Herr Tewes, vermissen Sie den Dschungel schon? Diese starken Quoten erreicht sonst wenig im RTL-Programm…

Ich blicke erstmal mit Dankbarkeit zurück. Wir waren sehr angetan davon, was der Dschungel uns in Südafrika beschert hat - mit Bezug auf die Aufmerksamkeit der Zuschauerinnen und Zuschauer, aber auch inhaltlich. Das Team von ITV Studios Germany hat mit uns unter der Führung von Markus Küttner trotz vieler Ungewissheiten bewiesen, dass „Ich bin ein Star - holt mich hier raus“ eine der stärksten TV-Marken ist, die die Menschen immer wieder bei uns versammelt und fasziniert.

Haben Sie mit Daniel Hartwich eigentlich schon geklärt, dass er „Let’s dance“ über die bevorstehende Staffel hinaus erhalten bleibt?

Haben wir. Er ist ein wichtiger Charakter für RTL nicht allein wegen „Let’s Dance“. Auch bei „Lego Masters“, das wir im vergangenen Jahr mit ihm erfolgreich neu positioniert haben, freuen wir uns auf die weitere Zusammenarbeit.

Ich frage nur, weil die Kommunikation seines Ausscheidens bei „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ etwas unkoordiniert wirkt…

Die Tatsache, dass sein erstes Kind in die Schule kommen und er daher nicht mehr soviel beruflich unterwegs sein will, kommt wenig überraschend. Dazu waren wir längst im Austausch. Geplant war, dass Daniel es den Zuschauerinnen und Zuschauern in der „Nachspiel“-Sendung, die wir nach dem Finale programmiert hatten, selbst sagt. Die News hat leider nicht solange gehalten und kam früher raus. 

Mit der hohen Reichweite ist „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ extrem wichtig für RTL. Wann war Ihnen klar, dass es auch wirklich stattfinden wird? Erst der nötige Wechsel nach Südafrika, dann die Omikron-Welle...

Entscheidend waren am Ende die Umsicht und Besonnenheit bei der Planung durch unsere Redaktion und die Produktion. Entspannt war ich erst am Mittwoch vor dem Start, als wir von rund 170 PCR-Tests aller Beteiligten nur insgesamt drei positive Ergebnisse hatten, einer davon Lucas Cordalis. Alle drei hatten glücklicherweise einen milder Verlauf. Wären mehr aus Cast und Crew positiv gewesen, hätten wir keine Show gehabt.

 

"Der Sender RTL ist stark, weil er eben nicht von einzelnen Format-Marken oder Genres abhängig ist."

 

Wünscht man sich mehr Dschungelcamp angesichts der Quoten?

Der Dschungel steht für sich und ist toll, genauso wie er ist. Glücklicherweise verfügt RTL über viele Format-Marken mit großer Strahlkraft, die fest etabliert und mit stetiger Weiterentwicklung auf ihrem jeweiligen Timeslot Marktführer sind. Von großen Live-Show-Reihen wie „Lets Dance“ über „RTL aktuell“, unseren Dailys oder Neustarts wie „Top Dog“, zuletzt auch immer öfter „RTL Direkt“. Der Sender RTL ist stark, weil er eben nicht von einzelnen Format-Marken oder Genres abhängig ist. Wir arbeiten Tag für Tag hart daran, unsere Markenvielfalt zu pflegen und weiter auszubauen.

Erklären Sie uns zum Einstieg bitte, wo RTL gerade steht um den Status Quo des Senders aus Ihrer Sicht zu verstehen…

Wir haben uns entschieden eine vor fast 40 Jahren im TV-Markt eingeführte Marke neu zu positionieren und haben mit diesem Projekt vor weniger als einem Jahr begonnen. Das ist ein fortlaufender Prozess mit klarem Ziel: Die Marke RTL für das heutige Publikum attraktiv zu halten und gleichzeitig, auch mit RTL+, für neue Zuschauerinnen und Zuschauer zu öffnen, unabhängig davon, wie und wo sie Fernsehen nutzen. Das geschieht Tag für Tag über unsere Entertainment- und News-Inhalte selbst, aber deutlich sichtbar auch durch unseren neuen Markenauftritt, der das Bekenntnis zur Neupositionierung klar unterstreicht.

