Er wird es Ihnen kaum jemand verübeln, wenn Sie beim Namen Daniel Donskoy zuerst an den Hauptdarsteller der RTL-Serie „Sankt Maik“ denken, deren dritte und letzte Staffel demnächst ausgestrahlt wird. Aber das war nur der Anfang: Mit Tempo und hoher Schlagzahl dürfte 2021 sein großes Jahr werden. Im Mai startet die ZDFneo-Mini-Serie „Schlafschafe“ über Corona und Verschwörungstheorien, in der er die männliche Hauptrolle spielt. Für das ZDF entsteht derzeit die Event-Serie „Der Palast“ über den Berliner Friedrichstadtpalast, auch da steht Donskoy, der in der vierten Staffel von „The Crown“ auch einen kurzen Auftritt als Dianas Liebhaber hat, vor der Kamera.
Ein weiteres Prestige-Projekt für einen Streamingdienst, bei dem Donskoy an Bord ist, befindet sich gerade in der Produktionsvorbereitung - und dann ist da „Freitagnacht Jews“, ein neuer Late Night-Talk, der diesen Freitag zum Auftakt auch im WDR Fernsehen läuft und danach in der ARD-Mediathek und auf dem WDR-YouTube-Channel fortgesetzt wird. Es ist das erste non-fiktionale Projekt für Daniel Donskoy, der seit 2019 auch Musik macht, auf Tour geht und auf Social Media nicht mit seiner Meinung hinterm Berg hält. Das gilt auch für unser Gespräch...
Herr Donskoy, wenn man zur Vorbereitung Artikel über Sie liest, werden Sie im Englischen häufiger als „emerging artist“ bezeichnet. Stimmt das und wann hat man es eigentlich als Künstler geschafft, nicht mehr das Label aufstrebend zu bekommen?
Man hat es eigentlich dann geschafft, wenn das „emerging“ nie verschwindet und man nicht auf das reduziert wird, was man gerade als Letztes gemacht hat. Emerging bedeutet für mich nichts anderes als immer wieder aufzutauchen auch in neuen Kontexten. Und ich liebe die Freiheit das tun zu können. Bei RTL mit Pfarrerkutte über den Bildschirm zu laufen, Musik zu machen oder sich an einem gesellschaftlich relevanten Talk zu versuchen, bei der man Creative Producer und Gastgeber ist. Ich hoffe, dass ich es Journalistinnen und Journalisten noch lange schwer machen darf, mein Tun zu charakterisieren. Ich betrachte das als Geschenk.
Sie haben ein Studium probiert, sich dann aber für die vermeintlich brotlose Kunst entschieden. Wann war Ihnen klar, dass Sie von der Kunst leben können?
Bei der Musik ist es der erste Auftritt vor Publikum auf einer Tour, wenn die Leute lauthals mitsingen. Das war für mich der Moment, in dem mir klar war: Musik zu machen ist nicht mehr nur mein Wunsch, sondern Realität. Beim Schauspiel ist es anders. Bei Film und Fernsehen gibt es den Moment vor Publikum ja gar nicht, da kommt die Bestätigung bereits bei den Castings nach der Schauspielschule.
Nur wenn man genommen wird, würde ich vermuten.
(lacht) In England wird man in der Ausbildung sehr darauf getrimmt, für die Industrie zu arbeiten. Die Ausbildung, die ich dort genießen durfte, war sehr pragmatisch. Jeden Freitag kamen Agenten oder Produzenten vorbei, die uns erklärt haben, was es bedeutet, ein Mensch zu sein, der in dieser Branche arbeitet. Das war sehr wichtig, weil es einem klar macht, dass das Ganze ein Geschäft ist. Das eigentliche Spielen einer Rolle ist nur ein Teil der Herausforderung. Wie geht man damit um, in der Öffentlichkeit zu stehen, was automatisch eine gesellschaftliche Verantwortung mit sich bringt? Was bedeutet es, eine Meinung zu haben? Das lernst du nicht durchs Studium von Dostojewski, auch nicht dank Stanislawski oder extra Stunden Method Acting.
