkosten von 50 Millionen Euro geschultert haben. Also werden wir weiter sparen. Das sind Aspekte, die mir in der öffentlichen Bewertung oft zu kurz kommen und leider zu selten Anerkennung bekommen. Und deswegen sage ich mit Selbstbewusstsein: Es gibt keinen Grund ein funktionsfähiges, effizientes und erfolgreiches System zu beschädigen.
Sie beenden erfolgreiche Programme, um sie für an anderer Stelle für Zielgruppen zu investieren, die bislang sicher nicht auf das ZDF gewartet haben. Wie breit ist ihre Schulter?
Die breite Schulter ist da, der Wille auch genauso wie die Überzeugung, dass sich das Neudenken lohnen wird. Denn wir haben im diverser gewordenen Wettbewerb auf anderen Verbreitungswegen nicht mehr die Gnade des zweiten Platzes auf der Fernbedienung. Man bekommt keine Reichweite geschenkt und muss um jede Reichweite kämpfen - mit öffentlich-rechtlichen Mitteln.
En vogue ist gerade die Forderung nach einer öffentlich-rechtlichen Plattform, auch wenn ich mir oft nicht ganz sicher bin, ob alle das gleiche darunter verstehen. Was sagen Sie dazu?
Ich rede ungern von der einen Plattform, weil es letztlich darum geht, dass wir öffentlich-rechtliche Inhalte leichter zugänglich machen, um Menschen in ihrem jeweiligen Nutzungsverhalten zu begegnen und das ist immer häufiger non-linear. Es geht mir mehr um ein Netzwerk von Verbreitungswegen, bei dem die Mediathek nur ein Teil ist. Es geht um mehr, auch um die Frage, wie und wo wir miteinander diskutieren wollen. Das ZDF hat gemeinsam mit den öffentlich-rechtlichen Anstalten in Kanada, der Schweiz und Belgien ein internationales Startup gegründet. Das Ziel: Zusammen mit der gemeinnützigen Initiative New Public soll mit einem umfassenden Forschungs- und Entwicklungsprojekt eine neue Kommunikationsplattform in einem geschützten öffentlich-rechtlichen Raum entwickelt werden.
Um nicht länger allein auf kommerzielle Anbieter aus dem Silicon Valley angewiesen zu sein?
Ja, Public Space steht für Kommunikation jenseits kommerzieller Beeinflussung in einem Raum, den wir als Öffentlich-Rechtliche garantieren, schützen und auch kuratieren. Wir wollen einen hassfreien Kommunikationsraum schaffen für den gesellschaftlichen Diskurs. Dieser muss, wie wir gerade wieder merken, frei sein von kommerziellen oder politischen Interessen. Aber ich möchte klar sein: Es gibt noch keine Vorstellung, wie das aussehen könnte. Da zerbrechen sich jetzt sehr kluge Menschen bei New Public und bei uns und unseren Partnern die Köpfe.
Also ist alles noch in einem sehr frühen Stadium?
Wir werden nicht zu einem Ergebnis kommen, wenn wir nicht mal den ersten Schritt wagen. Es ist ein ergebnisoffener Versuch.
Wie kam es zu dieser Initiative?
Ich habe mich kurz vor meinem Amtsantritt mit Catherine Tait von der kanadischen CBC getroffen, die sich ans ZDF gewandt hat. Wir sind international sehr gut vernetzt und ich denke, als nationaler Player bietet sich das ZDF für solche Kooperationen an. Wir haben dann gemeinsam über die Möglichkeiten eines solchen Projekts nachgedacht. Denn um das zu finanzieren, brauchen wir schlagkräftige Partner, die nicht nur Geld geben, sondern sowohl effizient organisiert als auch entschlussfreudig sind.
Von einem digitalen Projekt zum anderen: Ist die Mediathek eigentlich - nicht vom Produkt, aber der Marke her - noch zeitgemäß? ZDF Mediathek & Chill geht einem schwer über die Lippen…
(lacht) Im ZDF geht’s um mehr als chillen - wir wollen für gute Information und anspruchsvolle Unterhaltung stehen. Da überlassen wir das Chillen gerne Netflix. Unter der Kernmarke ZDF mit möglichst großer Strahlkraft und einem Qualitätsversprechen wird es ein Dutzend Genre-Marken geben, die unverkennbar ZDF aber für sich so stark sind, dass sie auf allen Ausspielwegen konsumiert werden können. Und dann ist es mir wurscht, auf welcher Plattform Sie z.B. „Terra X“-Programme sehen, solange wir die Nutzung zählen können. Und ob die ZDF Mediathek dann noch so heißt oder sich selbst vielleicht nochmal diversifiziert - daran wird zu arbeiten sein.