Ein Markenauftritt, der im ersten Augenblick austauschbar wirkte, aber inzwischen wiedererkennbar geworden ist, so meine Wahrnehmung.

Wir wollten zweierlei: Spürbare Veränderung, ohne dabei die Wiedererkennbarkeit und hohe Bekanntheit der Marke aufzugeben. Publikum und Experten haben bestätigt: das ist uns gelungen. Jetzt geht es drum, durch unser Programm dauerhaft zu überzeugen. In der Unterhaltung ebenso wie in der Information. Inhaltlich und durch den neuen Markenauftritt, den wir auch deshalb vorangestellt haben, um mit aller Kraft auch im Streaminggeschäft zu wachsen - unter einer gemeinsamen und neu positionierten Marke RTL.

Aufgefallen ist der Wunsch zur Neupositionierung durch die Trennung von Dieter Bohlen. War das mit Blick auf die Performance von „Das Supertalent“ und „Deutschland sucht den Superstar“ ohne Bohlen ein Fehler?

Nein. Beide Formate hatten über die letzten Jahre sukzessive an Zuspruch des Publikums und somit an Reichweite abgegeben. Wir haben das zum Anlass genommen, grundlegender an ihnen zu arbeiten. Bei „DSDS“ sind wir nun sehr happy mit der neuen Jury um Florian Silbereisen und mit der Qualität des Casts, weil sich mit der Neupositionierung wieder Talente beworben haben, die „DSDS“ in den Jahren zuvor nicht mehr angezogen hat. Als Zuschauer bin ich einfach gern wieder auf dem Weg der Kandidatinnen und Kandidaten dabei. Auch visuell ist „DSDS“ absolut auf der Höhe der Zeit. Jetzt bauen wir auf dem bisher Erreichten zusammen mit dem Team von UFA Show & Factual auf, um auch die Reichweiten wieder auszubauen.  

Und wie sieht es beim „Supertalent“ aus?

Beim „Supertalent“ steht wie bei jedem anderen unserer Formate die Frage im Raum: Warum soll unser Publikum die Show am Samstagabend in sein Wohnzimmer lassen? Mit welchem Cast und mit welcher Erzählweise können wir es wieder begeistern? Wo haben wir zuletzt qualitativ nicht gepunktet? Dass die Grundidee des Formates stark ist, steht dabei nicht zur Diskussion. Das beweisen zahlreiche erfolgreiche Adaptionen von „Got Talent“ in anderen Märkten. Aber ich bin überzeugt davon, dass dem Format eine kreative Pause gut tut.

Also vorerst kein „Supertalent“ mehr bei RTL?

„Das Supertalent“ wird in diesem Jahr pausieren. Das gibt uns die Zeit, um auf die entscheidenden Fragen die richtigen Antworten zu suchen. Zugleich eröffnet es uns die Chance, den Blick zu weiten und den Samstagabend neu zu denken. Wir haben eine ganze Reihe von Events und großen Familienshows auf dem Tisch, die wirklich vielversprechend sind. 

Und nach jeder Pause ist ein Comeback möglich. Den Trend erleben wir gerade überall, auch bei RTL. Ist Retro die Erfolgsformel für 2022? „7 Tage, 7 Köpfe“ und angeblich auch „Der Preis ist heiß“ und „Frei Schnauze“…

Das Comeback von „Der Preis ist heiß“ bestätige ich sehr gern. Das ist - natürlich mit Harry Wijnvoord - ein klassisches Retro-Programm. Und mit der Wiederauferstehung des legendären RTL-Klassikers „Die 100.000 Mark Show“, damals wie heute mit Kultmoderatorin Ulla Kock am Brink, geben wir dem Retro-Trend bei RTL noch mehr Platz

Damit kehrt also RTL Plus zu RTL+ zurück.