"Michael Wendler ist ganz weit von dem entfernt, was ein Sender wie RTL verbreiten sollte."
War diese gesellschaftliche Verantwortung der Antrieb, dass sie sich mit einem Video bei Instagram zu Wort gemeldet haben und den Sender kritisierten als RTL Michael Wendler Anfang des Jahres nach seinem KZ-Vergleich noch bei „DSDS“ zu sehen war? Das ist doch vermutlich ein Moment, in dem die Managerin erstmal aufschreit.
(lacht) Tatsächlich hatten wir ein Gespräch in dieser Nacht. Wir alle lesen den ganzen Tag Nachrichten aus aller Welt, über viele davon kann man sich aufregen. In diesem Fall war es so persönlich für mich, weil ich dem Sender drei Jahre lang als Hauptdarsteller einer Serie mein Gesicht geliehen habe und es mich dann auf persönliche Weise verletzt, wenn der Sender es nicht hinbekommt, Konsequenzen zu ziehen. Ich glaube, dass es gesellschaftlich und inhaltlich essenziell ist, sich bewusst zu machen, wem man eine Plattform bietet und Michael Wendler ist ganz weit von dem entfernt, was ein Sender wie RTL verbreiten sollte. Das hat mich verletzt und dann tue ich meinen Unmut kund.
Das widerspricht dem, was emerging artists noch bis vor nicht allzu langer Zeit geraten wurde: Maul halten, mitspielen, erstmal die Schäfchen ins Trockene bringen…
Diese Frage muss man zuerst mit sich selbst klären. Ob man als Privatperson in der Öffentlichkeit stehen will. Man muss als Schauspieler nicht per se politisch sein. Es gibt viele große Karrieren, wo Künstlerinnen und Künstler sich nie an den gesellschaftlichen oder politischen Diskurs gewagt haben. Mir persönlich, und warum ich mir auch ausgesucht habe in die Kunst zu gehen, geht es neben der Unterhaltung von Menschen auch darum, neue Perspektiven zu bieten, und ich habe als Mensch das große Glück gehabt, schon viele Perspektiven in meinem Leben erlebt zu haben durch die Sozialisierung in drei verschiedenen Ländern mit verschiedensten kulturellen Backgrounds. Das hat mich auch politisiert.
Sie sind ein politischer Mensch?
Heute hat jeder und jede zu allem eine Meinung - zu Corona, zu Integration oder zum Klimaschutz. Wir lesen oder sehen irgendwo Nachrichten, haben alle unsere Quellen. Aber macht uns das schon politisch? Meiner Auffassung nach musst du dazu aktiv am Diskurs teilnehmen mit dem Ziel andere zu überzeugen. Das ist Politik. Nicht die Meinung macht politisch, sondern das Ziel. Unter Gleichgesinnten etwas zu vertreten, was alle vertreten, ist noch keine Leistung.
Ist das also die Motivation hinter Ihrer neuen Sendung „Late Night Jews“?
Das Thema Talk hatte ich im letzten Jahr schon mal ein bisschen unter meine Fittiche genommen durch ein Instagram-Format, das ich im ersten Lockdown angefangen habe. Ich bin großer Fan von Talk und amerikanischer Late Night, da schaue ich jedes Wochenende so viel nach wie möglich. Das können die Amerikaner schon echt gut. John Oliver ist sensationell. Obwohl sie auf der anderen Seite so unfassbar viel prüder sind als wir, das mit der Late Night und Politsatire können die schon richtig gut. Ich bin mit Harald Schmidt aufgewachsen, aber ihn gibts nicht mehr im TV. Wir sind aber keine Comedy. Humor ja, aber im Mittelpunkt steht das Gespräch.
