Herr Ceylan, vor einigen Monaten haben wir Sie auf dem "Traumschiff" gesehen, nun folgt eine eigene Sendung im ZDF. Erlebt das TV-Publikum derzeit eine Art neuen Bülent Ceylan?
Es wirkt ein bisschen so, oder? Ja, ich habe im "Traumschiff" mitgespielt – die einen haben es geliebt, die anderen nicht. Aber das Format ist einfach kultig, da erwartet doch niemand ernsthaft einen Oscar. (lacht) Dazu kommt jetzt das Langzeit-Projekt "Don't Stop The Music", das mir unglaublich viel bedeutet, weil hier viel von dem zusammenkommt, was mir wichtig ist. Ich bin Familienvater, unterstütze eine Kinderstiftung, mache Musik, habe Migrationshintergrund. All das wird verbunden mit Emotionen und Humor.
Worum genau geht es bei "Don't Stop The Music"?
Das ist das beste Fernsehprojekt und vielleicht das nachhaltigste, das ich jemals gemacht habe. Der Kern des Formats ist es, 50 benachteiligten Schülerinnen und Schülern aus einem sozialen Brennpunkt die Möglichkeit zu geben, innerhalb eines halben Jahres ein Instrument zu lernen und am Ende gemeinsam mit Profi-Musikern auf einer großen Konzertbühne zu stehen. Das Projekt wird begleitet von Wissenschaftlern, die erklären, wie wichtig Musik für die Entwicklung des Gehirns, für die Integration und das soziale Miteinander ist. Es ist auch ein Appell an die Politik, denn schon vor Corona haben in Deutschland mehr als 20.000 Musiklehrer gefehlt.
Was ist Ihre Aufgabe bei alldem?
Ich bin so etwas wie der große Bruder, von dem die Kinder sagen können: Das ist einer von uns, der ist auch in einem krassen Viertel aufgewachsen und hat es irgendwie geschafft. Ich will motivieren, aber auch zuhören. Bei den Dreharbeiten habe ich gespürt, dass sich die Schülerinnen und Schüler regelrecht auf mich gefreut haben. Das war ein tolles Gefühl. Ich spreche aber auch mit den Musikerinnen und Musikern, für die es ein völlig neues Umfeld ist, wenn sie beispielsweise mit Flüchtlingskindern zu tun haben, denen die Flucht noch in den Knochen steckt, oder mit Kindern, die Gewalt erlebt haben.
Kann ein Fernsehformat wie "Don't Stop The Music" überhaupt nachhaltig sein?
Davon bin ich überzeugt, weil wir uns sehr viele Monate Zeit für die Dreharbeiten genommen haben. Ob wir am Ende ein tolles Konzert machen oder ob ein paar schiefe Töne gespielt werden, ist dabei vollkommen egal. Es geht um den Weg der Kinder, den wir erzählen – und wenn ich höre, dass sich die meisten von ihnen seit dem Projekt auch in anderen Fächern verbessert haben, dann ist das eine schöne Bestätigung für die geleistete Arbeit. Alleine dafür hat es sich gelohnt.
Diese Ernsthaftigkeit haben Sie schon vor einigen Jahren unter Beweis gestellt, als Sie in Sat.1 die Sendung "Bülent rettet Deuceyland" gemacht haben. Erlebt das Fernsehen künftig häufiger den ernsthaften Bülent?
Wenn es nach mir geht, auf jeden Fall. Klar, auf der Bühne mache ich gerne Klamauk und gehe gerne auf die Zwölf. Gleichzeitig möchte ich gerne häufiger meine ernsthafte Seite zeigen, die ebenfalls ein Teil von mir ist. Ich muss doch nicht alle zehn Sekunden einen Witz erzählen.
Sie waren lange bei RTL, dann in Sat.1, sind jetzt verstärkt bei den Öffentlich-Rechtlichen zu sehen. Wo sehen Sie Ihre TV-Heimat?
Glücklicherweise stehe ich bei keinem Sender mehr exklusiv unter Vertrag. Das ermöglicht mir eine größere kreative Freiheit, weil ich mir mehr als früher aussuchen kann, für welche Formate ich wirklich vor der Kamera stehen möchte. Aktuell fühle ich mich auch bei den Öffentlich-Rechtlichen sehr wohl, auch weil der Quotendruck hier nicht so groß ist wie bei RTL oder Sat.1.
Haben Sie keine Lust mehr auf die Privaten?
Ich arbeite auch weiterhin gerne mit Privatsendern zusammen, aber jetzt freue ich mich erstmal auf mein Herzens-ZDF-Projekt "Don’t stop the music" und vielleicht darf ich ja bald irgendwo auch mal wieder eine schöne Abendshow moderieren.
Herr Ceylan, vielen Dank für das Gespräch.
"Don't stop the Music", Dienstag bis Donnerstag um 22:15 Uhr im ZDF