(lacht) Das Publikum fragt derzeit diese Zeitreisen zu geliebten und vertrauten Fernsehmomenten nach. Je unsicherer die Zeiten allgemein, desto größer der Wunsch nach Vertrautem. Und das bieten wir gerne. „7 Tage, 7 Köpfe“ sehen wir ein bisschen anders. Die Marke ist bekannt, klar. Aber hier schwelgen wir nicht in Erinnerungen, sondern liefern mit starken Protagonisten jeden Samstag einen aktuellen Comedy-Wochenrückblick.

 

"Comedy war im deutschen Fernsehen einmal von RTL geprägt. Da wollen wir wieder hin"

 

Sie hatten es mit den „RTL Top News“ probiert, jetzt „7 Tage, 7 Köpfe“. Ist mehr Comedy ein erklärtes Ziel?

Ja, Comedy war im deutschen Fernsehen einmal von RTL geprägt. Da wollen wir wieder hin, daran arbeiten wir. Comedy funktioniert auch on-demand bei RTL+ sehr gut, deshalb bauen wir das Genre bei RTL neu auf.

Haben Sie nochmal das Gespräch mit Hape Kerkeling gesucht? Seine Verpflichtung hat große Schlagzeilen gemacht, aber bislang war er nur in kleinen Formaten zu sehen.

Wir freuen uns auf die Serie „Club Las Piranjas“ mit ihm. Das vorliegende Skript ist sehr gut und passt wunderbar zu ihm. Die Serie zeigt, wie übrigens auch „Sisi“ oder „Der König von Palma“, wie wir mit besonderen Programmen sowohl unseren Streamingdienst RTL+ stärken als auch unseren größten Sender RTL.

Aber Sie haben Hape Kerkeling nicht gefragt, ob ihn Australien im Januar reizen würde?

(lacht) Nein, das habe ich noch nicht und wir werden den neuen Moderator an der Seite von Sonja Zietlow zur rechten Zeit bekannt geben.

Kommen wir kurz zurück zum Retro-Trend. Wird es den „Domino Day“ nochmal geben? Das war zwischenzeitlich mal geplant…

Die Planung liegt schon etwas zurück und wurde dann aus Corona-Gründen abgesagt. Das ist ein Projekt mit enorm viel Vorlauf und Aufwand - ein Risiko, welches wir in Corona-Zeiten jetzt nicht nochmal eingehen, um die Show dann wieder nicht umsetzen zu können. Ich schließe es nicht kategorisch aus, aber aktuell gibt es keine Pläne.

Aber „Die Passion“ wird dafür dieses Jahr nachgeholt. Das höchst ungewöhnliche Projekt war 2020 geplant und dann eines der ersten Programme, das wegen Corona entfallen musste…

Leider ja. „Die Passion“ ist ein gutes Beispiel für den Mut, den es braucht. Es ist die größte Geschichte aller Zeiten, die wir auf unsere Art mit tollen Protagonisten und viel Musik einem breiten Publikum zugänglich machen wollen. Es ist ein gewagtes Experiment, und gerade deshalb haben wir große Lust darauf. Um hier noch einmal auf Ihre Frage nach der Positionierung von RTL einzugehen: Wir sehen uns als Innovationstreiber im deutschen Fernsehen. Dazu gehört neben gänzlich neuen Umsetzungen wie der „Passion“ auch eine Event-Woche mit „Wer wird Millionär?“, wo man ein Format nach mehr als zwanzig Jahren über den gewohnten Rhythmus hinaus weiterdenkt. Dazu gehört genauso unsere neue Nachrichtensendung „RTL Direkt“, mit der wir ziemlich radikal die Sehgewohnheiten unseres Publikums in der Primetime gebrochen haben und dann schon innerhalb nur weniger Monate oftmals Marktführer waren. In den vergangenen drei Monaten lagen wir im Schnitt in der Zielgruppe vor der Konkurrenz, was den Marktanteil angeht. 