Aber wie kam Schauspieler und Musiker Daniel Donskoy an eine Talkshow?
Vor „Die letzte Instanz“ und der großen WDR-Rassismus-Debatte bekam ich im November einen Anruf von David Hadda, einem jungen Berliner Produzenten, der mir erzählt hat, dass 2021 1700 Jahre Judentum in Deutschland gefeiert wird. Das war mir neu. Hadda wollte eine neue Perspektive auf das Judentum schaffen mit einer Sendung, die kein Ausflug in den Zoo sein soll, also sich nicht einfach von außen anschauen, wie die so sind, die Juden. Die Bandbreite an jüdischem Leben in Deutschland ist sehr viel diverser als viele Porträts über jüdisches Leben es suggerieren.
"Ich habe keine Ambitionen, Günther Jauch oder Steffen Hallaschka zu werden."
Was stört Sie?
Ganz viele Porträts fangen mit einem bedeutungsschwangeren Duktus a la „Heute sind wir zu Gast in der jüdischen Gemeinde Düsseldorf“. Ich habe wirklich bei vielen Berichten anlässlich 1700 Jahren jüdischem Leben in Deutschland als jüdischer Mensch echte Fremdscham. Bevor ich erfahre, um was es eigentlich gehen soll, wird erstmal der Stempel aufgedrückt. Also haben wir ein paar Monate überlegt, wie es anders aussehen könnte. Ich bin ja schließlich kein Moderator und habe auch keine Ambitionen, Günther Jauch oder Steffen Hallaschka zu werden. Aber ich habe Lust auf Gespräche. Wir haben dafür mit vielen Jüdinnen und Juden gesprochen und sie gefragt: Was geht Euch eigentlich auf den Sack? Und oft war die Antwort: Über den Glauben definiert zu werden. Dieses: Daniel Donskoy, Jude. Was soll es auch sein, dieses jüdische Leben? Das ist genauso vielfältig wie das Leben anderer Menschen. Nur wird es leider immer sofort mit Holocaust und Antisemitisms assoziiert.
Für fiktionale Rollen studiert man Fremdes. Wie bereitet man sich auf so ein Projekt vor?
Ich habe mir vergegenwärtigt, was es mir bedeutet, Jude zu sein. Dazu möchte ich gerne eine Anekdote erzählen: Ich bin hierhergekommen im Alter von sechs Monaten und keiner hat mir angesehen, dass ich Ausländer bin. Ich wurde sozialisiert als jemand mit sowjetischen Hintergrund, der jüdisch ist. Ich ging in Berlin auf eine jüdische Schule, hab den Davidstern getragen und war mir bewusst, zu einer Minderheit zu gehören. Und dann sind wir nach Israel gezogen. Und plötzlich ist all das, was dich als Minderheit unterschieden und damit auch geprägt hat, weg. Weil alle um dich herum so sind wie du. Das stellte meine Sozialisierung völlig auf den Kopf. Ich hatte mich ja nicht verändert, nur weil wir umgezogen sind, aber die Welt um mich herum war eine andere. Das hat in mir später die Lust auf andere Perspektiven geweckt und den Wunsch, sie zu verstehen.
Ich höre heraus, dass Sie ein generelles Problem im Umgang mit dem Judentum sehen. Worin besteht das?
Wir wollen eine neue Perspektive auf das Wort Jude schaffen, nicht auf die Menschen, sondern tatsächlich auf das Wort, weil - und ich weiß nicht, wie es Ihnen geht - mit dem Wort Jude, haben Leute bis heute ein Problem, egal ob liberal, progressiv oder konservativ. Das hat sicher auch damit zu tun, dass beim Judentum der Spagat zwischen Religion und Volk gemacht werden muss und Kritik an Israel oder israelischer Politik oft umgedeutet wird. Das Judentum ist ein heißes Eisen, bei dem sich oft die Stimme senkt.
