Herr Regauer, was ist ein absolutes No-Go, wenn man in Thailand eine deutsche TV-Produktion umsetzen will?
Simon Regauer: Das wichtigste ist, die lokale Kultur wertzuschätzen. Da geht es um verschiedene Dinge. Religion hat einen hohen Stellenwert, Buddha-Statuen im Hintergrund sind zum Beispiel ein No-Go. Bei einer Doku ist das natürlich was anderes. Man sollte auch nicht zu viel nackte Haut zeigen. Bikinis sind noch in Ordnung, ganz ohne Bekleidung wären jedoch Grenzen überschritten. Grundsätzlich gibt es strenge Auflagen und man wird auch von einer Behörde kontrolliert, die schickt einen so genannten Zensor ans Set. Das machen sie bei allen größeren Produktionen, auch bei "Kampf der Realitystars" war das so.
Zensor? Das klingt so, als wäre das sehr einschränkend?
Das Wort Zensor klingt erstmal sehr drastisch. Letztlich kennt man sich und jeder weiß, was erlaubt ist und was nicht. Ein bisschen nackte Haut ist völlig unproblematisch. Es geht den Behörden vor allem darum zu verhindern, dass hier nichtjugendfreie Inhalte entstehen.
Was kann es für Auswirkungen haben, wenn man sich nicht an die Regeln hält?
Der Zensor kann sich das Material zeigen lassen und gegebenenfalls auch konfiszieren. Theoretisch kann so ein Dreh durch die Behörden auch jederzeit gestoppt werden. Dadurch, dass es ein Drehbuch und einen Drehplan gibt, wissen die Behörden aber rechtzeitig, was wir machen. Es wird schlussendlich nur geprüft, ob wir das umsetzen, was wir vorher eingereicht haben.
Wurden Ihnen bestimmte Szenen schon einmal verboten oder sind die Behörden eingeschritten?
Mir ist das noch nie passiert. Bei einer Szene vom Schweizer "Bachelor" waren mal tanzende Personen im Bikini auf einem Boot zu sehen, da hat der Zensor sehr genau hingeschaut. Grundsätzlich tauscht man sich aber viel mit ihm aus, sodass man die Erwartungshaltung des Zensors in der Regel gut kennt. Von einem Kollegen habe ich mal gehört, dass es bei ihm Probleme gab, als es um die königliche Familie ging. Da sind die Thailänder sehr strikt.
Jetzt sind Sie eigentlich ausgebildeter Elektroniker und Elektromeister. 2011 waren Sie in dem Beruf sogar Deutschlands bester Azubi, ihr Betrieb befand sich in der bayerischen Provinz. Wie kommen Sie auf einmal nach Thailand und zum Fernsehen?
Nach meiner Ausbildung habe ich mehrere Reisen nach Thailand unternommen und habe die Zeit nicht nur genutzt, um Urlaub zu machen. Ich habe während dieser Zeit Kontakte geknüpft und irgendwann festgestellt, dass es ein schönes Land mit malerischen Kulissen ist. Im handwerklichen Bereich habe ich keine Aufstiegs- und Zukunftschancen mehr gesehen, außerdem wollte ich internationaler arbeiten.
Sie haben dann noch Sprachen und Kulturen Südostasiens mit dem Schwerpunkt auf Thailand studiert. Wie haben Sie letztlich Fuß gefasst im Fernsehen?
Ich war bei Facebook in einer Expat-Gruppe. Da ging es mir vor allem darum, aktuelle Informationen wie Visa-Bestimmungen mitzubekommen. Und dort habe ich dann eine Anzeige einer Produktionsfirma gesehen, die jemanden als Set-Runner für eine Auslandsproduktion gesucht hat. Da ging es hauptsächlich um Sprachkenntnisse und weil ich damals bereits fließend Thai sprechen konnte, war ich auf einmal in den Schweizer "Bachelor"-Formaten involviert. Das hat damals genau in meine Semesterferien gepasst. Im Februar und März wurde die "Bachelorette" produziert und im August/September der "Bachelor".
"Ich fungiere gerne als Kulturvermittler. Wobei man natürlich nicht zuerst an Realityshows denkt, wenn es um das Vermitteln von Kulturen geht (lacht)."
Das heißt, Sie sind eigentlich zufällig beim Fernsehen gelandet.
Ja, das war nicht geplant. Es wäre übertrieben zu sagen, dass es schon immer mein großer Traum war. In meiner Freizeit habe ich mich allerdings schon früh mit Videoproduktion beschäftigt – sei es mit Urlaubsvideos oder hinsichtlich des Umgangs mit Schnittprogrammen. Inzwischen mache ich auch kleinere Imagevideos für Hotels oder andere Unternehmen. Damals war das noch ein Hobby, die Anzeige der Produktionsfirma hat gut gepasst.
Wie ging es weiter?
Bei den Schweizer Formaten haben sich schnell neue Möglichkeiten ergeben: Durch meine handwerklichen Kenntnisse konnte ich beispielsweise unkompliziert Dinge am Set reparieren und improvisieren, damit der Dreh nicht ins Stocken kam. Außerdem konnte ich meine Ortskenntnisse nutzen und habe passend dazu als Location-Scout gearbeitet.
Heute führen Sie mit Regmon Co. Ltd ihr eigenes Unternehmen in Thailand. Wie groß ist das und wann greift eine Produktionsfirma auf Sie zurück?