In der Art und Weise von Programmierungen ist RTL definitiv innovationsfreudiger geworden. Aber programmlich sehe ich abseits der „Passion“ wenig neue Impulse…

Sehen Sie es aus Zuschauer-Perspektive: Die Zeitzonen und Wochentage, an denen die Menschen bei RTL Neues erleben können, wachsen derzeit beträchtlich. Die Genres, in denen wir Neues bieten, umfassen Film und Serie, Nachrichten, News Factual Abende sowie alle Sub-Genres der Unterhaltung, von Reality über Quiz, Factual, Comedy und Show. Dazu kommt das Zusammenspiel mit RTL+. Wo sonst haben sie eine solche Bandbreite und Reichhaltigkeit in der Entwicklung? Gleichwohl arbeiten wir erst seit weniger als einem Jahr am neuen RTL. Die Entwicklungsarbeit läuft auf Hochtouren und es macht großen Spaß, die Rückläufe dieser Arbeit zu sehen. 

Gehört in die letztere Kategorie dann auch einem Turmspringen, produziert von Banijay? Das soll nach unseren Informationen in der Vorbereitung sein…

Auch das bestätige ich gern. Konkret arbeiten wir hier mit der Firma aus dem Banijay-Universum, der die Lizenz gehört. Wir fanden den Gedanken charmant, ein solches Live-Spektakel mit genau dieser Truppe zu realisieren. Worin liegt dabei die Innovation? Wir werden das Format neu aufladen, in unsere Zeit holen und RTLig machen.

 

"Wir haben Lust auf Zukunft und die braucht viele Antworten."

 

Also war „Täglich frisch geröstet“ nicht nur eine kurze Affäre mit Herrn Raab?

Nein. Wir merken hier wie auch in vielen anderen Gesprächen eine Wertschätzung für unsere neue Offenheit in allen Genres. Kreative und Produzenten sind ideale Seismographen, die merken, wo gerade Räume entstehen und eine neue Breite an Projekten die Fantasie weckt, mit den eigenen Ideen landen zu können. Wir haben Lust auf Zukunft und die braucht viele Antworten.

Gehören dazu auch originär neue Show-Ideen?

Natürlich. In der Drag-Promi-Rateshow „Viva la Diva“ verwandeln sich acht prominente Männer in Drag Queens. Eine hochkarätige Fachjury beurteilt die Auftritte. Und ein prominentes Panel muss erraten, wer hinter welcher Queen steckt. Das ist eine Show, die großen Rate-Spaß verspricht und das vereint, was uns bei RTL mit unserem Publikum verbindet: das Bunte, das Weltoffene, das Unterhaltende. Neu ist auch „Die deutsche Luftballonmeisterschaft“, ein Duell im heimischen Wohnzimmer, das wir alle aus unserer Kindheit kennen: Berührt der Ball den Boden, hat man verloren! Die Keep Up Balloon Challenge wurde im Lockdown 2020 zu einem weltweiten TikTok-Trend, Millionen Menschen verfolgten den Balloon World Cup im Oktober bei Twitch, initiiert von Fußballstar Gérard Piqué. Jetzt kommt die verrückte Trendsportart ins TV. Mit am Ball: Unser beliebtes Ninja-Trio Jan Köppen, Frank Buschmann und Laura Wontorra. 

Welchen Anteil an der Neupositionierung des linearen Senders trägt eigentlich der Streamingdienst RTL+?

Er hilft uns, den Markenkosmos von RTL zu erweitern, derzeit gut sichtbar insbesondere bei fiktionalen Projekten. Ferdinand von Schirach hätte man vielleicht eher im Bildungsbürgerlichen verortet, aber es ist in gewisser Weise auch True Crime und damit ein Genre, das etwa bei jungen Frauen sehr gut funktioniert. Und RTL+ als Streamingdienst ist über die Vielzahl von starken Reality-Formaten und erfolgreichen Dailysoaps ein Streamingdienst mit überdurchschnittlichem Erfolg bei jungen Frauen. Das passt für uns also hervorragend.