"Wir diskutieren nicht mehr, wir lynchen sofort, vorzugsweise in 280 Zeichen."
Haben Sie - über die historischen Gegebenheiten hinaus - eine Erklärung dafür?
Wir sind als Gesellschaft in einer problematischen Situation, was den Diskurs angeht. Eigentlich sind wir weit gekommen, aber ich beobachte mit Sorge eine Entwicklung der letzten zwei Jahre: Innerhalb der liberalen und auch gut gebildeten Medienbubble, ist eine Political Correctness entstanden, der es leider nicht oft genug darum geht, etwas zum Positiven zu verändern. Es geht nur noch darum, nicht angreifbar zu sein.
Das klingt nach Ernüchterung…
Wenn die Angst siegt, dass jemand etwas in den falschen Hals bekommen könnte, dann zensieren wir uns selbst. Und das ist gerade meine ganz große Sorge. Wir diskutieren nicht mehr, wir lynchen sofort, vorzugsweise in 280 Zeichen. Wenn du eine schusssichere Weste anziehst oder eine Meinung hast, die wirklich niemanden stören könnte, dann bist du okay. Sobald jemand eine Meinung hat, die rechts oder links, progressiv oder regressiv ist - wirst du fertig gemacht. Irgendein Lager wird sich auf dich stürzen. Das ist ein Zeitalter, das scheiße ist. Wir hatten eigentlich nie so viele Gelegenheiten miteinander in Kontakt zu kommen, zu lernen oder inhaltlich vom Gegenteil zu überzeugen - und nutzen es nicht. Dabei wäre es spannend zu definieren, was zum Beispiel deutsch ist. Wir definieren alles, nur das nicht. Als ich nach Großbritannien gezogen bin, habe ich das erste Jahr sehr gelitten. Auf der einen Seite sind sie eine Einwanderungsgesellschaft, auf der anderen Seite halten sie sehr daran fest, was es bedeutet Brite zu sein und ich war es nicht. Wissen Sie, was das Problem bei uns ist?
Ich bin ganz Ohr.
Irgendwie haben wir durch die ganzen Diversitätsdebatten, durch Debatten von links und rechts, ein bisschen vergessen zu definieren, was es denn bedeutet, wenn sich jemand integrieren soll. Was bedeutet es denn Deutsch zu sein? Was ist denn die deutsche Identität? Wir können doch nicht verlangen, dass sich Menschen integrieren sollen und selber nicht wissen, wohinein sie sich eigentlich integrieren sollen. Das ist wirklich ein Punkt, den ich mir immer wieder mit sehr viel Weh anschaue. Wir müssen akzeptieren, dass die Geschichte dieses Landes so ist wie sie ist. Aber wohin wollen wir denn, mit dem Blick nach vorne, in die Zukunft?
Darauf habe ich jetzt auch keine Antwort. Aber interessante Fragen, die weit über das hinaus gehen, was ich sonst mit Künstlerinnen und Künstlern bespreche.
Ich bin ja nicht Künstler, sondern politischer Mensch. In der Musik trete ich nie als Künstler auf. Auf der Bühne steht Daniel Donskoy, der eine Meinung hat. Ja, okay, am Set generiere ich je nach Rolle Träume, weil ich mich der Rolle hingebe. Aber sobald ich zum Beispiel über diese Rolle spreche, bin ich ja wieder Daniel Donskoy und ich glaube, wer im öffentlichen Leben steht, hat eine gesellschaftliche Verantwortung. Man kann sich der nicht widersetzen, weil auch ein Schweigen zu einem Thema eine Aussage ist.
