Frau Nebel, am 13. März moderieren Sie zum letzten Mal Ihre Showreihe "Willkommen bei Carmen Nebel" ("WbCN"). Wie wehmütig sind Sie?
Für Wehmut oder dergleichen habe ich noch gar nicht wirklich Zeit. Es gibt viel zu tun gerade und es ist an vieles zu denken, denn in der aktuellen Situation ist die Produktion einer Live-Show eine noch größere Herausforderung als sowieso schon. Und warum sollte ich überhaupt wehmütig sein, wenn ich mich stattdessen auch freuen kann, so etwas Schönes überhaupt gemacht zu haben? Noch dazu so lange! Also freue ich mich doch. Aber natürlich haben Sie recht, es ist ein Abschied und mir fallen Abschiede in jeder Lebenslage schwer. Der mir jetzt bevorstehende betrifft dazu nicht nur meine Herzenssendung, sondern vor allem auch tolle Menschen aus meinem Team. Ich werde mich von vielen verabschieden müssen und das ist es, was diesen Moment extrem schwer machen wird.
Die Sendung sollte eigentlich schon 2020 stattfinden, wurde dann aber auf dieses Jahr verschoben mit dem Hinweis, das Ende der Showreihe möglichst "mit der entsprechenden Atmosphäre" zu zelebrieren. Daraus wird jetzt nichts, Corona-bedingt gibt es kein Publikum. Haben Sie sich das Ende so vorgestellt?
Natürlich nicht. Aber wer konnte sich schon vorstellen, wie sehr sich unser Leben innerhalb eines Jahres verändern wird. Und dass im Moment TV-Shows weitgehend ohne Publikum stattfinden, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Es ist natürlich schade, keine Frage, besonders übrigens auch für die Zuschauer, die gerne gekommen wären, aber wir sind alle total motiviert und auch kreativ genug, um "Willkommen bei Carmen Nebel" auch mit dieser Herausforderung so zu verabschieden, wie es dieses Format nach 18 tollen Jahren verdient hat.
Wieso hat man jetzt nicht einfach noch gewartet mit der letzten Ausgabe? Irgendwann werden Zuschauer vor Ort ja wieder möglich sein.
Wir haben gewartet, aber es zeichnet sich derzeit nicht sicher ab, wann Veranstaltungen in dieser Größenordnung - wir hatten zumeist an die 3000 Zuschauer in den Hallen - wieder möglich sein werden. Einen Abschied so lange auf Eis zu legen, macht keinen Sinn. Außerdem verbindet uns im Team gerade eine einmalige und besondere Stimmung, die nicht zu konservieren ist.
Es ist ein Abschied und mir fallen Abschiede in jeder Lebenslage schwer.
Carmen Nebel
Ihr Nachfolger im ZDF heißt Giovanni Zarrella und steht schon in den Startlöchern. Fühlen Sie sich ersetzt?
Machen Sie sich bitte keine Gedanken, ich fühle mich zuallererst mal gut. Giovanni wird eine neue Musikshow im ZDF moderieren und das wird toll, davon bin ich überzeugt. "WbCN" oder mich einfach nur zu "ersetzen", wird ihm bei weitem nicht gerecht. Als ich zum ZDF kam, habe ich auch nicht etwa Carolin Reiber oder Dieter Thomas Heck "ersetzt". Ich habe eine neue Show moderiert, so wie Giovanni das jetzt machen wird. Wir brauchen neue Leute und neue Ideen. Übrigens nicht nur im Fernsehen.
Florian Silbereisen hat die "Feste"-Show im Ersten in den vergangenen Jahren modernisiert. Insgesamt geht’s in vielen Schlagershows heute um Party und weniger um Volksmusik. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
Die Schlagerstars feiern seit einigen Jahren in den größten Hallen dieses Landes mit ihren Fans große Parties. Sowohl bei ihren eigenen Konzerten als auch bei großen Events, wo sich alles trifft, was Rang und Namen hat. Hoffentlich geht das bald wieder. Florians Show bildet genau das ab, auch optisch: Partytime am Samstagabend und jeder kann dabei sein und mitmachen. Das spricht gerade viele Zuschauer an, besonders auch die jüngeren, wie wir sehen. Und dazu kommt, dass Moderator und Konzept perfekt zueinander passen.
Wie hat sich "Willkommen bei Carmen Nebel" über die Zeit verändert? War die Show am Ende noch modern genug?
Wie sehr wir uns verändert haben, das sehen wir gerade jetzt, wo wir in Vorbereitung auf die Finalshow in unseren bislang 81 Sendungen kramen. Es wird dabei ziemlich eindrucksvoll klar, wie lang 18 Jahre sind! Nicht nur der Look der Show hat sich sehr verändert, meiner übrigens auch, sondern auch das Tempo hat deutlich angezogen. Anfangs haben wir uns schon ganz schön Zeit gelassen, heute wäre das unvorstellbar. Unsere Besetzung wurde irgendwann internationaler und die Überraschungsgäste weniger. Genauso wie die Heiratsanträge und Hochzeiten. Künstler haben sich von der Bühne verabschiedet und sind dann doch wiedergekommen. Die Show hat über all die Jahre zu mir gepasst. Sie war auf mich zugeschnitten, auf eine nicht singende und noch weniger tanzende Gastgeberin, die sich um ihre interessanten und sehr gefragten Gäste kümmert und Zeit für ein Gespräch hat. Aus der Zeit gefallen ist das sicher nicht.
Wieso überhaupt das Ende der Show? Wollten Sie nicht mehr?