Angestellt sind bei mir vier Leute, das kann ich je nach Projekt aber beliebig erweitern. Im Grunde machen wir alles: von meinem Fachgebiet der (Not-)Stromversorgung bis hin zum Catering. Da hilft ein gutes Netzwerk an Fachleuten sehr. Besteht Bedarf können wir der Produktion schnell den richtigen Ansprechpartner zur Seite stellen.
Beim "Kampf der Realitystars" waren Sie 2020 und 2021 unter anderem zuständig für den kompletten Bau der Sala. Wieso mussten sie diese nun noch einmal neu bauen?
Das liegt vorrangig an der Regenzeit. In den entsprechenden Monaten stürmt es mitunter stark und das Meer kommt der Sala bedrohlich nahe. Da bestünde die Gefahr, dass das Gebäude eventuell sogar weggespült wird. Abgesehen davon sollten wir keine neue Touristen-Attraktion auf Phuket schaffen (lacht).
Wo liegen die Herausforderungen beim Bau eines solchen Gebäudes?
Der Strand, an dem wir drehen, ist sehr abgelegen. Da gibt es weder Strom noch fließendes Wasser. Die gesamte Infrastruktur an der Sala fehlt. Der finanzielle und zeitliche Aufwand ist immens, um an einen solchen Ort ein TV-Set zu bauen. Wir wollen zudem eine möglichst nachhaltige Produktion umzusetzen. Die Sala ist aus teilweise recycelten Materialien gebaut worden, 90 Prozent der Rohstoffe und Produkte stammen aus der Region. Und auch Banijay hat sich für die Region hier eingesetzt und ein Haus an das Rote Kreuz gespendet.
Haben Ihre Auftraggeber, seien es die Produktionsfirmen oder die Sender, immer Verständnis für die Gegebenheiten vor Ort?
Hier herrscht eine andere Arbeitsweise, das ist auch für mich immer wieder erfrischend. Es werden Dinge schlicht anders geregelt. Ich würde manches anders umsetzen, zum Beispiel alles vorher mit einem Bleistift aufzeichnen. Die Leute hier machen es nicht schlechter, sondern anders. Da gibt es immer wieder Situationen, in denen nicht sofort klar ist, was die thailändischen Experten vorhaben. Da hilft es meist, einfach kurz abzuwarten. Am Ende ist es nämlich auch zielführend.
Das Klischee von den gründlichen deutschen Handwerkern und quasi allen anderen, auf die man sich nicht verlassen kann, stimmt also nicht.
Richtig (lacht). Wenn ich hier keine fähigen Leute vor Ort hätte, würde die Sala nicht stehen. Dafür gibt es andere Herausforderungen, ich muss die Handwerker motivieren.
Das klingt jetzt aber doch wieder so, als würde es ohne deutsche Gründlichkeit nicht gehen. Wieso müssen Sie die Handwerker motivieren?
Es wird hier anders gearbeitet. Es ist extrem heiß und da wird langsamer gearbeitet. Das ist in warmen Ländern normal, aber natürlich wollen wir auch im Zeitplan bleiben und die Dinge fertigstellen.
Was war neben dem Bau der Sala noch ihr Job? Sie waren ja auch während des Drehs vor Ort.
Während des Drehs bin ich Location Manager und betreue das gesamte Areal. Ich kümmere mich um Requisiten, das Catering, den Transport des Teams zum Hotel und um Spezialaufträge.
Spezialaufträge?
Das Team hatte einen Dreh mit einem motorisierten Gefährt geplant, in dem die Kandidaten sitzen. In der Proberunde hat es aber den Geist aufgegeben und ich musste Ersatz besorgen. Das war dann aber nichts mit einem Motor, sondern ein Wasserbüffel. Der hat einen hölzernen Wagen gezogen, in dem die Kandidaten waren. Das war im Endeffekt sogar die bessere Lösung, weil es landestypischer ist. Während der Produktion gab es außerdem einen größeren Sturm, der unser Notfallprotokoll auf den Plan gerufen hat. Da werde ich von der Produktion immer um eine Einschätzung gebeten.
Können Sie sich irgendwann vorstellen, nach Deutschland zu kommen, um hier Fernsehen zu machen?
Ich fungiere gerne als Kulturvermittler. Wobei man natürlich nicht zuerst an Realityshows denkt, wenn es um das Vermitteln von Kulturen geht (lacht). Aber ich würde schon sagen, dass ich meinen Traumjob gefunden habe.
Wie hat Corona den Markt von TV-Produktionen in Thailand verändert?
Durch die Pandemie ist der Markt ein wenig eingebrochen. Es gab auch strenge Auflagen. So kam lange niemand ins Land ohne eine 14-tägige Quarantäne in einem bestimmten Hotel. Da gab es keine Ausnahmen. Seit dem 1. Juli hat Phuket geöffnet, unter bestimmten Voraussetzungen können seither Geimpfte einreisen und Urlaub machen. Mit der Lockerung der Maßnahmen werden auch wieder mehr Produktionen nach Thailand kommen.
Was machen Sie, wenn TV-Sender irgendwann keine Promis mehr nach Thailand verfrachten, um dort Realityshows zu produzieren?
Sollte der Fall eintreten, gibt es ja immer noch Hollywood (lacht). Vor kurzem habe ich tatsächlich einen Kontakt aus Hollywood kennengelernt, der hier aufgrund von Corona gestrandet war. Wer weiß, was sich daraus ergibt. Aber Spaß beiseite, neue internationale Projekte fände ich natürlich sehr spannend.
Herr Regauer, vielen Dank für das Gespräch!
RTLzwei zeigt die neue Staffel von "Kampf der Realitystars" ab dem 14. Juli immer mittwochs ab 20:15 Uhr.