Herr Nasini, seit Sie den Zuschlag für die Produktion der „Giovanni Zarrella Show“ bekommen haben, gab es viele Auf und Abs in der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Wie oft haben Sie an der Machbarkeit der Show gezweifelt?

Alessandro Nasini: Es ist ein beherrschbarer Wahnsinn geworden, weil wir heute - ein Jahr nachdem die Entscheidung für die „Giovanni Zarrella Show“ fiel - gottseidank weiter sind in der Bekämpfung dieser Pandemie: Einerseits eine steigende Impfquote, andererseits erprobte Hygienekonzepte und ein machbares Sicherheitskonzept, die es uns ermöglichen, am Samstag eine große Show zu veranstalten. 

Auch für ein erprobtes Produktionshaus wie Bavaria Entertainment dürfte das Projekt eine Mammut-Aufgabe sein: Sie treten ein Erbe an und in ein viel beachtetes Duell ein…

Alessandro Nasini: Der angesprochene Wettbewerb wird uns von der Presse zugeschrieben. Aber wir denken anders: Wir arbeiten an einer großen neuen Musikshow mit Giovanni Zarrella als Entertainer, wie es sie selten gibt, und einem eigenen Konzept. 

Florian Silbereisen und sein Manager können Künstlerinnen und Künstlern viel Fläche bieten über die Shows im Ersten hinaus. Wie wollen Sie diesen Wettbewerbsvorteil ausgleichen?

Alessandro Nasini: Wir bieten den Künstlerinnen und Künstlern vieles, was über unsere Fernsehshows hinausgeht. Ihre Musik und ihre Geschichten werden bei uns das ganze Jahr stattfinden. Auf verschiedenen Kanälen. Und alle drei Monate gibt es mit der Giovanni Zarrella Show das große Fernsehevent.

Und wie sieht dieses Konzept der „Giovanni Zarrella Show“ aus?

Alessandro Nasini: Die Sendung ist ganz auf Giovanni zugeschnitten, nutzt also seine Qualitäten als Sänger, Tänzer und Entertainer. Ein vielseitiger Gastgeber unterstützt von einer Live-Band unter der Führung von Christoph Papendieck. Die Shows sind der Höhepunkt einer musikalischen Strategie, die wir mit Giovanni und dem ZDF umsetzen. Es geht darum, eine neue Marke für Musik im ZDF zu etablieren - und das neben den großen Live-Shows mit digitalen Formaten auf anderen Kanälen. 

Mit welchem Ziel?

Alessandro Nasini: Wir haben dem Sender ein Konzept vorgeschlagen, das grundsätzliche Fragen des linearen Fernsehens beantwortet: Wie können wir die Fans der Shows auch zwischen den Events erreichen und überhaupt neue Zielgruppen erschließen für eine Musikshow im ZDF, die neu ist und mehr als nur das Stammpublikum des ZDF erreichen möchte? Deswegen waren Jochen Voß und das Brand Board, unsere neue Digitalunit für die strategische Entwicklung von Formaten und Marken, schon bei der Entwicklungsphase dabei.

 

"Nicht allest passt am Samstagabend auf die große Bühne"

Jochen Voß

 

Jochen Voß: Vom ZDF gab es eine klare Vision, was sie mit den digitalen Formaten erreichen möchten. Dabei geht es um drei Ziele: Die Marke sollte dort präsent sein, wo sich Menschen unterhalten - also braucht es Inhalte in den sozialen Netzwerken, die zum Austausch einladen. Das ist der erste Punkt. Dann geht es darum, Menschen zu erreichen, die ein Interesse für Musik haben, aber vielleicht nicht am Samstagabend im ZDF danach suchen. Wie und wo kann man das Format noch einmal anders aufbereiten? Und dann gibt es - dritter Punkt - viele Geschichten zu erzählen: Rund um Giovanni, aber auch rund um die Persönlichkeiten und die Musik seiner Gäste. Die können in der Show angesprochen werden, aber heute haben wir die Chance sie dann weiter zu erzählen oder dran zu bleiben. Beispiel: Welche Geschichte steckt hinter einem Song? Was bewegt die Künstlerinnen und Künstler, die ja auch Vorbild für viele ihrer Fans sind? Das passt nicht alles am Samstagabend auf die große Bühne. 

Welche Plattformen sind für die „Giovanni Zarrella Show“ wichtig?

Jochen Voß: Rund zwei Wochen vor der ersten Sendung haben wir den Instagram-Kanal “Backstage by Giovanni Zarrella” gestartet, der natürlich vorerst einen Fokus auf die Premieren-Sendung am Samstag hat. Da folgen dann rund um die Premiere die ersten eigenen Formate. Im Zentrum unserer Aktivitäten steht die ZDF-Mediathek. Hier treffen sich Stars der Musikbranche alle zwei Wochen zum entspannten Talk beim "Backstage Brunch". Und wir können hier die TV-Show neben der Fassung in voller Länge auch in weiteren Konfektionierungen anbieten. All das findet im engen Dialog mit dem Sender statt.

Jetzt ist das ZDF nur die eine Schnittstelle bei dem Projekt. Giovanni Zarrella samt Familie sind selbst intensiv auf Instagram unterwegs. Wie geht man damit um?

Jochen Voß: Das ist eine Frage, mit der wir uns sehr intensiv beschäftigt haben, weil Giovanni weiterhin eigenständiger Künstler ist. Wie viel Giovanni braucht also seine neue Welt im ZDF, um wiedererkennbar zu sein? Natürlich wird er selbst oft zu sehen sein. Wir können unser Programm auf den Social Media-Kanälen ja auch gut vorbereiten und einplanen, wir sind ja nicht im tagesaktuellen Nachrichtengeschäft. Im Talk des “Backstage Brunch” ist er präsent, ohne vor Ort dabei zu sein.

