Herr Nobili, hätten Sie einen Tipp für mich? Welchen Streamimgservice soll ich Ihrer Meinung nach kündigen, um Budget für Paramount+ zu haben?
(lacht) Die Entscheidung muss ich Ihnen überlassen. Paramount+ hat etwas für alle, daher sehen wir im deutschen Markt Potential für beide Szenarien, also als Ersatz für andere oder in Ergänzung und eine Marktforschung in Deutschland hat uns gezeigt, dass 60 Prozent der Deutschen offen dafür sind, einen neuen Streamingservice auszuprobieren. Die wollen wir mit der Bandbreite und Qualität der Inhalte überzeugen und das zu einem sehr wettbewerbsfähigen Preis. Im Schnitt hat ein Haushalt dreieinhalb bis vier Streamingdienste abonniert, einer davon wollen wir sein.
Eine Vielzahl von Wettbewerbern sind schon aktiv. Mit welcher Positionierung wollen Sie sich denn davon unterscheiden?
In Anlehnung an unser Logo haben wir es ja auch zur Marketingkampagne gemacht: Wir haben einen ganzen Berg an Entertainment, wobei ich die Breite und Tiefe des Angebots hervorheben würde. Escape & Connect nennen wir es. Mit vielen außergewöhnlichen Serien wie „Star Trek“, aber auch Animationsprogrammen wie „South Park“ und Kinderprogrammen von Nickelodeon bietet Paramount+ eine Flucht aus dem Alltag, mit Reality-Programmen wie „Germany Shore“, Musik und manchen besonders nahbaren fiktionalen Stoffen aber auch echte Verbindungen. Ob ein Wiedersehen mit vertrauten Menschen oder Abenteuer in fremden Welten - wir haben was für jeden.
Das erzählt jeder. Was macht Paramount+ einzigartig? Was ist ihr Wettbewerbsvorteil?
Was uns von vielen Wettbewerbern im Streaming unterscheidet, ist die Erfahrung im Markt. Und das betrifft mehrere Aspekte. Einmal hat Paramount eine sehr lange Historie in der Unterhaltungindustrie, damit verbunden viel Erfahrung im Markt und starke Marken wie Showtime, CBS, MTV oder Nickelodeon, die übrigens immer schon eine Vielzahl von Genres bedient haben und wir erleben gerade, wie die Erwartung an Genre-Vielfalt bei Streamingdiensten steigt. Außerdem ist Paramount schon seit Jahrzehnten global aktiv. Wenn wir in Deutschland starten, sind wir nicht neu hier. Das lokale Team kennt den deutschen Markt und den Geschmack, betreibt unsere linearen Sender und hat auch unseren kostenlosen Streamingdienst Pluto TV gelauncht. Damit haben wir ein Ökosystem aus SVoD, TV-Sendern und AVoD, das uns Promotion aber auch Windowing, also die Programmverwertung, über mehrere Verbreitungswege ermöglicht. Das kann nicht jeder.
Wie gradlinig lässt sich Paramount+ als Hollywood-Versprechen global expandieren oder braucht es unterschiedliche Ansätze?
Die Antwort liegt dazwischen. Unsere großen Franchises und Hollywood-Stars wie Sylvester Stallone, der mit „Tulsa King“ seine erste TV-Serie spielt, entwickeln überall eine Strahlkraft. Technische Aspekte gehören natürlich auch zu dem, was sich leicht skalieren lässt. Gleichzeitig wissen wir aber, dass jeder Markt seine Besonderheiten hat, was sich zum Beispiel bei der Distribution auswirkt, aber auch der Bedeutung von lokalem Content. Mit Dani Levys „Der Scheich“, unserer Reality „Germany Shore“, der neuen Staffel des Nickelodeon-Erfolgs „Spotlight“ und Anfang Januar dann „Simon Becketts: Die Chemie des Todes“ haben wir vom Start weg in den ersten Wochen bereits ein starkes lokales Angebot fürs deutsche Publikum. Das ist hier und in europäischen Märkten wie Frankreich und Italien sehr wichtig, ein Markt in dem der internationale Content eine größere Rolle spielt, wäre beispielsweise Kanada.
Paramount betont immer wieder, eine der größten Hollywood-Marken zu sein. Wie knifflig ist es, diesem Image mit lokalen Eigenproduktionen mit deutlich weniger Budget gerecht zu werden?