Ist dann die schlechte Quote bei der Ausstrahlung auf Vox egal?

Nein, auf keinen Fall. Natürlich hatten wir angesichts der Programmqualität mehr erhofft. Aber wir lernen dazu, auch mit Blick auf den Sendeplatz. Dem starken Wachstum von RTL+ helfen alle diese Programme.

Geben Sie einen Einblick in den Start von RTL+, zu dem Sie neben „Glauben“ auch „Faking Hitler“ und „Sisi“ online genommen haben? Oder heißt von Netflix lernen, schweigen lernen?

Bei „Glauben“ waren wir sowohl mit dem Inflow als auch der Nutzung bei RTL+ sehr zufrieden. Bei „Faking Hitler“ waren wir im Inflow happy, in der Nutzung noch nicht ganz dort, wo wir hin wollten. Und mit „Sisi“ sind wir sehr glücklich, weil es alle Rekorde gebrochen hat und auch jetzt immer noch zu Inflow führt. „Sisi“ war dann in der linearen Ausstrahlung vielleicht etwas zu jung für RTL und hat sich dann auch in den letzten beiden Folgen nochmal sehr gewandelt, wurde deutlich düsterer und verlor daher beim linearen Publikum an Zuspruch. Mit „Friedmanns Vier“ sind wir bei RTL+ durchaus zufrieden und drücken die Daumen für die Ausstrahlung bei Vox im April.

Unter den Kreativen fragt man sich, wonach RTL gerade z.B. in der Fiction eigentlich sucht und ob es noch einen unterschiedlichen Fokus gibt zwischen Sender und Streamingdienst…

Den gibt es. Mit Blick auf eine Ausstrahlung bei RTL setzen wir auf Reihen. Da freuen wir uns über ein Wiedersehen mit „Balko“, das etwas dunklere „Auris“ von Sebastian Fitzek oder die Fortsetzung von „Alarm für Cobra 11“ als Filmreihe mit dem bekannten Cast. Damit erhalten wir eine Marke, die RTL große Erfolge bescherte, aber in Form von Einzelfilmen heute zeitgemäßer ist als in linearer Serienerzählung. Verfügbar sein werden sie dann natürlich auch bei RTL+. Gezielt für den Streamer suchen wir wiederum spitzere Projekte wie „KBV“ oder „Wrong“, was jetzt startet. Das sind Serien, die RTL+ sehr bereichern, die aber nicht bei RTL laufen würden. Und schließlich kommen synergetische Projekte hinzu, die sowohl on demand als auch linear ausgespielt werden sollen, etwa „Sisi“, „Der König von Palma“ und weitere Ideen, die in der zweiten Jahreshälfte umgesetzt werden. Produzenten können also mit allen Ideen zu uns kommen. Konkret in Vorbereitung sind tolle Serien und weitere große Projekte - pünktlich zum Launch des Superbundles von RTL+.

Welche Rolle spielt für RTL+ aber auch RTL künftig noch Lizenzprogramm, also zugekaufte Filme und Serien?

Eine wichtige! Streaming ist ebenso wie lineares immer ein Fenster zur Welt. Auch wenn wir mit RTL+ ein klar lokal verankerter Streamingdienst sind gibt es daneben international spannende Serien und Filme. Wir werden uns vielleicht nicht auf südkoreanische Serien spezialisieren, freuen uns stattdessen über Partnerschaften wie die kürzlich bekannt gegebene mit Warner, die uns bei RTL+ in den nächsten Jahren zur deutschen Heimat von HBO-Max-Serien macht. Und wir haben uns Zugriff auf Kinofilme gesichert, die bei uns im Free TV laufen werden. Die kommenden HBO-Max-Serienprojekte sind tendenziell jünger als das, was wir selbst beauftragen, und ergänzen sich damit wunderbar zu einem Streamingdienst für alle. Das ist ein maßgeschneiderter Deal, der für Warner und uns hervorragend passt.

