Herr Wepper, wie viel Wehmut und Schmerz wird dabei sein, wenn in einigen Wochen die letzte Folge ausgestrahlt sein wird?
Nein, es ist kein Schmerz, und dieses Gefühl ist mir auch nicht fremd, immerhin habe ich vor "Um Himmels Willen" schon bei "Der Kommissar" und „Derrick“ mitgewirkt, also in zwei Serien, die ebenfalls außerordentlich lange im Programm liefen. Trotzdem ist die jetzige Entscheidung nicht leicht zu ertragen, weil die Mitteilung ziemlich überraschend kam. Jana Brandt, die bisherige Fernsehfilm-Chefin des MDR, hat gesagt, dass man aufhören soll, wenn es am schönsten ist. Das kann man natürlich so sagen - und vielleicht hat sie auch recht. Wären wir wegen der Ungunst der Zuschauer abgesetzt worden, wäre das wahrscheinlich noch viel schwerer zu ertragen gewesen.
Gab es nach all den Jahren eine gewisse Vorahnung?
Natürlich müssen Dinge zu Ende gehen, damit etwas Neues entstehen kann.
Sie haben die Rolle des Bürgermeisters Wöller fast 20 Jahre lang gespielt. Da stellt sich unweigerlich die Frage: Wie viel Wöller steckt in Wepper?
Ich bin Schauspieler und meine Aufgabe ist es, Rollen glaubwürdig darzustellen. Glücklicherweise habe ich im Laufe der Jahre herausgefunden, dass ich nicht ganz so schlimm bin wie der Wöller. (lacht) Das Wichtigste ist, dass es mir immer Spaß gemacht hat, den Wöller zu spielen.
Was hat Sie an dem Bürgermeister so gereizt, dass Sie offenkundig überhaupt nicht die Lust verloren haben, ihn zu spielen?
Ich fühle mich ja nicht als Komiker, sondern als Komödiant, und der Wöller bietet schon sehr viel Komödiantisches - denken Sie nur an die ständigen Streitereien mit Schwester Hanna oder der Sekretärin. Meine erste Wahrnehmung einer Auseinandersetzung zwischen himmlischer und Erdenmacht reicht bis "Don Camillo und Peppone" zurück, und daran fühlte ich mich ein Stück weit erinnert, als ich die ersten Bücher zu "Um Himmels Willen" las. Daher hat mich die Rolle von Beginn an gereizt. Dass die Serie bei den Zuschauern so gut ankommen würde, war uns zu diesem frühen Zeitpunkt natürlich noch nicht bewusst.
Vielen Ihrer Kollegen, die in Serienrollen zu sehen sind, vergeht schon nach kurzer Zeit die Lust und sie wollen etwas anderes spielen. Können Sie das nachvollziehen?
Ich übe einen Beruf aus, der mir seit meinem elften Lebensjahr Freude bereitet. Die Kollegen, die die Lust verlieren, kann ich nicht ernst nehmen. Es geht doch um eine der schönsten Dinge der Welt, nämlich die Menschen zu unterhalten, ihnen eine Maske vorzuhalten. Der Erfolg von "Um Himmels Willen" hängt sicher auch damit zusammen, dass das Ensemble über einen so langen Zeitraum zu weiten Teilen unverändert geblieben ist.
Jutta Speidel, die zu Beginn der Serie an Ihrer Seite die Schwester Lotte spielte, entschied sich jedoch nach fünf Staffeln für den Ausstieg. Hatten Sie damals die Sorge, dass das dem Erfolg schaden würde?
Ich habe Juttas Entschluss damals sehr bedauert, bin aber ein liberal denkender Mensch. (lacht) Sie hatte schlicht das Gefühl, dass ihr Gesicht durch den Schleier zu stark eingeschränkt sei - und das habe ich respektiert, wenn auch schweren Herzens. Ich hatte allerdings zu keinem Zeitpunkt Angst, dass es nicht gelingen würde, eine neue Ordensschwester zu finden, die die Geschichte auf ihre Weise fortsetzen kann. Und mit mehr als sieben Millionen Zuschauern hat das ja dann auch tatsächlich sehr gut funktioniert.
Wo Sie die Quoten gerade ansprechen. Nehmen Sie die Zuschauerzahlen eigentlich wahr, wenn Sie drehen?
Natürlich, denn unser Ziel ist es doch, möglich viele Menschen zu unterhalten. Ich schaue mir auch jede Sendung an, alleine schon, weil ich wissen will, wie die Konkurrenz, die Stimmung oder das Wetter an diesem Abend ist. Dass heute nicht mehr die großen Quoten drin sind wie zu meiner Anfangszeit, versteht sich angesichts der Konkurrenz aber von selbst. Als wir "Der Kommissar" gedreht haben, hatten wir praktisch keine Konkurrenz. Wenn wir sendeten, erreichten wir über 80 Prozent der Zuschauer. Das schafft heute allenfalls noch die Fußball-Nationalmannschaft.
Die letzte Staffel von "Um Himmels Willen" ist unter Corona-Bedingungen entstanden. Wie haben Sie die Dreharbeiten erlebt?
Ich lebe in einer Ecke, in der sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. In den zwei Monate, in denen wir nicht drehen konnten, habe ich mich sehr auf das Wesentliche besonnen. Die Freude, danach wieder arbeiten zu können, war unglaublich gut für die Seele. Und das fließt auch in die Serie ein. Ich war noch nie so entspannt vor der Kamera.
Was haben Sie sich vorgenommen für die Zeit danach?
Ich werde im August meinen 80. Geburtstag feiern und halte es da wie die Franzosen, die für 80 quarte-vingts sagen. Pünktlich zum Geburtstag wird meine Autobiografie auf den Markt kommen und zu Weihnachten noch ein weiteres Buch: "Ohne Hund bin ich kein Mensch".
Wenn man sich so viel mit dem eigenen Leben beschäftigt: Was sind die bleibenden Dinge?
Ich hatte schon vor einigen Jahren Angebote von Verlagen, meine Autobiografie zu schreiben, war damals aber noch nicht bereit. Die Frage ist ja, wie weit man geht, also ob die Schlafzimmertür offen oder geschlossen bleibt. Als ich dann tatsächlich angefangen habe, mein Leben aufzublättern von der Geburt bis heute, habe ich richtig Spaß daran gefunden. Eine meiner ersten beruflichen Aufgabe war eine Rolle in "Die Brücke" - der Film hat einen Golden Globe gewonnen hat und war sogar für den Oscar nominiert. Wer fängt schon mit einem solchen Knaller an? Danach folgten mehr als 40 Fernsehspiele und Begegnungen mit wunderbaren Menschen, darunter Liza Minelli, Walt Disney, Sammy Davis jr., Peter Falk, und Audrey Hepburn. Ich kann mich wirklich nicht beschweren.
Gibt es eine Rolle, die sie gerne noch spielen möchten?
Es gibt den Methusalem, der - je nach Erzählung - mehrere hundert Jahre alt ist. Den würde ich gerne spielen. Aber noch bin ich dafür zu jung.
Herr Wepper, vielen Dank für das Gespräch.
"Um Himmels Willen", dienstags um 20:15 Uhr im Ersten