Da hilft uns die Kenntnis aus der langjährigen Paramount-Präsenz in vielen Märkten, weil wir wissen, welche Erwartungen es an lokale Produktionen gibt. Ich schlage vor Sie schauen sich „Simon Becketts: Die Chemie des Todes“ an und werden ein enorm hohes Production Value sehen. Es braucht nicht immer Investments auf Hollywood-Level.
Eine Frage mit Blick auf die Produzenten und Kreativen in Deutschland: Bedeutet eine Zusammenarbeit mit Paramount+ automatisch einen Total Buyout?
Wir sind offen für viele Modelle, haben zum Beispiel in Italien auch schon Koproduktionen umgesetzt. Natürlich gefällt uns die Möglichkeit, eine herausragende Produktion international verwerten und damit Paramount+ stärken zu können. Aber wenn wir in für uns wichtigen Märkten Zugang zu tollen Produktionen bekommen, die sich nicht international auswerten lassen, wäre das kein Hinderungsgrund für uns.
Andere Streamingdienste kürzen oder fokussieren ihre Investitionen in lokalen Content, Sie expandieren unbeirrt?
Ich kann mich nicht zu der Strategie der anderen äußern, aber wir sind sehr überzeugt und unbeirrt darin, bis 2025 unser Ziel von 150 internationalen Produktionen umzusetzen. Diese Ambition begleitet unsere weitere globale Expansion. In diesem Jahr haben wir Paramount+ in 27 neuen Märkte gestartet, sind jetzt u.a. in Lateinamerika, Europa, Australien und Kanada gut vertreten. Im nächsten Jahr kommt u.a. Indien dazu und wir schauen uns Afrika, den Nahen Osten und Asien weiterhin genau an.
Sie sprachen bereits von Distribution. Sie starten in Deutschland in Partnerschaft mit Sky, haben so direkt eine hohe Verbreitung. Welches Ziel haben Sie sich fürs nächste Jahr gesetzt?
Ich würde lügen, wenn ich sage, dass wir keine klaren Ziele definiert haben. Aber wir sprechen nur über unser globales Ziel und da wollen wir Ende 2024 bei international 100 Millionen Abos liegen. Wir haben gerade veröffentlicht, dass wir im letzten Quartal 4,6 Millionen Abos dazu gewonnen haben und derzeit bei 67 Millionen Paramount+-Abos liegen. Im Vergleich zum Wachstum des Marktes ist das ein erstaunliches Plus. Deutschland ist für uns einer der Top 5-Märkte auf der Welt und soll natürlich seinen Anteil dazu beitragen unser Ziel bis Ende 2024 zu erreichen.
Einerseits expandiert Paramount+, gleichzeitig startet in einigen europäischen Märkten hingegen Sky Showtime als Premium-Angebot. Welche Strategie steckt hinter dieser Zweigleisigkeit?
Der globale Streamingmarkt wird sich bis 2027 in der Größe fast verdoppeln und wir wollen in jeder Form davon profitieren. Deswegen gibt es Paramount+ als SVoD-Angebot, aber auch die FAST-Channels von Pluto TV. Damit können wir sowohl mit Abos als auch Werbung verdienen und bauen dafür unseren globalen Fußabdruck aus. In einigen Territorien wiederum macht es strategisch Sinn, sich mit Partnern zusammenzuschließen um ein finanziell attraktives Modell zu finden. Aus dem Gedanken ist Sky Showtime entstanden. Für Paramount+ ist es in hier die Partnerschaft mit Sky Deutschland oder nehmen Sie Südkorea, wo Paramount+ ein Teil des Streamingservices TVING geworden ist.
Letzte Frage: Bleibt Streaming mit dem Bingewatching verbunden oder wird sich ein zuletzt immer häufiger ausprobierte Weekly Release durchsetzen?
Ja, mit Binge-Watching fing mal alles an und das Versprechen von diesem neuen Ding namens Streaming war, dass man so viel gucken kann wie man möchte. Was dann in den letzten Jahren folgte war ein Lernprozess und ein Experimentieren. Und ich glaube das werden wir in der Branche auch weiterhin erleben. Das hängt auch vom Genre ab. Entscheidend ist die Frage: Wie generiert man den größten Buzz um aufzufallen?
Herr Nobili, herzlichen Dank für das Gespräch.