Bei der Plattform-Diskussion wird auch die Frage diskutiert, ob eine gemeinsame Mediathek von ARD und ZDF sinnvoll ist. Wie sehen Sie das?
Wenn Plattform im Sinne von Mediathek gemeint ist, dann ist meine Antwort zweigliedrig: Es gibt bereits eine enge Zusammenarbeit mit der ARD. Es wird oft verkannt, dass manche der geforderten Synergien schon heute erfüllt werden. Die ARD ist gerade dabei den Kern unseres Empfehlungssystems, das State-of-the-Art ist, zu übernehmen. Wir entwickeln ein gemeinsames LogIn, arbeiten bei der Suche eng zusammen. Gleichzeitig lege ich aber größten Wert darauf, dass wir uns in einem publizistischen Wettbewerb befinden, dessen Bedeutung die Rundfunkkommission gerade nochmal bestätigt hat. Er ist für unser öffentlich-rechtliches System konstitutiv. Dazu gehört auch, dass eine Mediathek ein eigenes, publizistisch kuratiertes Angebot ist. So wie „heute journal“ und „Tagesthemen“ die Themen unterschiedlich gewichten und aufbereiten, ist auch die Positionierung in der Mediathek eine publizistische Entscheidung. Die können wir nicht aus der Hand geben; da würde Vielfalt verloren gehen.
Wenn aus der ARD allerdings nun immer wieder mal ein Diskurs ohne Denkverbot und Tabus gefordert wird und das ZDF mit dem Verweis kontert, schon besser aufgestellt zu sein, bringt Sie das natürlich in eine defensive Rolle…
Das ZDF versucht sich ständig zu verbessern. Ich käme nie auf die Idee zu sagen, dass der Status Quo prima ist, dafür gibt es immer neue Herausforderungen, wie den gerade angestoßenen Strategie-Prozess inklusive der Umschichtung von 100 Millionen Euro im Programm. Ich glaube auch, dass wir mit vielen Projekten die Nase vorn haben, wenn ich z.B. an die offengelegten Algorithmen unserer Mediathek denke.
Im April wird das ZDF 60 Jahre alt - und damit fast so alt wie sein Publikum. Wie wird gefeiert?
(lacht) Ein rauschendes Fest wird es nicht geben, wohl aber einen wohlwollenden, durchaus auch ironischen Blick auf diese 60 Jahre zusammen mit denen, die mit uns gereift sind. Bei Jan Böhmermann etwa muss man immer damit rechnen, dass er sich auch mit diesem Thema befasst. Wir werden eine große Show machen, eine Art Hommage an unsere großen Unterhaltungssendungen der vergangenen Jahrzehnte und selbstverständlich blicken wir zurück auf sechs Jahrzehnte erstklassigen Journalismus. In der Mediathek veröffentlichen wir nochmal viele Schätze aus den vergangenen 60 Jahren, einige Klassiker und Kultserien stehen schon jetzt zur Verfügung.
"Hier haben wir einen Produktionsstandard gesetzt, der keinen internationalen Vergleich scheuen muss"
Ist „Der Schwarm“ ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk des ZDF an sich selbst?
Das wäre ein teures Geschenk, das ich aus Compliance-Gründen gar nicht annehmen dürfte (lacht). Also im Ernst: Ich bin froh, dass „Der Schwarm“ bald ausgestrahlt wird. Trotz Corona-bedingter Verzögerungen sind wir auch weitgehend im Budget geblieben. Das Projekt war mal mit 42 Millionen Euro geplant, geworden sind es 44 Millionen und das ZDF zahlt deutlich weniger als ein Drittel davon. Das ist immer noch viel Geld, aber entstanden ist eine einzigartige Serie, bei der ich besonders stolz darauf bin, dass wir ein solches Projekt aus Deutschland initiieren konnten. Hier haben wir einen Produktionsstandard gesetzt, der keinen internationalen Vergleich scheuen muss - möglich gemacht durch die Allianz von Koproduzenten und dem Vertrieb des Programms.
Und noch laufen die Verkaufsgespräche u.a. auch in den USA, wie wir hören. Ein paar Euro könnte „Der Schwarm“ dem ZDF also noch verdienen?