Sie sprachen eben mal vom Brand Board der Bavaria Entertainment? Was steckt dahinter?

Alessandro Nasini: Der Gedanke hinter der Gründung war, mit relevanten Themen über verschiedene Wege unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen. Eine neue Distributionsstrategie - und das nicht erst nachdem eine TV-Idee fertig entwickelt ist, sondern von Anfang an mitgedacht. Das bedeutete eine radikale Umstellung unseres Developments. Wir glauben: Fernsehen liefert nicht nur Inhalte, die man digital verwerten kann. Es kann auch umgekehrt passieren und eine TV-Idee besser, weil vollständiger machen. Wir sind sehr froh, dass das ZDF diesen Weg mit uns gemeinsam geht und überzeugt, dass 360° Strategien  für die Öffentlich-Rechtlichen immer wichtiger werden, um sich zu legitimieren. Die Mediennutzung wird immer fragmentierter, und so erreichen wir mehr Zuschauerinnen und Zuschauer als alleine mit einer linearen Show, die alle paar Monate gesendet wird.

Brand Board Bavaria Entertainment © Bavaria Entertainment Das Brand Board der Bavaria Entertainment: Jochen Voß, Mika Ioannou, Alessandro Nasini, Alexander Ellendt, Anika Schnücke, Jan Hill.

Jochen Voß: Im Brand Board betrachten wir unsere Formate und Themen als ganzheitlichen Markenkosmos und nicht als Programmstück für einen einzelnen Sendeplatz. Es geht um konsequente Übersetzung, Adaption und Weiterentwicklung eines Themas wie hier der Musik. Wir wollen unsere Stoffe gezielt umsetzen und weit verbreiten, um möglichst viel auszulösen. Uns geht es um Resonanz, nicht nur um Reichweite.

Alessandro Nasini: Bisher war unsere einzige Währung die Quote, aber wir kommen in ein Zeitalter, in dem die Bedeutung einer Marke zählt und die bemisst sich neben der Quote auch an der Beteiligung auf anderen Kanälen. Und was so selbstverständlich klingt, bedeutet für eine Produktionsfirma einen nicht unerheblichen Umbau. Es sind andere Skills gefragt und andere Workflows mit noch mehr Verantwortung. Das sind wir jetzt angegangen.

Eigentlich wollte ich vorhin was über das Konzept der Show herausfinden. Nächster Versuch: Dass Giovanni Zarrella dabei ist, ist mir klar. Aber wie kann man sich den Ablauf der Show vorstellen? Musik non-stop?

Alessandro Nasini: Musik ist natürlich die wichtigste Komponente. Und wenn man eine große Live-Musikshow fürs ZDF plant, braucht man viele starke Partner. Wir sind von Major-Label zu Major-Label gezogen und haben unser Konzept präsentiert, haben den Labels, den Managements und Künstlerinnen und Künstlern vorgestellt, was wir vorhaben. Musik, nicht nur die von Giovanni, ist der größte Teil der Show. Wir freuen uns auch auf internationale Gäste und öffnen uns für andere Genres über den Schlager hinaus. Und es wird getalkt.

 

"Wenn man für den Samstagabend im ZDF produziert, dann arbeitet man an der ganz großen Umarmung aller."

Alesandro Nasini

 

Moment. Wir sind beim ZDF, es ist der Samstagabend. Es gibt also ein Sofa?

Alessandro Nasini: (lacht), Ja, es gibt ein großes Sofa, mehrere Bühnen und eine große Showtreppe! Aber zum Inhalt: Die Premiere ist ein großes Kennenlernen. Wir werden viel über Giovanni und seine eingeladenen Freunde erfahren, die entweder allein oder mit gemeinsamen Arrangements auftreten werden. Auch ins Gespräch zu kommen, ist Giovanni und uns sehr wichtig. Schon bekannt ist ja, dass Andrea Berg und viele andere dabei sind. Das Ganze wird groß in Szene gesetzt von unserer Executive Producerin Verena Schueren und einem exzellenten Team, das Lust hat auf die ganz große Live-Show mit der ein oder anderen Überraschung. Wir wollen gemeinsam Live-Fernsehen feiern.

Wird das die neue „Peter Alexander Show“?

Alessandro Nasini: (lacht) Das haben Sie gesagt. Wir haben uns natürlich angeschaut, welche legendären Shows es im deutschen Fernsehen gab und welche Elemente davon auch heute funktionieren. Welche Gefühle uns vielleicht auch gefehlt haben bei der großen Samstagabendunterhaltung, die irgendwann mehr von Formaten als von Entertainern geprägt war.

Das klingt mir jetzt ein bisschen zu selbstlos bei so viel Lobhudelei für Giovanni Zarrella…

Jochen Voß: Es ist im Grunde wie in der Formel 1: Er ist unser Rennfahrer und wir sind das Team in der Boxengasse, das mit den richtigen Handgriffen und guter Vorbereitung dafür sorgt, dass er auf der Strecke Vollgas geben kann.

Für wen machen Sie diese Show? Welches Publikum soll einschalten?

Alessandro Nasini: Wir wollen mit dem Gesamtkonzept auf jeden Fall auch Menschen gewinnen, die bis jetzt vielleicht keine Musikshows geschaut haben. Wenn man für den Samstagabend im ZDF produziert, dann arbeitet man an der ganz großen Umarmung aller.

Herr Nasini, Herr Voß, herzlichen Dank für das Gespräch