Was man beginnt, muss man irgendwann ja auch mal zu Ende bringen. Ich dachte nicht im Traum daran, dass ich diese Show fast 18 Jahre lang moderieren würde, als ich 2004 zum ZDF kam. Das ist eine nicht ganz selbstverständliche Langstrecke für ein Showformat. Aber jedes Sendungskonzept erschöpft sich irgendwann. Die Frage, wann der richtige Zeitpunkt für einen Schlusspunkt ist, habe ich mir lange gestellt. In den letzten zwei Jahren immer wieder. Nun ist es entschieden. Und ob nun ein Jahr früher oder später, das spielt keine Rolle. Alles hat seine Zeit.
Angst hatte ich tatsächlich keine, was mich übrigens bis heute verwundert.
Carmen Nebel auf die Frage, ob sie nach dem Zerfall der DDR Angst um ihren Job hatte.
Mit der TeeVee Produktions GmbH haben Sie "Willkommen bei Carmen Nebel" bis zuletzt auch produziert. Was bedeutet das Ende der Show für die Produktionsfirma?
Die Firma wurde für die Produktion meiner Show gegründet, wir waren Auftragsproduzenten des ZDF für "WbCN". Nun feiern wir das Finale dieser Showreihe und ich bin sicher, dass wir uns auch danach nie ganz aus den Augen verlieren werden.
Sie liegen seit Jahren in juristischen Auseinandersetzungen mit ihrem ehemaligen Manager Peter Wolf. Mehrere Prozesse haben Sie gewonnen. Und dennoch waren Sie beiden lange gemeinsam erfolgreich. Was macht das mit Ihnen und wann wird dieses Kapitel beendet sein?
Alles stimmt, was Sie sagen. Aber ich möchte mich auch weiterhin nicht dazu äußern.
Werfen wir noch kurz einen Blick zurück. Begonnen haben Sie beim DDR Fernsehen. Hatten Sie Angst um Ihren Job, als die DDR zerfallen ist und es zur Wiedervereinigung kam? Ganz so lang waren Sie damals ja noch nicht im Geschäft.
Naja, es waren immerhin doch 10 Jahre. Ich habe 1979 im DDR-Fernsehen als Ansagerin angefangen und Mitte der 80er meine ersten kleineren Erfahrungen in der Unterhaltung gemacht. Als die Mauer fiel, war ich einerseits noch jung genug für einen neuen Start und andererseits trotzdem nicht gänzlich unbekannt, deshalb bin ich wohl recht schnell kurz mal im ZDF aufgetaucht und danach beim NDR und SWR. Und den MDR als meinen Heimatsender gab es auch. Angst hatte ich tatsächlich keine, was mich übrigens bis heute verwundert. Vielleicht lag es daran, dass ich auch einen "richtigen" Beruf hatte, wer weiß. Ich war Lehrerin und diesen Job hab ich geliebt, er wäre also durchaus für mich auch immer eine Option gewesen. Dem Fernsehen hatte ich mich nicht um jeden Preis verschrieben.
Sie haben dann recht schnell bei der ARD angefangen. Wie unsicher waren Sie, sich auch im wiedervereinigten Deutschland dauerhaft durchzusetzen?
Für mich passierte das alles im Eilzugtempo und ich habe mir damals derartige Gedanken gar nicht gemacht. Die Zeit war viel zu aufregend, alles irgendwie neu und die Frage, wie lange ich noch Fernsehen machen würde, hab ich mir gar nicht gestellt. Es lief ganz gut und ich habe mit vielen interessanten Menschen arbeiten dürfen, die mich zum Teil bis heute begleiten. Zum Beispiel Werner Kimmig, der später auch meine ZDF-Show miterfand und produzierte, oder der wunderbare Michael Kunze, der damals tatsächlich noch Fernsehshows geschrieben hat, bevor er mit vielen Musicals große Erfolge feierte. Beiden verdanke ich wirklich sehr viel. Und 1995 fing dann tatsächlich eine tolle Zeit in der ARD an, ich am Samstagabend, 20.15 Uhr, neun Jahre lang.
Wie bewerten Sie die vielen Castingshows, die es im Fernsehen gibt? Sie sind auch durch einen Talentwettbewerb zum Fernsehen gekommen. Fühlen Sie sich an die damalige Zeit zurückerinnert, wenn sie heutzutage eine solche Show sehen?
Nicht wirklich, denn ein öffentlicher Wettbewerb war das in meinem Falle nicht. Ich bin eher zufällig und im wahrsten Sinne des Wortes im Vorbeigehen in solch ein "Casting" gestolpert. Ernsthaft gewagt hätte ich das ganz sicher nie. Ich war auch überzeugt, dass dieser zufällige Kontakt mit einer Fernsehkamera keine weitreichenden Folgen für mich haben würde. Und ich wollte es auch nicht wirklich. Heute fällt auf, dass Castingshows ihre Versprechen größtenteils gar nicht mehr einlösen. Es geht nicht wirklich ums Finden von irgendwem, es ist stattdessen der Weg das Ziel. Das wäre soweit ja alles schön und gut, wären sich dessen wirklich immer alle bewusst.
Bis Ende 2023 sind Sie noch mit jeweils zwei Weihnachtsshows im ZDF zu sehen. Was machen Sie künftig den Rest des Jahres?
Hoffentlich viele schöne Sachen! Und dafür brauche ich nicht unbedingt das Fernsehen. Jetzt bringe ich erstmal etwas zu Ende und ganz sicher fange ich auch etwas Neues an.
Frau Nebel, vielen Dank für das Gespräch!