Ich würde es gar nicht so geringschätzen. Mit seinen Aktivitäten, wie etwa der Koproduktion und Vermarktung von „Der Schwarm“, trägt ZDF Studios jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag bei, und die Werbeeinnahmen des ZDF lagen 2022 bei gut 190 Millionen Euro. Wenn es diese Beiträge aus kommerzieller Aktivität nicht gäbe, wären sie über eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags zu kompensieren.
Wenn konkurrenzfähiges Programm inzwischen so kostspielig sein kann, geht es dann nur noch in Koproduktion?
Wir suchen international Allianzen, weil ich überzeugt davon bin, dass es dem Öffentlich-Rechtlichen guttut, sich mit Partnern zusammen zu tun. Ein Beispiel dafür ist die European Alliance, die zusammen fiktionale Projekte stemmt wie jetzt „Der Schwarm“. Und wenn wir es historisch betrachten, dann ist das ZDF schon sehr lange führend in der europäischen Koproduktion, was seinen Ausgangpunkt beim Programmplatz am Sonntagabend um 22 Uhr hat. Denken Sie nur an Projekte wie die Stieg Larsson-Verfilmungen, „Die Brücke“ und „Kommissarin Lund“. Ansprechpartner für internationale Partner zu sein, ist in meinem Verständnis auch Aufgabe des ZDF als dem nationalen öffentlich-rechtlichen Angebot.
Über den „Schwarm“ und den 60. Geburtstag hinaus: Welche Herausforderungen sehen Sie im Angebot des ZDF?
Im Informationsbereich ist es angesichts der komplexen geopolitischen Lage wichtiger denn je, aus aller Welt zu berichten. Das ist eine große Stärke und die werden wir ausbauen. Wir werden den Investigativ-Journalismus schärfen, nicht nur durch Zusammenarbeit mit anderen. Außerdem wollen wir den Fakten-Check gerade auf den non-linearen Wegen ausbauen. Mit Dokumentationen und Reportagen wollen wir Informationsformate stärken, die bekanntermaßen on demand gut nachgefragt werden. In der Fiktion sind wir auf der Suche nach dem USP des ZDF. „Gestern waren wir noch Kinder“ hat mir diesbezüglich sehr gut gefallen. Im Non-Fiktionalen haben wir gemerkt, wie gut bei uns die Humor-Farbe funktioniert und setzen deswegen die Strategie fort - hauptsächlich über ZDFneo und die Mediathek - stärker in Comedyserien zu investieren. Da ist eine Lücke im Markt, die unsere ersten Erfolge wie „Doppelhaushälfte“ und „Deadlines“ schon gut besetzt haben. Das bauen wir aus. In der Unterhaltung müssen wir uns nochmal das Thema Primetime-Shows vornehmen und das mit Event-Charakter neu angehen. Sketch-Comedy ist auch etwas, das wir vorantreiben werden. Ansonsten sind wir bei relevanter Comedy mit weitem Abstand Marktführer.
Der Wettbewerb dürfte aber intensiver werden, weil auch die Privatsender das etwas ältere Publikum für sich entdecken…
Der wurde schon spürbar intensiver. Es gab in den letzten anderthalb bis zwei Jahren Abwerbeversuche von beiden privaten Sendergruppen…
…die manchmal klappen, wie bei Dirk Steffens…
… in allen anderen Fällen aber nicht. Das zeigt mir, welche Strahlkraft das ZDF hat und damit meine ich die Wertschätzung für das qualitätsvollere Umfeld, das wir unseren Talenten und Kreativen bieten. Ich sehe dem Wettbewerb gelassen entgegen: Wir haben seit vielen Jahren erfolgreich große Marken etabliert in einem Publikumssegment, in das andere jetzt erstmal eindringen müssen. Das Terrain werden wir verteidigen. Ich sehe die Botschaft andersherum: Wir wollen mit dem „ZDF für alle“ die Aufgabe erfüllen, auch der kleiner werdenden jüngeren Zuschauer-Generation ein Angebot zu machen. Selbst wenn es weniger werden, finanzieren sie uns genauso und haben einen Anspruch darauf. Wenn sich Privatsender von Publika abwenden sollten, weil es sich wirtschaftlich nicht mehr lohnt, dann haben wir die Verpflichtung, auch denen ein gutes Angebot zu machen. Genau deshalb die Diversifizierungsstrategie, um den Spieß umzudrehen: Ich habe keine Angst um unser Publikum im Linearen, sondern sehe die Chance, andere Publika für uns zu gewinnen.
Herr Himmler, herzlichen Dank für das Gespräch.