Moment, eingangs sagten Sie, dass es auch Kolleginnen und Kollegen gibt, die ohne jede Positionierung Karriere gemacht haben. Es scheint mir eine Generationenfrage: Wer vor dem Netz und Social Media Karriere gemacht hat, bekam gar nicht so viel Fläche wie heute…
Ja und nein. Wenn ich mir die 68er anschaue, den Kampf gegen Atomkraft oder den Prager Frühling. Es gab immer schon große gesellschaftliche Themen, zu denen dann auch Menschen der Öffentlichkeit Stellung bezogen haben und das vielleicht sogar aktiver als heute: Mal eben einen Hashtag zu benutzen oder seinen Profiltext zu verändern ist noch nicht der Aktivismus, der Menschen auf die Straße treibt, um aktiv zu demonstrieren. Nur weil wir uns alle Diversität auf die Fahne schreiben, ändert sich noch nichts. Heute wird erwartet, dass man sich zu allem positioniert, aber ein Tweet reicht schon, um sich zu engagieren? Ich frage mich: Was bedeutet es im Jahr 2021 für etwas zu stehen oder sich für etwas zu engagieren? Wenn es nur Bekundungen sind, dann frage ich mich manchmal, ob man wirklich etwas verändern will oder nur am eigenen Image arbeitet.
Da ist was dran.
Vor drei Jahren haben wir alle über syrische Flüchtlinge gesprochen, vor zwei Jahren dann über Fridays for Future, dann kam Black Lives Matter und zuletzt übrigens, weniger in Deutschland, aber international StopAsianHate. Aber die Flüchtlinge, die gibt es übrigens immer noch, unter bekanntlich unmenschlichen Bedingungen geparkt in Südosteuropa. Doch wir sind schon beim nächsten Thema, weil wir die großen Debatten führen als seien sie Moden. Wir gewöhnen uns daran, keine Lösungen zu haben und gehen zum nächsten, was ablenkt.
Dem steht als offensichtliche Vertiefung eine mehrteilige Show zum Thema 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland entgegen, um mal darauf zurück zu kommen.
Ich habe mit diversen Gästen über das Judentum gesprochen, aber mir geht es nicht darum sie als Beispiel zu nehmen. Es geht doch viel mehr um die Perspektive von Jüdinnen und Juden auf das Leben. Also im Grunde darum, die Perspektive umzudrehen: Keinen Einblick von außen sondern ein Blick von innen. Von einem Max Czollek, der ein Buch mit dem Titel „Desintegriert Euch“ geschrieben hat bis zu Susan Sideropoulos, wo viele gar nicht wissen, dass sie Jüdin ist. Ich habe auch eine junge queere Jüdin eingeladen, die sich mit 23 Jahren in Deutschland dazu entschieden hat, ein Rabbinatsstudium abzulegen. Das find ich faszinierend. Du willst als queere junge Frau ein System verändern, aber es ist ausgerechnet das Nonplusultra des Patriarchats.
"Unser Anspruch ist immer, mehr als 100 Prozent zu geben, neu und inspirierend zu sein."
Wie lief es denn? Wenn man sich an ein neues Genre wagt mit so hohen Ansprüchen, sind Sie zufrieden?
Die Arbeit an “Freitagnacht Jews” hat mich bestätigt. Es ist so schwierig, ein Thema in voller Gänze zu greifen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich nach acht Shows nicht unbedingt besser darauf antworten könnte, was die jüdische Identität ist, ich könnte ihnen aber acht verschiedene Perspektiven anbieten. Das ist so, als läse man „taz“, „FAZ“ und dann was von Springer. Alle behandeln die gleichen Themen, allerdings mit unterschiedlichen Blickwinkeln. Liest man nur eine Zeitung, bleibt das Meinungsbild eher eindimensional. Unser Anspruch ist immer, mehr als 100 Prozent zu geben, neu und inspirierend zu sein. Am Ende muss man den Zuschauer fragen. Mein Team und ich sind auf jeden Fall happy mit dem Ergebnis.
Und im Mai startet dann „Schlafschafe“ bei ZDFneo. Das Thema dürfte auch polarisieren, beschäftigt es sich doch mit Verschwörungstheoretikern in der Corona-Pandemie.