Aber das ist mutmaßlich eine Partnerschaft mit Ablaufdatum, weil bislang die Erwartungshaltung war, dass HBO Max irgendwann auch nach Deutschland kommen soll…

Unsere Partnerschaft ist auf mehrere Jahre angelegt. 2025/26 wird der Streaming-Markt sicher anders aussehen als heute. Ob man dann als sechster oder siebter Streamingdienst mit einem vorwiegend amerikanischen Produkt eigenständig in dem Markt agieren will oder bei einer etablierten Partnerschaft bleibt, werden wir dann sehen.

 

"Wir sind überzeugt, dass der Sendeplatz am späten Sonntagabend für 'Stern TV' wie gemacht ist."

 

Lassen Sie uns noch über die Informationsoffensive von RTL sprechen. Da läuft manches gut, anderes nicht. Auch noch ein laufender Prozess?

Sie hatten ja gerade ein ausführliches Gespräch mit meinem Kollegen Stephan Schmitter zu dem Thema. Da habe ich nur wenig zu ergänzen. Wichtig ist uns, auf eine eigene Art und Weise Information zu vermitteln: Auf Augenhöhe mit unseren Zuschauern, nahe an ihrer Lebenswirklichkeit, ohne erhobenen Zeigefinger. Deshalb ist die gute und vor allem schnelle Entwicklung von „RTL Direkt“ so wichtig für uns. Und daher werden wir auch ab April mit „Stern TV am Sonntag“ wöchentlich on air sein. Wir sind überzeugt, dass der Sendeplatz am späten Sonntagabend für „Stern TV“ wie gemacht ist. Die Marke hat eine besondere Balance zwischen Leichtigkeit und Ernst, dazu kommt eine überraschende Gästeauswahl, die durchaus mal eigen sein kann. Wir testen ja gerade live, wie das aussehen kann und entwickeln das Format stetig weiter, bevor wir ab Ende April regelmäßig on air sind. 

Es bleibt für mich allerdings skuril, dass zwei Sendungen mit unterschiedlicher Redaktion unter dem gleichen Titel on air gehen.

Warum finden Sie das skuril?

Zwei wöchentliche Sendungen, die nicht aus einer Hand geplant werden und unabhängig voneinander aktuelle Themen bearbeiten und trotz gleichem Titel völlig anders sind…

Da bin ich nicht bei Ihnen! Derzeit testen und lernen wir. Vollkommen klar ist daher, dass wir auf der Strecke die Teams immer stärker vernetzen werden. Uns verbindet die starke Marke Stern und ihre Nähe zum Publikum. Wir greifen, ebenso wie der Klassiker am Mittwoch und wie das wöchentliche Magazin am Sonntag, konsequent Themen auf, die den Zuschauerinnen und Zuschauern gerade besonders wichtig sind. Das macht uns überraschender und konkreter als jene, die sich stark auf die Berliner Blase beziehen. Durch diese Herangehensweise fällt die Zusammenarbeit dann nicht schwer. Auch mit Blick auf die Verantwortlichen bin ich überzeugt: Da wird ein sehr gutes persönliches und inhaltliches Teamwork entstehen.   

Letzte Frage: Kann man als Marktführer zufrieden sein mit Marktanteilen unter zehn Prozent?

Das kommt auf die Gesamtentwicklung des Marktes und damit auf seine Fragmentierung an. Wenn man in die USA schaut, die unserem Markt bei vielem voraus sind, kann man auch mit sieben Prozent Marktanteil komfortabel das größte Network sein. Unser Anspruch jedoch ist es, mit der Marke RTL als Marktführer auch wieder zu wachsen.

Herr Tewes, herzlichen Dank für das Gespräch.