Herr Hörl, angelehnt an Ihre nun eingegangene Partnerschaft mit CuriosityStream – worauf werden Sie in den kommenden Monaten neugierig sein?
Ich freue mich vor allem sehr auf die Partnerschaft. Es ist nicht nur geschäftlich sinnvoll, sondern es macht schlicht unglaublich viel Spaß. Die Dokubranche ist keine riesige Branche, aber sie ist weltweit sehr gut vernetzt. Und so ist es toll, mit Menschen zusammen zu arbeiten, die die gleiche Passion haben und eine identische Einstellung zu Programmen. Das ist bei Curiosity so. Autentic arbeitet schon relativ lange mit Curiosity zusammen, in dem wir für Unternehmen (ko)-produzieren. So hat sich die Partnerschaft organisch entwickelt.
Sie arbeiten seit 13 Jahren auch für das Unternehmen Autentic. 2008 wurde das iPhone gerade einmal ein Jahr alt. Das war noch eine wirklich andere Zeit. Wie hat sich das Angebot der Dokubranche und auch die Erwartungshaltung an diese in diesen fast eineinhalb Jahrzehnten verändert?
Es war eine völlig andere Welt, das stimmt. Es gibt eine Hauptentwicklung: Die Dokus sind mittlerweile nicht mehr in einem isolierten Silo. Man geht nicht mehr davon aus, dass es hauptsächlich das dokuaffine Publikum gibt. Vielmehr ist es so, dass die Dokus ein Teil unserer audiovisuellen Kultur geworden sind. Alle Zuschauer schauen – zu gegebener Zeit – Dokus an. Die starrte Grenze zu anderen Genres ist verschwunden. Für uns ist das eine tolle Entwicklung.
Also steigt die Nachfrage.
Richtig. Wir haben aber auch die Situation, dass wahnsinnig viel Content produziert wird. Dadurch sind die Zuschauer es gewohnt, dass stetig neuer Content angeboten wird. Das war auch ein Grund, warum wir die Partnerschaft mit Curiosity eingegangen sind. Curiosity ist ein sehr potenter Content-Partner, der immer wieder neue Stoffe liefert. Die Nachfrage stets gut zu bedienen, ist nicht immer einfach. Wir leben schließlich in einem globalen Markt, nicht mehr in einem nationalen Markt. Also brauchen wir nationale und internationale Stoffe – und das vernünftig ausgewogen.
Auch etwas, das sich in den 13 Jahren massiv verändert hat.
Schauen Sie sich mal die Partner an, die wir 2008 hatten. Das waren nationale Sender und Firmen – auch das Pay-TV war in Deutschland damals von nationalen Firmen geprägt. Es gab Premiere, Kabel Deutschland, die Deutsche Telekom war sehr national gebunden. Alle Konzerne sind mittlerweile international. Das ist eine grundlegende Veränderung.
Abseits des Contents, den Sie über Curiosity nun erhalten: Wo hilft Ihnen diese Partnerschaft noch?
Den Blick auf den Content zu haben, ist eigentlich immer das Wichtigste. Das ist viel wichtiger, als sich zu fragen, ob der Zuschauer in drei Jahren noch lineares Fernsehen nutzt. Für uns ist es wichtig, dass wir fit sind, die Zuschauer immer da zu bedienen, wo sie den Content eben gerade nutzen wollen. Die Zusammenarbeit mit Curiosity ermöglicht es uns nun, deren Kenntnisse etwa im VOD-Bereich zu nutzen. Dort sind wir noch nicht so erfahren.
Der wirtschaftliche Druck wird erhalten bleiben.
Man muss kein allzu großer Experte sein, um zu erahnen, dass die Nutzung von Inhalten auf Abruf rasant gestiegen ist und eher weiter steigt. Welche Entwicklung sehen Sie da bei Spiegel Geschichte und Spiegel TV Wissen?
Das Lineare wird in einem kleinen Maße bleiben. Die Entwicklung tut derzeit am meisten im klassischen Pay-TV-Modell weh, also dort, wo man Packages von Kanälen verkauft. Ich glaube aber an ein Nebeneinander von Linearem und VOD-Angeboten. Das ist für uns das Wichtigste. Ob das letztlich dann Bezahlangebote oder Werbeangebote sind? Vermutlich werden wir verschiedene Modelle sehen. Und wir werden auch sehen, dass es Zuschauer gibt, die es als anstrengend empfinden, sich im Rahmen eines umfangreichen VOD-Angebots Titel herauszusuchen. Manchmal möchte man sich ansprechen lassen und dem Vorschlag eines Programmplaners folgen.
Wie wollen Sie Spiegel TV Wissen nun verändern?
Wir betreiben Spiegel Geschichte und Spiegel TV Wissen nun zusammen mit Curiosity. Spiegel Geschichte wird seine Prägung behalten und ganz stark Geschichte aus deutscher Sicht erzählen. Da Geschichte immer geprägt ist durch den Blick eines Landes oder einer Kultur, lässt sich das nicht so einfach internationalisieren. Also macht es Sinn, das mit der von unseren Kunden sehr geschätzten Marke Spiegel zu bedienen. Die Marke Spiegel TV Wissen bedient ein Themenfeld, das man eigentlich oft mit Dingen assoziiert, die nicht oft einen nationalen Charakter haben. Denken wir an die Raumfahrt. Da geht es nicht um eine deutsche Perspektive, sondern vielleicht um das globale Thema der stattfindenden Kommerzialisierung. Diese internationalen Inhalte hat Curiosity, sie brennen dafür, also macht es auch Sinn, die Marke in Deutschland einzuführen.
Also wird aus Spiegel TV Wissen Curiosity.
Wir werden da einen Schritt nach dem anderen gehen. Zunächst einmal wird es Programmflächen geben, die unter dem Label Curiosity laufen. Aber auch die Einführung der Kanalmarke ist geplant.
Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer aktuellen Verbreitungssituation?
Wir sind von den Veränderungen im Pay-TV-Markt ähnlich betroffen wie andere Unternehmen. Es ist uns aber gelungen, die Spiegel-TV-Sender auf allen Plattformen zu platzieren – wir sind nicht nur in Deutschland vertreten, sondern auch in Österreich und in der Schweiz. Ob das wirtschaftlich so ertragreich ist wie früher, das möchte ich dahingestellt lassen. Auf dem Markt ist mehr Druck drauf als früher. Und dieser wirtschaftliche Druck wird auch erhalten bleiben. Alle großen Player, mit denen wir arbeiten, sind sich dem wachsenden Wert von VOD-Angeboten bewusst. Da werden wir eng mit den Plattformen arbeiten. Es ist uns wichtig, dass unser Content nicht nur linear, sondern auch non-linear verbreitet wird.
Es passiert also viel bei Ihnen: Würde aktuell eine Dokumentation über diese Monate Ihres beruflichen Schaffens gedreht werden, welchen Arbeitstitel hätte sie?
"Nichts ist spannender als die Wirklichkeit".
Danke für das Gespräch.