Dabei erzählt „Schlafschafe“ eine sehr emotionale und persönliche Geschichte über Corona und Verschwörungstheorien, die nicht auf politische sondern zutiefst menschliche Art unter die Lupe nimmt, was die Gesamtsituation dieser Pandemie mit einem Paar macht. Aber als die Ankündigung des Projekts kam und DWDL darüber berichtete, bekam ich keine Stunde später eine eMail, in der mir jemand kostenlose Taschenlampen anbieten wollte, weil es im Arsch von Angela Merkel ja sicher ziemlich dunkel sei. Immerhin musste ich laut lachen. Aber im Kontext von „Schlafschafe“ kann man - Stichwort Religion - natürlich auch mal kritisch fragen: Wir leben in einer Gesellschaft, die sich, egal ob man selbst religiös oder säkular ist, auf ein 5000 Jahre altes Buch sowie ein 2000 Jahre altes Buch stützt. In der Corona-Pandemie stützen wir uns mehrheitlich mit Ehrfurcht und Anerkennung auf die Erkenntnisse der Wissenschaft, aber glauben andererseits weiterhin, dass Maria als Jungfrau den Sohn Gottes geboren und Moses das Rote Meer gespalten hat? Sind das nicht die größten Verschwörungstheorien von allen?
Interessante Frage. Das wäre genug Zündstoff für noch ein Gespräch, aber mit Blick auf die Uhr würd ich gerne noch über die letzten drei Jahre sprechen seit dem Start von "Sankt Maik". War das Projekt eigentlich glückliche Fügung oder gibt es jemand, der Dankeschön und Pralinen erhalten hat?
Die erste Person, an die ich dafür ein Dankeschön geschickt habe und der bis heute mein Dank gilt, ist die Casterin, die mich damals zu „Sankt Maik“ geholt hat und das war Iris Baumüller von den Besetzern in Köln. Aber es war auch glückliche Fügung: Wäre ich 2016 in London nicht zu einem ausgeschriebenen Workshop gegangen mit dem Titel „Workshop for international actors with Iris Baumüller“, wäre ich vermutlich nie zu „Sankt Maik“ gekommen. Und klar, die letzten drei Jahre meines Lebens haben mich sehr geprägt als Mensch und mir schnell gelehrt, was es heißt, in der Öffentlichkeit zu stehen. Das war schon schwierig. Ich habe davor nicht viele Interviews gegeben und dann kam der Pressetag zu „Sankt Maik“ und plötzlich war ich der Neue, der für RTL den Fake-Pfarrer spielt.
Wie war es, plötzlich über sich selbst in der Presse zu lesen?
Ich hatte großes Glück. Die Presse ging positiv mit mir um, man hat mich nie als etwas dargestellt was ich nicht bin. Aber meine ersten Interviews, die ich gegeben habe, waren aus heutiger Sicht wohl eher zum Lernen da, würde ich mal sagen. Aber es braucht halt etwas Übung, bis ich verstanden habe: Interviews sind keine Tests, die ich bestehen muss. Die Presse ist auch kein Feind, sondern kann ein Sprachrohr sein, wenn man gegenseitig Interesse füreinander aufbringt. Dann wird das doch auch ein Gespräch, so wie jetzt.
Und wenn ich jetzt unser Interview antexte, welches Label würde Ihnen am ehesten gerecht, ohne dass Sie sich beschweren?
Wenn ich weiß, dass es im Gespräch um mehr geht als die Reduzierung darauf, dann bin ich gerne Schauspieler, Musiker. Oder nehmen Sie einfach emerging artist (lacht).
Herr Donskoy, herzlichen Dank für das Gespräch.
"Freitag Nacht Jews", freitags um 17:00 Uhr in der ARD-Mediathek und im WDR-YouTube-Channel. Die erste Folge läuft zudem an diesem Freitag um 23:30 Uhr im WDR Fernsehen.