Herr Güde, standen die "Rentnercops" auf der Kippe, als Wolfgang Winkler und Tilo Prückner innerhalb von sieben Monaten beide gestorben sind?
Der Tod der beiden hat uns tief getroffen. Bei Wolfgang war es ja so, dass wir seine Nachfolge langfristig planen konnten, weil er frühzeitig angekündigt hatte, kürzertreten zu wollen, als es ihm noch gut ging. Tilo dagegen ist an einem Donnerstag verstorben und am Dienstag darauf wäre der erste Drehtag der fünften Staffel gewesen. Ich muss zugeben, dass ich mich an jenem Wochenende kurz mal gefragt habe, ob die "Rentnercops" noch eine Zukunft haben.
Als Sie Bill Mockridge und Hartmut Volle als neue Besetzung gefunden hatten, war die Sache klar?
Das war ein echter Glücksfall. Bis zum Casting-Termin hatte ich gewisse Restzweifel im Kopf, zumal die Zeit sehr knapp war, um neue Rollen und eine neue Grundkonstellation zu schreiben. Dafür hatte ich gerade mal zwei Monate. Das ging überhaupt nur, weil die WDR-Redaktion um Elke Kimmlinger und Brigitta Mühlenbeck uns einen enormen Vertrauensvorschuss gegeben hat. Bill und Hartmut hatten dann eine so einzigartige Dynamik miteinander, dass die Sache tatsächlich schnell klar war.
Bill Mockridge ist 74, Hartmut Volle 68 – das ist eine echte Verjüngung des Hauptcasts.
Stimmt. (lacht) Beide sind zwar rollengemäß im Rentenalter, aber im Vergleich zu Tilo und Wolfgang macht das schon einen Unterschied – übrigens auch thematisch. Mit Tilo habe ich mich noch viel über die Nachkriegszeit ausgetauscht. Bill und Hartmut sind eher Kinder der Bonner Republik. Mit ihnen habe ich viel über die Frage gesprochen, was aus den 68ern geworden ist, aus den Protesten gegen Brokdorf oder Wackersdorf. Können wir heute so frei leben, weil sie damals Steine geworfen haben? Das wäre für Tilo und Wolfgang kein Thema gewesen. Solche Erfahrungen und Prägungen lasse ich natürlich gern in die Rollenprofile einfließen. Das macht die Figuren plastischer.
Was ist für Sie der Kern des Formats "Rentnercops", der auch dann fortbesteht, wenn die Hauptdarsteller wechseln?
Die Prämisse scheint heute noch aktueller als beim Serienstart vor sieben Jahren. Generationenkonflikte werden verschärft diskutiert. Und die Personalnot im öffentlichen Dienst hat auch zugenommen.
Oliver Vogel, der als Produzent die Ursprungsidee zu den "Rentnercops" hatte, hat wirklich einen guten Riecher dafür, wo es gesellschaftlich hingeht. Der demografische Wandel läuft quasi auf uns zu, wenn jetzt die Babyboomer in Rente gehen. Mit Blick auf unsere Storys müssen wir uns da gar nicht verrenken. Die "Rentnercops" zeigen gewissermaßen im Kleinen, wie aus einem Gegeneinander der Generationen, aus der Debatte, wer auf wessen Kosten lebt, ein Miteinander werden kann, bei dem jeder und jede seine besonderen Stärken einbringt.
"Auf das Alter der Hauptdarsteller nehmen wir insofern Rücksicht, als wir zu lange Drehtage vermeiden und auch nicht allzu viele Szenen mit viel Text am Stück drehen"
Peter Güde, Produzent und Autor, Bavaria Fiction
Unterscheidet sich die Dynamik am Set mit zwei älteren Hauptdarstellern und einer jüngeren Crew eigentlich von anderen Produktionen?
So jung ist die Crew gar nicht. Wir haben ja bekanntermaßen erhebliche Nachwuchsprobleme in der Film- und Fernsehproduktion. Junge Menschen reißen sich nicht mehr unbedingt ein Bein aus, um einmal fürs Fernsehen arbeiten zu dürfen. Ich achte generell darauf, dass alle am Set gut behandelt werden, egal wie alt, egal ob vor oder hinter der Kamera. Tatsächlich bin ich stolz darauf, dass die Arbeitsbedingungen bei den "Rentnercops" mit dem Fair Film Award ausgezeichnet wurden. Auf das Alter der Hauptdarsteller nehmen wir insofern Rücksicht, als wir zu lange Drehtage vermeiden und auch nicht allzu viele Szenen mit viel Text am Stück drehen. Mir hat mal ein Beleuchter gesagt: Wenn ich für euch arbeite, komme ich nach Feierabend noch bei Tageslicht in den Supermarkt.
Auch die neuen "Rentnercops" sind zwei Männer. Wäre es denkbar, dass Sie irgendwann eine Kommissarin aus dem Ruhestand zurückholen?
Das wäre absolut denkbar. Man muss sich allerdings genau überlegen, welche Konstellation zu welcher Humorfarbe führt. Die bisherige Erfahrung hat gezeigt, dass die Konstellation mit zwei Männern gut und stabil funktioniert. Bei einer gemischten Konstellation würde man die Witze woanders herholen. Gerade der Umgang mit Selbstironie im Zusammenhang mit dem Altern ist bei Männern etwas anders. Man verzeiht ihnen eher, wenn sie sich selbst in die Scheiße reiten. Zumindest habe ich als Mann beim Schreiben eine größere Scheu, ältere Frauen dieselben dummen Fehler machen zu lassen.
Herr Güde, herzlichen Dank für das Gespräch.
"Rentnercops", mittwochs um 18:50 Uhr im Ersten, sechs Monate lang in der ARD-Mediathek